Arbeitgeber kritisieren Leiterbeauftragte und andere „Bürokratiemonster“
Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnt vor einer übermäßigen Bürokratie, die die globale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ernsthaft gefährden könnte. Besonders das Arbeitsschutzrecht wird als zu ausufernd und zu detailverliebt kritisiert. Betriebe müssten etwa 10.000 Einzelanforderungen im Arbeitsschutz beachten. Aus Sicht des Dachverbands ist dieser Aufwand „trotz aller Fortschritte in puncto Sicherheit zu hoch“. Der „Vorschriftendschungel“ müsse laut Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger daher von der neuen Bundesregierung unbedingt ausgelichtet werden, um der deutschen Wirtschaft nicht weiter zu schaden. Dulger betont: „Effizienter Arbeitsschutz braucht kein Regelpuzzle, das zur Erfüllung eine ganze Rechtsabteilung benötigt, sondern handhabbare Vorschriften, die leistbar sind.“ Besonders KMU hätten unter der enormen Bürokratielast zu leiden. Sie müssen im Arbeitsschutz oftmals die gleichen Anforderungen wie große Betriebe erfüllen, verfügen jedoch über deutlich weniger personelle und finanzielle Ressourcen.
Forderungskatalog
In einem Ende Mai 2025 vorgestellten Forderungskatalog unterbreitet der BDA nun Reformvorschlägen für Vereinfachungen bei der Handhabung des Arbeitsschutzes. Bei Umsetzung dieser Maßnahmen rechnet der BDA mit einer Entlastung der Unternehmen von rund einer Milliarden Euro.
Der BDA stellt vor allem die folgenden Forderungen auf:
- weniger Vorschriften und Pflichten, dafür mehr Vertrauen in die Unternehmen, beispielsweise in Form der Berücksichtigung des unternehmerischen Erfahrungswissens, Fokus auf Ideensuche und Lösungsfindung in den Unternehmen, Stärkung der Eigenverantwortung von Arbeitgebern und Beschäftigten;
- ein verständliches Regelwerk im Arbeitsschutz, insbesondere durch umsetzbare Anforderungen, eine übersichtliche Management Summary auf einer Seite in Arbeitsschutzregeln, die dem Arbeitgeber einen Überblick über die wichtigsten Arbeitsschutzmaßnahmen gibt;
- mehr einfache Ansätze, beispielsweise Dokumentations- und Berichtspflichten zu reduzieren, um die Akzeptanz der Gefährdungsbeurteilung in KMU zu stärken;
- mehr Digitalisierung, zum Beispiel digitale Unterweisungen, digitale Angebote in der Arbeitsmedizin;
- flexible Fristen und Intervalle, zum Beispiel bei Unterweisungen, Prüfungen und der Frequenz von Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses (ASA-Sitzungen) und
- mehr Beratung und Unterstützung im Arbeitsschutz, beispielsweise in Form von kostenloser Beratung, Hilfen, Anleitungen, persönlichen Ansprechpartnern.
Beispiel „Leiterbeauftragte“
Der Forderungskatalog stellt allerdings nicht nur plakative Forderungen auf, sondern bietet zu jede der angeführten Forderungen auch eigene Lösungsansätze an. Zum Beispiel beim sogenannten „Leiterbeauftragten“. Zunächst: Es gibt keinen amtlichen „Leiterbeauftragten“, hierbei handelt es sich lediglich um eine umgangssprachliche Bezeichnung, sondern um eine „befähigte Person“, die für die Prüfung von Leitern und Tritten im Betrieb zuständig ist und über die nötige Sach- und Fachkunde verfügt. Das Problem aus Sicht des BDA: Die Einrichtung einer solchen Funktion führe dazu, dass auch Arbeitsmittel, die kaum genutzt werden, jedes Jahr aufs Neue geprüft werden. Die Schulungskosten für eine solche Person beliefen sich auf etwa 650 Euro pro Schulungstag bei externen Trägern.
Lösung: Funktion abschaffen
Der BDA schlägt nun vor, den „Leiterbeauftragten“ ganz abzuschaffen und begründet dies mit der minimalen Fehleranfälligkeit moderner Leiter und dem Genügen einer Sicht- und Funktionskontrolle des Beschäftigten, der mit der Leiter arbeiten will. Lediglich bei Leitersystemen mit komplizierteren technischen Komponenten sei aus Sicht des BDA eine Prüfung durch sachkundige Personen weiterhin notwendig. Fazit: Kosten würden die Betriebe mit der BDA-Lösung sicher sparen. Aber inwiefern diese Lösung Arbeitsschutzexperten und dem Gesetzgeber gefallen dürfte, steht auf einem anderen Blatt.
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