Höheres Kostenbewusstsein bringt unerwartete Einspareffekte

Bei der Planung für das Geschäftsjahr 2019 erlebte das neue Konzept seine Feuertaufe. Im letzten Teil der Interviewreihe erläutert Helmut Willmann die Ergebnisse und das differenzierte Feedback der Beteiligten. Über einen Effekt freute sich der Kostenrechnungsexperte besonders.

Helmut Willmann

Leiter Corporate Unit Controlling Services des SICK-Konzerns und stv. Leiter des Arbeitskreises Südwest im Internationalen Controller Verein. Er ist Experte für Planung und Budgetierung und hat u.a. im ICV-Facharbeitskreis Moderne Budgetierung mitgewirkt.

Der SICK-Konzern

Das 1946 gegründete Unternehmen ist mit über 50 Tochtergesellschaften und Beteiligungen sowie zahlreichen Vertretungen rund um den Globus präsent. Im Geschäftsjahr 2018 beschäftigte SICK knapp 10.000 Mitarbeiter weltweit und erzielte einen Konzernumsatz von rund 1,6 Mrd. Euro. Von der Fabrik- über die Logistikautomation bis zur Prozessautomation zählt SICK zu den führenden Herstellern von Sensoren.

Das Interview führte Günther Lehmann, Chefredakteur Controlling bei Haufe

Teil 1: Warum ein erfolgreicher Mittelständler die ILV abschafft

Teil 2: Veränderungen in Kostenrechnung und Transferpreisbildung

Die Ergebnisse – Lessons learned – die weiteren Schritte

Wann wurde die Planung ohne ILV erstmals durchgeführt?

Die Integration des neuen Konzeptes erfolgte erstmalig in 2018 für das Budget 2019. Hier hatten wir mit enormen Strukturbrüchen in der Deckungsbeitragsrechnung zu kämpfen. In allen Deckungsbeitragsstufen gab es positive wie negative Veränderungen aufgrund des Wegfalls oder der Vereinfachung der ILV. Für das Management hatten wir eine rudimentäre Überleitungsbrücke geschaffen. Bei der Freigabe des Konzeptes hatten wir explizit auf den initialen Strukturbruch und den fehlenden Vergleich mit der Vergangenheit hingewiesen. Das Management hatte sich unabhängig davon für eine Umsetzung festgelegt. Somit hatten wir die notwendige Rückendeckung in dieser Situation.

Gab es auch Sachverhalte, bei denen das Konzept nicht umgesetzt werden konnte?

Es gibt noch eine Art der ILV, die wir weiterhin konzernweit durchführen. Hierbei handelt es sich um Leistungen basierend auf einer Zeiterfassung für interne Projekte und Kundenaufträge. Für diese Art der Verrechnung gab es bisher eine sehr hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten. Sie ist auch zur Steuerung und zur Transparenz dieser Projekte und Aufträge von hoher Bedeutung. Hier haben wir im RICS Projekt klarere Regeln und den Verrechnungsprozess vereinfacht.

Was war das Ergebnis? Wie zufrieden waren die einzelnen Bereiche?

Das Feedback für den radikalen Schnitt bei der ILV war trotz der umfangreichen Veränderungen von den „Lieferanten“ sowie Empfängern von Shared Services sehr positiv. Bei den Controllern war das Bild anfangs nicht einheitlich. Hier mussten wir aufgrund der hohen Unsicherheit hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen einige Gespräche führen. Es wurden Bedenken geäußert, dass mit der wegfallenden ILV eine „All-inclusive-Mentalität“ bei den Empfängern von Leistungen erzeugt wird und wir die Kostensteuerung nicht mehr im Griff haben. Hier hat uns sehr geholfen, dass wir parallel mit den Shared-Service-Einheiten unsere neue Methode der Kostensteuerung TOE (Transparenz, Optimieren und Effizienz schaffen) eingeführt haben.

Elemente der TOE-Methode

Elemente der TOE-Methode

Wo wurden die Erwartungen übertroffen?

Da nun die Kosten am Ort der Entstehung, also bei den Shared-Service-Einheiten verantwortlich stehen bleiben, entsteht hier ein verändertes Kostenbewusstsein. Ein Beispiel bei der IT macht dies transparent: Die IT verwaltet und beschafft zentral Lizenzen für Softwarelösungen und hatte diese den anfordernden Einheiten früher verrechnet. Somit waren die Kosten bei der IT nicht mehr im Fokus und bei den Empfängern in kleinen, unwesentlichen Päckchen verpackt. Mit der klaren Verantwortung überwacht nun die IT mit einfachen Mitteln, ob die Lizenzen auch von den Bereichen wirklich genutzt werden. Dieses Potenzial hinsichtlich der Motivation zur Veränderung und Einsparung bei einer fokussierten Verantwortung hatten wir zu Beginn des Projektes unterschätzt.

Vielleicht hat uns hier das aktive Kommunikationskonzept geholfen. Alle Mitarbeiter wurden über die Veränderung und die Vorteile der Kostensteuerung im Konzern informiert. Dabei haben wir uns auf die Eigenverantwortung eines jeden bei der Inanspruchnahme von Leistungen konzentriert.  

Wo gab es die meisten Schwierigkeiten?

Nach dem Projektende und dem Start in den laufenden Betrieb gab es ein Projekt Review bzw. Lessons Learned Prozess. Wie schon erwähnt waren die initialen Strukturbrüche im Budget und im ersten Jahr des Roll-Out für uns die größten Schwierigkeiten. Hier mussten wir deutlich mehr Zeit investieren als ursprünglich geplant.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir werden mit den Controllern der Shared-Service-Bereiche regelmäßige Erfahrungstreffen organisieren und gezielt Best Practices zur Kostensteuerung austauschen. Mit dem Wegfall der ILV eröffnen sich in den Controllingprozessen und -systemen weitere Vereinfachungen. Vor allem in der Planung und im weltweiten Roll-Out von SAP können wir neue Wege gehen. Hier war die ILV ein großer Komplexitätstreiber. Die eingesparten Ressourcen werden in neue Projekte und Veränderungen investiert, um das Unternehmenswachstum zu stemmen.

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