Wie sich Nachhaltigkeit auch finanziell lohnt

Das Thema Nachhaltigkeit wird meistens nur mit Kosten verbunden, wie beispielsweise im zurückliegenden Bundestagswahlkampf. Dass Nachhaltigkeit sich aber auch finanziell lohnen kann, kommt dabei oft zu kurz. Als Praxisbeispiel berichtet Gerold Wolfarth, CEO der bk Group, wie sich die Transformation zum klimapositiven Unternehmen auch finanziell gerechnet hat.

Übervolle Flüchtlingslager, tagelang lodernde Waldbrände und zerstörerische Überflutungen. Diese Katastrophen finden nicht nur am anderen Ende der Welt statt, sondern sind lange schon Realität in Europa. Eine Realität, die uns auch in Zukunft immer häufiger einholen wird. Denn: Der Klimawandel ist nicht mehr wegzudiskutieren. Und er betrifft uns alle unmittelbar.

Als mich meine Tochter 2014 völlig unerwartet fragte:

Papa, warum macht ihr eigentlich die Welt kaputt, in der wir leben wollen?

war ich erstmal platt. Ich hatte mich zu dieser Zeit noch nicht tiefergehend mit dem Thema aktiver Umweltschutz befasst.

Gleichzeitig kam zu dieser Zeit auch auf unternehmerischer Seite Druck auf. Ein Kunde fragte mich nach dem Nachhaltigkeitsplan meiner Firma. Nur, wenn ich diesen vorlegen könne, würde er die Zusammenarbeit aufrechterhalten. Es war Zeit, etwas zu tun.

Bestandsaufnahme als erster Schritt zum nachhaltigen Unternehmen

Doch wie fängt man eigentlich an, wenn man das eigene Unternehmen nachhaltig machen möchte? Mit einer Bestandsaufnahme. Für die bk Group AG haben wir eine branchenunabhängige externe Nachhaltigkeitsberatungsgesellschaft beauftragt, unseren CO2-Fußabdruck zu ermitteln.

Berechnungsschema für die Emissionsbilanz

Diese berechnet die Emissionsbilanz eines Unternehmens unter der Anwendung der offiziellen Richtlinie des Greenhouse Gas Protocols. Die Emissionen sind dabei nach den Scopes 1, 2 und 3 aufgeteilt, die jeweils verschiedene Arten von Treibhausgas-Emissionen umfassen.

  • Scope 1 beinhaltet direkte Emissionen eigener Energieanlagen.
  • In Scope 2 werden Emissionen erfasst, die indirekt bei der Bereitstellung von Energie für das Unternehmen entstehen.
  • Scope 3-Emissionen sind weitere indirekte Emissionen, die in der gesamten Wertschöpfungskette entstehen.

In die Berechnung der Treibhausgasemissionen werden die sieben vom Weltklimarat IPCC und im Kyoto-Protokoll festgelegten Haupttreibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffmonoxid (N2O), Fluorkohlenwasserstoffe (FKWs), Perfluorcarbone (PFCs), Stickstofftrifluorid (NF3) und Schwefelhexafluorid (SF6) einbezogen. Nicht jedes der sieben Haupttreibhausgase ist gleichermaßen wirksam.

  • Methan ist z. B. 21-mal so klimaschädlich wie CO2,
  • Distickstoffmonoxid 310-mal und
  • Schwefelhexafluorid sogar 14.000-mal.

Um die Emissionen miteinander zu vergleichen, werden daher alle Treibhausgase auf CO2 umgerechnet. Man spricht dann von CO2-Äquivalenten. Die Umrechnung der erhobenen Verbrauchsdaten (wie z. B. Stromverbrauch oder Kraftstoffverbrauch) erfolgt mittels Emissionsfaktoren, welche die Emissionen je Einheit (z. B. je Kilowattstunde Strom oder Liter Benzin) angeben.

Das Ergebnis für die bk Group AG hat mich auf den Boden der Tatsachen geholt. Die Berechnung ergab, dass wir 10.000 Tonnen CO2 pro Jahr verbrauchten. Das war der Startschuss für einen langen und aufwändigen Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen.

