Digitalisierung im Arbeitsschutz

Auch in der Altenpflege verändert die Digitalisierung zunehmend die Arbeitsorganisation und die Arbeitsverfahren. Kann mit dieser technischen Revolution auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten in den Einrichtungen verbessert werden? Das Projekt „DialogS plus“ lieferte erste Hinweise darauf, welche Voraussetzungen bislang in den Altenpflegeheimen herrschen, auf deren Grundlage eine am Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten orientierte Digitalisierungsstrategie aufbauen müsste.

Die Digitalisierung hat längst auch in der Pflege Einzug gehalten. Elektronische Dokumentationssysteme, intelligente Pflegebetten, digitale Tourenplanung, Sensoren zur Sturzprophylaxe oder Telemedizin/Telecare sind nur einige Beispiele, wie Pflegekräfte in ihrer Arbeit unterstützt werden können. Durch den digitalen Wandel lassen sich die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in dieser physisch und psychisch sehr anstrengenden Branche durchaus verbessern. Dazu bedarf es einer ganzheitlichen und unternehmensübergreifenden Digitalstrategie in den Einrichtungen.

Digitalisierung in der Pflege – wie ist der Stand?

Wie sieht die Lage aktuell in der Pflege aus? Herrschen dort schon die Voraussetzungen, um eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie umsetzen, in der der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten und deren enge Einbindung in die Planung und Umsetzung digitaler Innovationsprozesse im Mittelpunkt stehen? Unter anderem diesen Fragen ging ein Projekt nach, das in Altenpflegeeinrichtungen an mehreren Standorten in Deutschland durchgeführt wurde.

Digitalisierung in der Pflege – Einzelprojekte anstatt Strategie

Das Projekt konnte in allen Einrichtungen feststellen, dass auch in der Altenpflege die Digitalisierung bereits weit vorangeschritten ist. Allerdings wurde die Digitalisierung in erster Linie über Einzellösungen für betriebliche Teilbereiche (v.a. Dokumentation, Abrechnung, Tourenplanung, Arbeitszeiterfassung, betriebsinterne Kommunikation, Datenschutz) umgesetzt.

Systematische Digitalisierungsstrategien, die Suche nach originär arbeitsorientierten Einsatzkonzepten ebenso wie eine strukturierte Evaluation neuer technischer Lösungen stellten seltene Ausnahmen dar. Insbesondere bei Pflegeunternehmen, die im Laufe der Zeit gewachsen sind und sich um neue Betriebsstätten erweitert haben, ließen sich oftmals sehr unterschiedliche betriebliche Praktiken und Betriebskulturen im Umgang mit digitalen Technologien feststellen.

Dies wird vor allem dann zur Herausforderung, wenn tatsächlich eine betriebsweite Digitalisierungsstrategie umgesetzt werden soll. Denn hier fehlt es häufig an gleichen Infrastrukturvoraussetzungen und an Wissen darüber, welche konkreten Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren für die betrieblichen Unterschiede im Umgang mit vorhandener digitaler Technik verantwortlich sind und wie diesen in einer Gesamtstrategie begegnet werden kann.

Digitalisierung in der Pflege – Einbindung der Beschäftigten

Es existieren durchaus betriebliche Vereinbarungen zum Einsatz von IuK-Technologien. Allerdings sind diese zum Teil veraltet oder nur bedingt geeignet, die Dynamik und Komplexität digitaler Veränderungsprozesse in der Altenpflege mit Blick auf eine „systematische Vorgehensweise und partizipative Sicherheit“ für die Beschäftigten abzubilden. Essentiell sei auf jeden Fall die kontinuierliche Einbindung der Beschäftigten. Denn häufig hätten, so die Forscher der Studie, die Beschäftigten selbst klare Vorstellungen über machbare Veränderungen in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld und in ihren Arbeitsprozessen. Wird dieses Wissen jedoch nicht berücksichtigt, kommt es im weiteren Prozess häufig zu Akzeptanzproblemen und in der Folge zu offenen oder latenten Abwehrreaktionen gegenüber Neuerungen.

DialogS plus: Wandel „von unten“ bei der Digitalisierung in der Pflege

„DialogS plus - Branchendialog in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft in digitalisierten Arbeitswelten“ war ein mittlerweile abgeschlossenes Gemeinschaftsprojekt von Pflegeeinrichtungen mit der Gewerkschaft verdi und dem Institut für Arbeit und Technik/Westfälische Hochschule (IAT), das zwischen 2018 und 2020 durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt des Projekts standen dabei die Interessen der Beschäftigten und ihre Ansprüche an die Gestaltung der Arbeit. Dabei wählten die Projektleitung einen „Graswurzel“-Ansatz, um durch die durchgehende Einbindung der Beschäftigten Ideen und Ratschläge „aus erster Hand“ zu bekommen, wie bessere Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu erreichen sind. Für die Umsetzung des Projekts wurden in den Altenpflegeheimen zunächst betriebliche Steuerungskreise gebildet, in denen Einrichtungsleitungen, betriebliche Interessenvertretungen sowie weitere betriebliche »Kümmerer« (Fach- und Führungskräfte) vertreten waren. Die Einbindung der Beschäftigten unterhalb der Leitungseben erfolgte mittels problemzentrierter Interviews, Gruppeninterviews und/oder quantitativer, teilstandardisierter Befragungen betrieblicher „Schlüsselakteure“.

Studie: Christine Ludwig; Michaela Evans: Digitalisierung in der Altenpflege: Gestaltungsoptionen und Gestaltungswege für betriebliche Interessenvertretungen, Forschung Aktuell, 12/2018, Institut Arbeit und Technik (IAT), Gelsenkirchen.

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