Das Kompetenzprofil des Compliance-Officers im Wertpapiergeschäft

Vom Compliance-Beauftragten wird in einem Unternehmen nicht nur hartes Faktenwissen, sondern es werden zunehmend auch allgemeine und spezielle Rechtskenntnisse verlangt. Dies zeigt sich nirgendwo deutlicher als beim Handel mit Wertpapieren. Da sind die Vorgaben bereits gesetzlich verankert.  

Die Grundaufgabe des Compliance-Verantwortlichen ist es, die Einhaltung der gesetzlichen Regeln und der speziellen Unternehmensethik durchzusetzen. Das verleitet die Mitarbeiter im Unternehmen und auch die Unternehmensleitung häufig zu Unrecht dazu, den Compliance- Beauftragten als Inhaber einer mehr pastoralen Aufgabe im Unternehmen zu sehen, der lediglich genügend Sozialkompetenz mitbringen muss, um den an ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Wie fatal und falsch diese Sichtweise ist zeigt sich exemplarisch am Anforderungsprofil des Compliance-Beauftragten im Wertpapiergeschäft.

Pflicht zur Anstellung eines Compliance-Beauftragten

Die Verpflichtung des Unternehmens zur Beschäftigung eines speziellen Compliance-Beauftragten ist im Wertpapierhandel gesetzlich normiert.

Gemäß § 33 Abs. 1 Ziffer 1  WpHG hat ein im Wertpapierhandel tätiges Dienstleistungsunternehmen eine dauerhafte und wirksame Compliance-Funktion einzurichten, die ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen kann.

  • Dabei darf einem Mitarbeiter nur dann die Verantwortlichkeit für eine Compliance-Funktion anvertraut werden, wenn dieser sachkundig ist und über die für die Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit verfügt.
  • Das Unternehmen ist sogar verpflichtet, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Mitarbeiter anzuzeigen, bevor dieser die Tätigkeit als Compliance-Verantwortlicher aufnimmt, § 34 d Abs. 3  WpHG.

Aufgabenstellung ist gesetzlich definiert

Der Compliance-Beauftragte hat gemäß § 33 Abs. 1 Ziffer 3W BHG diejenigen Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind,

  • Interessenkonflikte bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zwischen ihm selbst einschließlich seiner Mitarbeiter und den Kunden des Unternehmens zu vermeiden,
  • er hat wirksame und transparente Verfahren für eine angemessene und unverzügliche Bearbeitung von Beschwerden durch Privatkunden vorzuhalten,
  • ihm werden gemäß  § 33 Absatz 1 Ziffer 4 Dokumentationspflichten hinsichtlich der Bearbeitung von Beschwerden auferlegt,
  • ihn trifft eine besondere Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsorgan,
  • er hat die Angemessenheit und Wirksamkeit der von ihm getroffenen organisatorischen Maßnahmen zu überwachen, regelmäßig zu bewerten sowie
  • die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung von Unzulänglichkeiten zu ergreifen , § 33 Abs. 1 Ziff. 6 WpHG.

Spezifisches Fachwissen unabdingbar

Der für die Ausübung der Compliance-Funktion erforderliche Kenntnisstand wird in der Verordnung über den Einsatz von Mitarbeitern in der Anlageberatung als Compliance-Beauftragte (WpHGMaAnzV) explizit geregelt. Gemäß § 3 WpHGMaAnzV muss der Compliance-Beauftragte u.a. über Kenntnisse

  • der Grundzüge der Organisation und Zuständigkeiten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,
  • der Funktionsweise und Risiken von Finanzinstrumenten,
  • der Ausgestaltungsmöglichkeiten von Vertriebsvorgaben sowie
  • dem Aufbau und Ablauforganisation des Wertpapierdienstleistungsunternehmen besitzen

Ohne detaillierte Rechtskenntnisse ist die Berufsausübung nicht möglich

In rechtlicher Hinsicht fordert die WpHGMaAnzV vom Compliance-Beauftragten Kenntnisse über

  • sämtliche Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, .
  • Kenntnisse der Verwaltungsvorschriften der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,
  • Kenntnisse der Prozesse, die Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen verhindern können,
  • Kenntnisse in Fragen der Handelsüberwachung
  • und des Verkehrs bei Wertpapierdienstleistung mit Auslandsbezug.

KWG erhöht die Anforderungen zusätzlich

Besonders kompliziert wird es, wenn das Unternehmen auch in der Kreditvergabe tätig ist. Hier normiert insbesondere § 25a KWG spezifische Anforderungen an die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation durch

  • Festlegung von Strategien, die auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts gerichtet sind,
  • die Schaffung von Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit,
  • die Einrichtung interner Kontrollverfahren,
  • die Schaffung eines angemessenen Notfallkonzepts,
  • und normiert umfangreiche Dokumentationspflichten zum Zweck der Ermöglichung einer lückenlosen Überwachung.

Diese Tätigkeiten muss der Compliance-Beauftragte zwar nicht zwingend in persona erbringen, jedoch trägt er die Verantwortung dafür, dass entsprechende Prozesse effektiv und nachhaltig in Gang gesetzt werden.

Ausblick

Diese positiv normierten Anforderungen zeigen überdeutlich, welch hohe Qualitätsstandards der Compliance-Beauftragte in einem Unternehmen zu erfüllen hat. Die detaillierten Regelungen des Anforderungsprofils eines Compliance-Beauftragten im Wertpapierrecht dürften erst der Anfang einer sich fortsetzenden gesetzlichen Regelung der Anforderungen an Compliance-Beauftragte auch in anderen Bereichen sein.

Die Regeln im Wertpapierhandel zeigen, dass der Zug sich in eine enorm spezialisierte Richtung mit einem äußerst anspruchsvollen Anforderungsprofil bewegt.

Auch im Umwelt- und Datenschutz, bei ärztlichen Dienstleistungen und allgemein in Fragen der Korruptionsbekämpfung hat der Ausbau spezifischer Vorgaben durch den Gesetzgeber und nicht zuletzt auch durch die Rechtsprechung längst begonnen. Gut für jedes Unternehmen, wenn es auf diese Entwicklung vorbereitet ist.

Vgl. zu dem Thema auch:

Compliance Officer: Aufgaben und Berufsbild​​​​​​​