6.1 Unfallverhütungsvorschriften, Rechtsverordnungen

Die dem Arbeitgeber nach §§ 2, 5 ASiG obliegenden Pflichten sind allgemein formuliert und müssen präzisiert werden. Dies soll in erster Linie durch spezielle Unfallverhütungsvorschriften des zuständigen Unfallversicherungsträgers erfolgen. Er kennt den einzelnen Gewerbezweig genau. Infolgedessen hat er einen besonderen Einblick in die jeweiligen technischen Schwierigkeiten und personellen Bedürfnisse. Naturgemäß bietet er damit die Gewähr, praktische und sachbezogene Regelungen zu finden. § 15 Abs. 1 Nr. 6 SGB VII sieht deshalb vor, dass die Berufsgenossenschaften Vorschriften über die Maßnahmen erlassen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus dem Arbeitssicherheitsgesetz ergebenden Pflichten treffen muss.

Kommt der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung dem innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach, kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Zustimmung des Bundesrates ergänzende Rechtsverordnungen erlassen. Mit ihnen werden die Maßnahmen festgelegt, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der sich aus dem ASiG ergebenden Pflichten zu treffen hat. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird aber erst subsidiär tätig.

Diese Regelung berücksichtigt die spezielle Funktion der Unfallversicherungsträger (§ 14 Abs. 1 ASiG). Die Unfallversicherungsträger sind ihrer Verpflichtung aus § 15 Abs. 1 Nr. 6 SGB VII durch Erlass der Unfallverhütungsvorschriften "Betriebsärzte" (früher BGV A7) und "Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (früher BGV A6) nachgekommen. Diese Unfallverhütungsvorschriften sind der durch das SGB VII geschaffenen neuen Gesetzeslage angepasst worden. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann ferner mit Zustimmung des Bundesrates ebenfalls durch Rechtsverordnung feststellen, dass für bestimmte Betriebsarten Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit nicht bestellt werden müssen. Das wird z.  B. dann der Fall sein, wenn in einem Gewerbezweig die genannten Kräfte keine Aufgaben hätten. Er kann auch festlegen, dass in bestimmten Betrieben oder in einem bestimmten Gewerbezweig die Aufgaben eines Betriebsarztes oder von Fachkräften für Arbeitssicherheit nicht oder nur z.  T. erfüllt zu werden brauchen, weil nicht genügend Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit vorhanden sind. Die Durchführung des Gesetzes kann also sehr flexibel gestaltet werden, je nach den gegebenen Verhältnissen.

6.2 Allgemeine Verwaltungsvorschriften

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung erlässt mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zum ASiG und zu den Rechtsverordnungen, die aufgrund des ASiG erlassen werden (§ 15 ASiG). Damit soll eine einheitliche Durchführung des ASiG in den Bundesländern sichergestellt werden, die für die Durchführung und Überwachung zuständig sind. Auch wenn Verwaltungsvorschriften keine Rechtsvorschriften sind, sondern im Regelfall eine Selbstbindung der Verwaltung darstellen und damit Gleichbehandlung gleicher Fälle gewährleisten, sind sie für den Arbeitgeber wichtig. Die Wettbewerbsgleichheit der Arbeitgeber untereinander wird damit garantiert. Verwaltungsvorschriften entfallen, wenn die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung über die vom Arbeitgeber nach §§ 2, 5 ASiG zu treffenden Maßnahmen Unfallverhütungsvorschriften erlassen haben. Der Vorrang des Unfallversicherungsträgers bleibt somit gewährleistet. Das entspricht der Grundlinie des Gesetzes. Der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung soll in erster Linie zuständig sein, die gesetzlichen Pflichten durch Rechtsvorschriften zu ergänzen und zu erläutern. Durch allgemeine Verwaltungsvorschriften kann z. B. die Zahl der zu bestellenden Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, der Nachweis der Fachkunde, ihre Aufgaben, die Unterstützungspflicht des Arbeitgebers usw. geregelt werden.

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