Praxisbeispiel bk Group

Die Veränderung zeigt sich in größeren wie kleineren Maßnahmen:

  • Abschaffung der Hälfte unserer Drucker
  • Papierreduktion im Büroalltag, zum Beispiel durch doppelseitigen Druck
  • Verwendung von Recyclingpapier sowie Recycling-Tonerkartuschen
  • Einsatz von Notebook statt energieintensiver Tower
  • Installation von vier Photovoltaik-Anlagen
  • ein Neubau, bei dem Erdwärme und Regenwasser genutzt werden
  • stetige Elektrifizierung unserer Fahrzeugflotte
  • Unterstützung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur nachhaltigen Mobilität, indem wir ein Firmen-Fahrradleasing anbieten
  • Geschäftsreisen werden statt mit dem Auto mit der Bahn zurückgelegt
  • Prozesse und Materialien bei unseren Bauprojekten werden überprüft und angepasst

Das Ergebnis lässt sich sehen: Nach vier Jahren konnten wir bei einem Zuwachs der Belegschaft von 40 % eine Reduktion unserer Emissionen auf 925 Tonnen erreichen. Wachstumsbereinigt wären wir bei 420 Tonnen angelangt. Die Restlast, die wir aktuell nicht weiter senken können, haben wir mit Klimaschutzzertifikaten nicht nur ausgeglichen, sondern sie sogar überkompensiert und gelten damit als klimapositiv. Seit dieser Zeit ist im Unternehmen eine Nachhaltigkeits-Taskforce aktiv. Eine Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die immer wieder Prozesse hinterfragt, Optimierungsvorschläge erarbeitet und umsetzt. Selbst unser Firmenfest dieses Jahr wird klimaneutral sein.

bk Group E-Auto

Nachhaltigkeit lohnt sich doppelt

Wozu das Ganze fragen Sie nun?

  1. Ein positiver Beitrag zum Klimaschutz: Das gesetzte Ziel der Weltgemeinschaft ist, die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius – besser noch auf nur 1,5 Grad – zu beschränken, um die katastrophalen Ausmaße der Klimaentwicklung zu verringern. Die Maßnahmen der Bundesregierung und die im Pariser Klimaabkommen beschlossenen Strategien reichen dazu leider nicht aus. Daher ist freiwilliges und engagiertes Handeln der Wirtschaft und der Unternehmen in den Industrieländern gefragt. Wir müssen Verantwortung übernehmen.
  2. Nachhaltigkeit spart in Zukunft bares Geld: Zu Beginn des Jahres war die „CO2-Steuer“ in aller Munde. Aktuell ist es zwar ruhig um das Thema, doch die Kosten für Emissionsverbrauch werden in den kommenden Jahren immer stärker ansteigen. Unternehmen, die jetzt nicht reagieren, müssen mit deutlich höheren Betriebskosten rechnen. Und auch abseits hiervon verbergen sich Kostenfallen. So werden in Zukunft auch die Banken vermehrt auf die Umweltbilanz von Unternehmen schauen. Zum Beispiel, wenn es um die Vergabe von Krediten geht. Bei schlechter Klimabilanz können höhere Zinsen von bis zu 0,4% die Folge sein können, wie es Carola Gräfin von Schmettow aus dem Vorstand der HSBC Bankengruppe im Rahmen des Weltmarktführertreffens 2020 in Schwäbisch Hall darlegte.

Natürlich bedeuten diese Umstellungen Investitionen. Die Investitionen für die Installation von zusätzlichen 120 kW bei unserer PV-Anlage beliefen sich auf 95.000 EUR, die für die Erdwärmenutzung auf 60.000 EUR. Hingegen sind die E-Autos für uns günstiger als die Verbrenner, da wir von den Zuschüssen in Bayern von 9.000 EUR pro Fahrzeug profitieren. Die Photovoltaik-Anlage und die Installation der Erdwärmenutzung amortisieren sich nach fünf Jahren – es lohnt sich also. Zudem fordern immer mehr Kunden Nachhaltigkeit auch verstärkt von ihren Dienstleistern in der Lieferkette ein. 

Fazit: Im Kleinen beginnen und Großes erreichen

Jeder kann hier im Kleinen beginnen und nach und nach die eigenen Umweltschutzaktivitäten vermehren und vergrößern. Nachhaltigkeit ist schon lange kein reines Image mehr. Es ist ein absolut notwendiger Wandel in unserem Mindset und unserem Handeln. Und Ihre Kinder werden Ihnen dankbar sein. Fangen Sie einfach damit an, denn wir haben nur einen Planeten!


Über den Autor
Gerold Wolfarth ist CEO der bk Group – ein europaweit agierendes Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern aus 27 Ländern. Aufgewachsen auf dem elterlichen Bauernhof, hat er aus seinem Kinderzimmer heraus gegründet und in den Folgejahren sich und sein Unternehmen ständig weiterentwickelt.

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Auflage: 1. Auflage 2021 / Umfang: 272 Seiten / Preis: 79,95 EUR

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