Carsharing: Auch für Geschäftsleute eine sinnvolle Alternative

Zunehmend setzen auch Geschäftsleute auf Carsharing. Bettina Dannheim, Pressesprecherin bei cambio, erläutert im Gespräch mit der Haufe-Redaktion, für wen sich Carsharing lohnt und welche Vorteile sich daraus ergeben.

Carsharing ist eine Idee aus den 1990er Jahren, die heute professionell und erfolgreich die Verkehrspolitik mitbestimmt. cambio ist eine der drei größten Carsharing-Unternehmensgruppen in Deutschland. An 250 Standorten stehen knapp 1.000 Fahrzeuge für mehr als 35.000 Kunden bereit.

Frau Dannheim, wie groß ist der gewerbliche Kundenstamm von cambio heute?

Als Carsharing vor 22 Jahren begann, wurde in den einzelnen Standorten mit einer Hand voll Autos begonnen. Da standen die Privatkunden im Vordergrund. Darunter waren aber damals schon Kunden, die das Auto beruflich nutzten. cambio – vor 12 Jahren als Zusammenschluss dreier Carsharing-Unternehmen entstanden – hat aktuell rund 1.300 institutionelle Kunden und eine unbestimmte Zahl an selbständigen Kleinunternehmern wie Anwälte, Architekten, Ärzte oder Musiker, die in Privattarifen unterwegs sind. Wie viele das sind, können wir nur überschlagen. Doch wir gehen davon aus, dass 45 Prozent aller Fahrten mit einem cambio-Fahrzeug gewerblich sind.

Welche Unternehmen zählen überwiegend zu Ihren Kunden?

Den größten Anteil machen mit etwa 30 Prozent soziale Einrichtungen und die Kirche aus. Pflegeinstitutionen nutzen unsere Autos etwa für Hausbesuche, Priester und Pastoren fahren damit zu ihren Terminen. Das Baugewerbe bzw. Handwerk nimmt zusammen mit den Behörden mit jeweils knapp 20 Prozent den zweiten Platz ein. 13 Prozent der Nutzer kommen aus dem Finanz- und Versicherungsgewerbe. Sieben Prozent gehören der Kommunikations-, IT-, Medien- und Werbebranche an, sechs Prozent entfallen auf die Sparte Kunst und Kultur. Den Rest verbuchen wir unter Sonstiges.

Für welche Einsätze nutzen Firmen das Angebot von cambio?

Die Nutzung ist sehr unterschiedlich. Ich nenne einmal ein paar Beispiele, dann wird das deutlich. Da ist etwa die GEWOBA, die größte Wohnungsbaugesellschaft in Bremen. Sie hat ihren eigenen Fuhrpark stark reduziert. Die Mitarbeiter nutzen jetzt überwiegend cambio-Fahrzeuge. Der Umstieg auf Carsharing wurde den GEWOBA-Mitarbeitern auch dadurch erleichtert, dass eine cambio-Station direkt vor die Haustür des Unternehmens eingerichtet wurde.

Ein anderer cambio-Kunde ist die „medien denk fabrik“ in Hamburg. Diese Genossenschaft vermietet Büros an Freiberufler und Selbständige. Wer dort einen Schreibtisch mietet, hat auf Wunsch auch Zugriff auf die cambio-Flotte. Denn im Mietpreis ist die monatliche Gebühr für cambio-Carsharing in einem kostengünstigen Tarif inklusive.

Ebenfalls in Hamburg liefert Biobob mit cambio-Fahrzeugen Obst und Gemüse fürs Büro. So bekommen die Mitarbeiter immer frische Bioprodukte an den Arbeitsplatz. Hier zeigt sich wie umfassend nachhaltiges Unternehmertum sein kann.

Gibt es Branchen, für die sich Carsharing besonders anbietet?

Carsharing funktioniert in sehr vielen Branchen überzeugend. Selbst für auf den ersten Blick „schwierige“ Branchen wie das Handwerk macht Carsharing Sinn. Einem Installateur, der einen so genannten Werkstattwagen braucht, in dem sein Werkzeug deponiert ist, dem nutzt ein Carsharing-Fahrzeug nichts. Doch wenn der Bauleiter der Firma von einer Baustelle zur nächsten muss, bietet sich ein cambio-Auto dafür wunderbar an. Der Mitarbeiter hat weiterhin vor Ort das Werkstattauto zur Verfügung und der Bauleiter kann seinen Termin wahrnehmen.

Andere Gewerke wie etwa ein Instrumentenbauer, der ausschließlich in seiner Werkstatt arbeitet und nur hin und wieder Material einkaufen muss oder einem Kunden ein Instrument bringen will, dem reicht Carsharing für den kompletten Bedarf.

Mit welchen Kosten muss ich als Geschäftskunde beim Carsharing rechnen und ab wann lohnt es sich für mich, bei Ihnen Kunde zu werden?

Bei Privatkunden sagen wir: Wer pro Jahr weniger als 10.000 Kilometer mit dem Auto zurücklegt, fährt mit einem Carsharing-Auto günstiger. Bei Gewerbekunden ist das sehr vielschichtiger. Für Firmenkunden besonders interessant sind aber in jedem Fall die speziellen Geschäftskunden-Tarife, davon haben wir zwei.

