Die Bedeutung der Arbeitszeit in der Gefährdungsbeurteilung

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet Arbeitgeber dazu, die betriebliche Arbeitszeit und das Arbeitsaufkommen so zu organisieren, dass kein zeitlicher Stress entsteht (§ 3 ArbSchG). Die geleisteten Arbeitsstunden der Arbeitnehmer sind zu erfassen, dazu müssen Unternehmen ein geeignetes System zur Verfügung stellen.

Gefährdungsbeurteilungen bilden die Grundlage für Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen. Mithilfe einer Gefährdungsbeurteilung werden Gefährdungen identifiziert und Schutzmaßnahmen definiert. Auch die Arbeitszeit und deren Gestaltung müssen in diesem Zusammenhang betrachtet werden, denn sie haben einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeitenden.
Bei der Gestaltung der Arbeitszeit müssen rechtliche Grundlagen, betriebliche Erfordernisse und persönliche Präferenzen der Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Arbeitgeber sollten hier Rahmenbedingungen vorgeben, aber, wenn möglich, auch Spielraum für eine individuelle Gestaltung geben.

Arbeitszeiterfassung: Muss „Vertrauensarbeitszeit“ erfasst werden?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im September 2022 (1 ABR 22/21) entschieden, dass Arbeitgeber bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gesetzlich verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer zu erfassen.  Das BAG versteht hierunter, die Verpflichtung zur Einführung eines Systems, mit dem die von Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.
Das gilt auch bei „Vertrauensarbeitszeit“: Hier verzichten Arbeitgeber auf die Kontrolle, wann Arbeitnehmer tatsächlich arbeiten oder ihre Pausen nehmen. Arbeitnehmer entscheiden weitgehend selbst über ihre Arbeitszeit. Die Erfassung derer steht dem aber nicht entgegen. 

Arbeitszeiten müssen immer wieder überprüft und bei Bedarf angepasst werden

Die Arbeitszeit ist so zu organisieren und zu gestalten, dass die Gesundheit und die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer dauerhaft erhalten bleiben. Gerade bei einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt – etwa durch die Digitalisierung – müssen die Arbeitszeiten immer wieder überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Das bedeutet aber auch: Ändern sich u. a. die gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Bedingungen, muss eine erneute Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden.

Gefährdungsbeurteilung muss Besonderheiten berücksichtigen

Arbeitszeiten zu gestalten ist eine Herausforderung. Nicht für jeden Arbeitnehmer passen die gleichen Arbeitszeitmodelle. So ist bei einer Gefährdungsbeurteilung u. a. zu bedenken, ob jemand Voll- oder Teilzeit arbeitet, wie groß der Zeitdruck am Arbeitsplatz ist oder wie hoch die Ansprüche an die Konzentration oder Leistung sind. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann ein Thema sein, welches zu beachten ist. Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen lassen sich mögliche Besonderheiten gut berücksichtigen. Wichtig ist hierbei auch, Zeit- und Urlaubskonten der Beschäftigten im Blick zu behalten, viele Überstunden und Resturlaubstage können Hinweise auf ein zu hohes Arbeitsaufkommen geben. 
 

Das Arbeitszeitgesetz ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz

Mit dem Arbeitszeitgesetz werden Arbeitnehmer geschützt u. a durch folgende Regelungen:

  • Festlegung der Höchstdauer der täglichen Arbeitszeit, der Mindestdauer der Ruhezeiten und Pausen und des Schutzes während der Nachtarbeit.
  • Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten.
  • Schutz des Sonntags und der staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe.

Für besondere Personengruppen gelten zusätzliche Gesetze

Bei der Gestaltung der Arbeitszeit sind außer dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) je nach Situation oder Personengruppe weitere Gesetze und Verordnungen zu beachten. Bundesweit sind das z. B.:

  • Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG),
  • Mutterschutzgesetz (MuSchG),
  • Offshore-Arbeitszeitverordnung,
  • Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes,
  • Fahrpersonalgesetz (FPersG),
  • Fahrpersonalverordnung (FpersV),
  • Ladenschlussgesetz (LadSchlG),
  • Das Altersteilzeitgesetz (AltTzG),
  • Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sowie
  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Tipp: Digitale Arbeitszeiterfassung per App

Haben Sie sich bereits mit dem Thema Zeiterfassung beschäftigt? Mit Beschluss vom Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2022 wurde festgestellt, dass in Deutschland die gesamte Arbeitszeit jeder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist. Mit dem Haufe-Partner clockin bieten wir kleinen und mittelständischen Unternehmen eine einfach und digitale Lösung.

JETZT MEHR ERFAHREN

Das könnte Sie auch interessieren

So lässt sich Arbeitszeit sicher und gesund gestalten