Die Otto Group hat den "ControllerPreis 2012" des Internationalen Controller Vereins (ICV) erhalten. Im Rahmen des Congresses der Controller wurde das Projekt „Einführung einer Prozesskostenrechnung im Service Center Lieferantenverkehr“ ausgezeichnet.

Kern einer mustergültigen Steuerung von internen Dienstleistungen“

Vor knapp 600 Kongressteilnehmern überreichte der Vorsitzende der Jury, Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber von der WHU – Otto Beisheim School of Management, den ControllerPreis 2012 an Michael Felix, Leiter des Service Centers Lieferantenverkehr der Otto Group. Er und sein Team haben es in den vergangenen zwei Jahren geschafft, mit ihrem Projekt die Effizienz in der Kreditorenbuchhaltung des Unternehmens nachhaltig zu verbessern. Die Otto Group nutzt mit der Einführung der Prozesskostenrechnung exemplarisch ein sehr wirksames, aber insgesamt in der Praxis immer noch nur wenig verbreitetes Instrument zur Steuerung des Service Centers. Das Unternehmen zeigt damit erfolgreich, wie die hohe Komplexität der Prozesskostenrechnung gemeistert und die vielerorts noch zu geringe Aufmerksamkeit für den Gemeinkostenbereich zum Nutzen des gesamten Unternehmens effizient gesteigert werden kann.

Das Service Center Lieferantenverkehr der Otto Group verarbeitet für 10 inländische Konzerngesellschaften rund 450.000 Rechnungen mit einem Einkaufsvolumen von ca. zwei Mrd. EUR jährlich (vgl. Abbildung 1). Bei Gesamtkosten von ca. 3,8 Mio. EUR im Lieferantenverkehr hat das Unternehmen in diesem Bereich ein erhebliches Einsparpotenzial identifiziert. Durch die Einführung einer Prozesskostenrechnung ist es der Otto Group gelungen, Transparenz in den relevanten Prozessen der Kreditorenbuchhaltung zu erzielen und Ansatzpunkte für Kosteneinsparungen zu identifizieren. Dadurch ist es dem Unternehmen gelungen, die Servicekosten  auf einzelne Organisationseinheiten, auf Warengruppen bis hin zu einzelnen Artikeln verursachungsgerecht verrechnen zu können. In der Vergangenheit wurden diese als klassische Gemeinkosten auf das Gesamtunternehmen verteilt.

Darstellung des Projektablaufes

Kick-off des Projektes bildete Ende 2009 ein extern begleiteter eintägiger Workshop, in dem die wesentlichen theoretischen Aspekte einer Prozesskostenrechnung vorgestellt und die Grundzüge des Projektes erarbeitet wurden. Weiterhin wurde zur aktiven Einbindung der betroffenen Mitarbeiter eine zentrale Informationsveranstaltung durchgeführt.

Die zentrale Projektphase der Prozessaufnahme gliederte sich in drei Teilschritte:

  • Beschreibung von relevanten Tätigkeiten, Generierung von Teilprozessen sowie Verdichtung zu Hauptprozessen;
  • Bestimmung der Kostentreiber je beschriebener Tätigkeit;
  • Durchlaufen einer ca. vierwöchigen Aufschreibphase sowie einer nachfolgenden Messphase.

Parallel zur Prozessaufnahme erfolgte die Zuordnung der Kostenarten bzw. der Kostenstruktur (gem. Betriebsabrechnungsbogen) auf die drei Organisationsbereiche Operations, Service- und Prozessmanagement sowie Controlling. Der System-Setup wurde in einem weiteren Teilschritt basierend auf SAP BW umgesetzt. Abschließend erfolgten im Projekt die Produktbildung sowie die zugehörige Preiskalkulation. Die ermittelten Produktpreise setzten sich dabei aus drei Komponenten zusammen: direkt verrechnete Kosten des Produktes, Strukturkosten des Produktes sowie Strukturkosten des Organisationsbereiches.

Erfolge durch die Einführung der Prozesskostenrechnung

Wie Prof. Weber in der Laudatio ausführte, haben für das Projekt der Otto Group mehrere Faktoren gesprochen. Es seien

  • ein grundlegender und umfassender Umgestaltungsprozess eingeleitet,
  • die Dienstleistungsproduktion neu aufgestellt,
  • ein professionelles Dienstleistungsmanagement sowie
  • ein neues internes Preismodell eingeführt worden.

Zudem habe das konsequente Change Management zu deutlichen Effizienzverbesserungen geführt, wodurch neben reduzierten Stückkosten der Dienstleistungen vor allem eine hohe Zufriedenheit der internen Kunden erzielt wurde.

Durch die Einführung der Prozesskostenrechnung konnte darüber hinaus eine hohe Transparenz über die Höhe der „nicht messbaren“ Tätigkeiten erzielt werden, erläuterte Kerstin Jurkeit, Senior Managerin Controlling im Service Center Lieferantenverkehr. Diese ergibt sich als Differenz aus der Ist-Arbeitszeit der Mitarbeiter und der erfassten Zeit für die Erstellungen der internen Dienstleistungen. Hier bietet sich in der kontinuierlichen Erfassung und Analyse im Rahmen des Controllings weiterhin Potenzial für zukünftige Optimierungsmaßnahmen.

Grundlagen

Der Beitrag beruht auf der Präsentation „Einführung einer Prozesskostenrechnung im Service Center Lieferantenverkehr“ von Boris Jendruschewitz, Direktor Konzern-Finanzen, Michael Felix, Leiter Service Center Lieferantenverkehr sowie Kerstin Jurkeit, Senior Managerin Controlling im Service Center Lieferantenverkehr der Otto GmbH & Co. KG im Rahmen des 37. Congresses der Controller des Internationalen Controller Vereins (ICV) am 07. Mai 2012 in München.

Autor

Dipl.-Kfm. Mike  Schulze ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Strascheg Institute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE) an der EBS Business  School in Oestrich-Winkel.

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