Dreimal H - 3 Körperteile für den Arbeitsschutz
Das Herz – Sicherheit spüren und wollen
Es fängt mit einer emotionalen Verbindung zur Sicherheit an. Arbeitsschutz beginnt im Herzen; dort, wo wir für gewöhnlich Mitgefühl, Verantwortung und echtes Interesse am Wohl anderer verankert sehen. Sicherheitsbewusstsein entsteht nicht durch Vorschriften befolgen, sondern durch ein inneres Verantwortungsgefühl. Wer Nächstenliebe und Fürsorge lebt, will nicht nur sich selbst schützen, sondern auch seine Kolleginnen und Kollegen. Die innere, echte Überzeugung wird mit dem Satz deutlich: „Ich achte auf mich und ich achte auf dich, weil du mir wichtig bist.“
Fürsorgekultur statt Schuldzuweisung
Eine gute Sicherheitskultur baut auf einem starken Wir-Gefühl auf. Es geht nicht darum, Fehler zu bestrafen, sondern gemeinsam für Sicherheit zu sorgen. Wer mit dem Herzen dabei ist, wird erkennen: „Ich bin nicht nur für mich verantwortlich, sondern auch für das Umfeld, in dem wir alle arbeiten.“
Werteorientiertes Handeln
Nächstenliebe im Arbeitsschutz bedeutet eine Haltung der gegenseitigen Rücksichtnahme und Verantwortung, bei der alle Beteiligten aktiv zu einer sicheren und gesunden Arbeitsumgebung beitragen.
Sie ist eng verbunden mit Aspekten wie:
- Gemeinsame Verantwortung,
- Sensibilisierung und Austausch,
- Vorbildfunktion,
- Verbesserung durch Feedback,
- Kommunikation und Empathie,
- Solidarität.
Dabei zeigt sich diese Nächstenliebe nicht in großen Taten, sie zeigt sich eher in kleinen Gesten:
- den Kollegen erinnern, den Gehörschutz aufzusetzen,
- die Hand reichen, wenn jemand ins Stolpern gerät,
- Hilfe anbieten, bevor sie eingefordert werden muss,
- ehrliche Rückfrage nach dem Befinden.
Solche Fürsorge ist keine Schwäche, sondern eine soziale Kompetenz und echte Stärke. Sie ist einer der ersten Schritte zu einer gelebten Sicherheitskultur. Nächstenliebe ist das Fundament für eine erfolgreiche Präventionskultur im Arbeitsschutz, die auf gegenseitiger Fürsorge, Verantwortungsübernahme und einem aktiven Sicherheitsbewusstsein basiert.
Fragen, die das Herz im Arbeitsschutz aktivieren können:
- Wie würde ich handeln, wenn statt des Kollegen eine mir nahestehen Person in dieser Situation wäre?
- Was wünsche ich mir, wie andere mit mir umgehen würden, besonders in gefährlichen Situationen?
Das Hirn – Sicherheit verstehen und mitdenken
Sicherheit braucht Verstand, nicht blinden Gehorsam. Wissen um Risiken, Abläufe und Schutzmaßnahmen sind elementar. Schulungen und Unterweisungen müssen nicht nur informieren, sondern Verständnis erzeugen. S-T-O-P Maßnahmen sind keine lästige Pflicht, sondern Teil einer durchdachten Schutzstrategie. Es heißt, Gefahren erkennen, bevor sie entstehen. Dies geht nur mit zuvor geschultem Denken. Arbeitsschutz ist keine Frage des Auswendiglernens oder Abarbeitens, sondern des Verstehens. Nur wer mit dem Kopf bei der Sache ist, erkennt Risiken rechtzeitig und kann sie vermeiden. Es geht darum, die Zusammenhänge zu begreifen: Warum gibt es diese Regel? Was kann im schlimmsten Fall passieren? Wie schütze ich mich und andere am effektivsten?
Beispiele:
- Warum eine Schutzbrille tragen? Nicht weil’s vorgeschrieben ist, sondern weil ein Splitter das Augenlicht kosten kann.
- Warum Handschuhe bei chemischen Stoffen tragen? Nicht weil’s in der Betriebsanweisung steht, sondern weil ein Tropfen auf der Haut zu dauerhaften Schäden führen kann.
- Warum regelmäßig Pausen einlegen? Nicht weil es im Schichtplan steht, sondern weil meine Übermüdung zu gefährlichen Fehlern führen kann.
Daher heißt es, Wissen anwenden, statt nur anhören.
Mitdenken statt Mitlaufen
Arbeitsschutz lebt vom aktiven Mitdenken und Verstehen aller Beteiligten, nicht vom bloßen „Abhaken“ von Vorgaben oder beschriebene Prozesse stumpf zu befolgen.
Den Kopf einschalten bedeutet:
- Sich fragen, ob eine Situation sicher ist, auch wenn sie Routine ist.
- Auf Veränderungen achten: Sind neue Risiken entstanden? Hat sich zum Beispiel etwas im Ablauf geändert?
- Vorschläge zu machen, wo Maßnahmen verbessert werden können.
Wissen schützt, aber nur, wenn es genutzt wird
Fachwissen über Gefährdungen, Materialien, Maschinen und Prozesse ist essenziell – aber wertlos, wenn es nicht angewendet wird.
Denken schützt:
- vor Leichtsinn,
- vor Betriebs-/ Gewohnheitsblindheit,
- vor Unfällen, die mit einem Moment der Aufmerksamkeit vermeidbar gewesen wären.
Merksätze:
Wer den Kopf einschaltet, schützt sich und andere. Arbeitsschutz beginnt im Hirn, nicht im Handbuch. Auch öfter in diesem Zusammenhang gehört: DGUV Vorschrift Null anwenden- Nutze dein Hirn/ Verstand.