Der Profi-Tarif ist vor allem für die Kunden geeignet, die in der Woche tagsüber ein Fahrzeug brauchen. So gibt es in dieser Tarifklasse sehr günstige Zeiten von Montagmorgen bis Freitagmittag. Und wer viele Kilometer in kurzer Zeit fährt, zum Beispiel von Hamburg nach München, um dort Ware einzukaufen, demjenigen empfehlen wir den Business-Tarif.

Firmen, die ihre Dienstfahrten über den Profi-Tarif abwickeln, können übrigens ihren Mitarbeitern mit Profi-Privat diesen günstigen Tarif auch für die privaten Fahrten bieten. Das ist ein attraktives Angebot, wenn es darum geht, qualifiziertes Personal an die Firma zu binden.

Am besten lässt sich der Geschäftskunde direkt von uns beraten. Denn es kommt letztendlich nicht nur auf die Fahrtkosten an. Leasingkosten, Abrechnungskosten. Reparaturkosten – wer einen Firmenwagen einsetzt, muss viele Kosten berücksichtigen. Der Vorteil beim Carsharing: Es gibt neben den Fahrtkosten noch einen geringen Monatsbeitrag, weitere Kosten entstehen nicht. Für alle Buchungen gibt es eine fahrtgenaue Abrechnung.

Wer die reinen Fahrtkosten fürs Carsharing wissen will, kann dies schnell online auf der cambio-Website selbst ausrechnen. So lassen sich Fahrtkosten schon im Vorhinein sicher kalkulieren.

Welche Bedenken äußern gewerbliche Neukunden am häufigsten und mit welchen Argumenten überzeugen Sie?

Kosten sind fast immer ein Thema. Unsere individuelle Beratung überzeugt da eigentlich fast immer. Viele äußern auch die Befürchtung: ‚Habe ich denn immer ein Auto, wenn ich es brauche. Können Sie mir das mit 100 Prozent Sicherheit zusagen?’ Und auch dafür bieten wir Lösungen. Bei Kunden mit regelmäßig hohem Fahrbedarf bieten wir an, die Fahrzeuge für das Unternehmen zu reservieren, so dass diese nur nach Feierabend oder am Wochenende allen cambio-Kunden zur Verfügung stehen.

Für größere Unternehmen ist der "sanfte" Einstieg interessant. Im ersten Schritt kann das Flottenmanagement des eigenen Fuhrparks an cambio übertragen werden. Unsere Software optimiert den vorhandenen Fuhrpark, Ergänzungen können durch cambio-Fahrzeuge stattfinden. So entsteht eine Mischung, von der beide Seiten profitieren.

Welchen Kundenkreis, bei denen Sie von eindeutigen Vorteilen überzeugt sind, erreichen Sie bisher noch zu wenig?

Für ausbaufähig halten wir den Kundenkreis rund ums Handwerk. Und interessiert sind wir daran, noch mehr große Unternehmen bei der Disposition ihrer Firmenflotte zu unterstützen und sie von der Mischung aus eigenen Fahrzeugen und Carsharing-Autos zu überzeugen.

Sie bieten vergünstigte Konditionen für Nutzer von Bus und Bahn. Was versprechen Sie sich davon?

Wer auf dem Land lebt, wo nur morgens und mittags ein Schulbus fährt und vielleicht noch einmal am Tag der Linienbus, ist häufig auf ein eigenes Auto angewiesen. Anders sieht es in der Stadt oder in Ballungsgebieten aus. Da ist der Nahverkehr gut ausgebaut. Das Auto braucht man hier oft nur für Großeinkäufe, um am Wochenende einen Ausflug zu machen oder um in Urlaub zu fahren. Sehr viele der Bus- und Bahnnutzer haben ein Monatsticket. Firmen bieten ihren Mitarbeitern immer öfter ein Jobticket für die öffentlichen Nahverkehrsmittel an. Wer täglich Bus und Bahn fährt, überlegt sich, wofür er überhaupt noch ein Auto hat. Und trotzdem will oder braucht man manchmal einfach ein Auto. Und dann ist Carsharing die optimale Lösung. Deshalb verstehen wir den öffentlichen Nahverkehr als unseren Partner.

Sie haben in Ihrem Fuhrpark auch Elektroautos. Werden die besonders gerne gebucht?

Wir haben Elektroautos bisher in Aachen, Köln und Hamburg. Sie haben ihre Fans gefunden, darunter auch sehr viele Firmen. Versorgungsunternehmen zum Beispiel, die mit einem Elektroauto von cambio klimaneutral unterwegs sind, signalisieren so doppelt ihr umweltbewusstes Image und ihre Überzeugung in Sachen Nachhaltigkeit.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung in der Verkehrspolitik in Deutschland?

Mein persönlicher Wunsch ist es, dass die Fahrzeuge nach ihren Emissionswerten besteuert werden. Wer ein großes Auto fährt und die Umwelt mit viel CO2 belastet sollte entsprechend mehr bezahlen als der Besitzer eines Kleinwagens. Und ich wünsche mir, dass Carsharing bald zu einer Selbstverständlichkeit wird. Carsharing hat das Nischendasein längst verlassen, ist aber noch nicht so populär wie ich es mir wünsche. Das gilt insbesondere auch für Unternehmen.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dannheim.

 

Bettina Brucker M. A., Freie Journalistin und Autorin

Schlagworte zum Thema:  Umweltschutz, Geschäftswagen, Fuhrpark, Dienstwagen