Den Hintern in der Hose haben – Mut haben, einzufordern und zu handeln
Zivilcourage im Arbeitsschutz heißt, es braucht den Hintern in der Hose, um auch unbequeme Wahrheiten anzusprechen:
- "Kollege, setze bitte den Helm auf."
- "Chef, das ist so nicht sicher, wir brauchen eine Lösung."
Für sich und andere eintreten heißt, Mut zu haben und Verantwortung zu übernehmen – auch wenn’s Gegenwind gibt. „Den Hintern in der Hose haben“ bedeutet also: Nicht wegschauen, nicht schweigen, nicht ausweichen, sondern Handeln. Arbeitsschutz lebt nicht nur von Vorschriften, sondern von Menschen, die bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen. Dies vor allem auch, wenn es heißt unangenehm zu wirken und ggf. dadurch über einen gewissen Zeitraum „nicht mehr gemocht zu werden“. Es heißt, den Mut aufzubringen, kritisch hinzuschauen, Entscheidungen zu hinterfragen und Sicherheit auch dann einzufordern, wenn andere lieber den unsicheren, aber dafür schnellen, günstigen oder einfachen Weg gehen würden.
Konkrete Situationen, in denen Mut gefragt ist:
- Die Deutungshoheit von anderen auch mal in Frage zu stellen.
- In einem vollen Zeitplan darauf bestehen, dass eine Sicherheitsunterweisung nicht einfach übersprungen wird.
- Eine gefährliche Situation melden und auf Verbesserungen bestehen – auch wenn man sich damit „unbeliebt“ macht oder glaubt, das sei nicht der eigene Job.
Verantwortung übernehmen statt bequem sein
Es ist einfacher, die Augen zu verschließen oder zu denken: „Das ist nicht mein Problem.“ Aber wer Sicherheit ernst nimmt, handelt - auch auf die Gefahr hin, anzuecken. „Den Hintern in der Hose haben“ heißt daher auch die eigene Bequemlichkeit zu überwinden. Nicht nur wissen, was richtig ist, sondern es auch tun. Lass deinen Worten Taten folgen, heißt es in Zitaten. Es bedeutet, nicht nur über etwas nachzudenken oder zu sprechen, sondern aktiv zu werden, um seine Absichten, Ziele oder Überzeugungen in die Tat umzusetzen.
Führungskräfte und Vorbilder
Besonders von Führungskräften wird erwartet, dass sie klare Haltung zeigen. Führungskräfte müssen Mitarbeitenden Rückhalt geben, wenn sie Bedenken äußern oder Missstände melden. Sicherheit darf nie verhandelbar sein und wer den Mut zeigt, Risiken offen anzusprechen, muss Rückendeckung bekommen. Mitarbeitende brauchen das Gefühl: „Wenn ich mich für Sicherheit einsetze, stehe ich nicht allein da.“ Mut ist ansteckend und kann als Vorbild dienen. Jeder, der Courage zeigt, macht es anderen leichter, es ihm gleichzutun. Eine Sicherheitskultur entsteht, wenn viele kleine mutige Entscheidungen von allen Mitarbeitenden täglich getroffen werden.
Merksatz:
„Den Hintern in der Hose zu haben“ heißt, sich auch dann für Sicherheit starkzumachen, wenn es unbequem, unpopulär oder mal Stress gibt.
Fazit: Dreimal H – eine Haltung, keine Checkliste
Arbeitsschutz gelingt, wenn Herz, Hirn und Hintern zusammenspielen:
- Mit dem Herz spüren, dass Sicherheit wichtig ist.
- Mit dem Hirn verstehen, was zu tun ist.
- Mit dem Hintern den Mut haben, es umzusetzen und einzufordern.
Das ist keine Pflichtübung, sondern ein Ausdruck von Haltung, Überzeugung und Respekt gegenüber sich selbst, den Kolleginnen und Kollegen sowie dem Leben selbst.
-
Bildschirmbrille: Fragen und Antworten
2.231
-
Wiedereingliederung - was ist zu beachten?
1.7901
-
Arbeitsmedizinische Vorsorge: Pflicht oder freiwillig?
850
-
Arbeitsstättenverordnung: Wann ist ein Pausenraum Pflicht?
430
-
Was tun, wenn der Frosch nicht verschwinden will
409
-
Gefahr durch Epoxidharz wird unterschätzt
204
-
Wutausbrüchen am Arbeitsplatz souverän begegnen
204
-
Drei-Schicht-System: Grundlagen, Funktionsweise und Arbeitsschutz
193
-
Dürfen Mitarbeiter frei bestimmen, wie sie ihre Pause verbringen?
175
-
Wenn ein Mitarbeiter nachts nicht mehr arbeiten darf
162
-
Sichere Einführung von Exoskeletten im Betrieb
12.11.2025
-
Weshalb lassen sich Klein- und Kleinstbetriebe oft nicht betreuen?
07.11.2025
-
Rasterleuchten, LED- oder OLED-Panels: Welche Beleuchtung ist ideal für Büros?
06.11.2025
-
Wo sitzen Beschäftigte mehr - im Unternehmen oder im Homeoffice?
05.11.20251
-
KI-Assistent für den Arbeits- und Gesundheitsschutz
27.10.2025
-
Personalentwicklung als strategischer Hebel im BGM
23.10.2025
-
Gesundheitskompetenz als Schlüsselelement im BGM
20.10.2025
-
Dreimal H - 3 Körperteile für den Arbeitsschutz
17.10.2025
-
Das ist neu bei ASR A2.2 und ASR A2.3
15.10.2025
-
Wie Online-Mediennutzung nicht zum Digital-Stress ausartet
14.10.2025