Welche Auswirkung und welchen Einfluss haben die beschriebenen technologischen Veränderungen nun auf die Führung und die Zusammenarbeit im Betrieb? Hierzu werden im Folgenden 2 Ebenen beschrieben, auf welche die neuen Technologien einen Einfluss haben. Erstens werden die Führungskräfte neue Technologien und Hilfsmittel (z. B. Messenger Dienste, Videokonferenzen, Apps zum Matching von Arbeitszeiten und Kompetenzen = digitale Personaleinsatzplanung) zur Verfügung haben, um Beschäftigte zu führen. Zweitens werden diese Technologien einen Einfluss auf das Führungsverhalten haben und die Rolle der Führungskraft verändern. Dabei lässt sich festhalten, dass das Kernelement von Führung, also Einfluss auf die Mitarbeiter zur Erreichung eines zuvor festgelegten (Unternehmens-)Ziels zu nehmen, erhalten bleibt. Es ändert sich lediglich die Art und Weise, welche Einflussmöglichkeiten genutzt und welche Verhaltensweisen von Führungskräften zum Erreichen der Ziele im Unternehmen erfolgreich sein werden.

Abb. 1 stellt die neuen technologischen Möglichkeiten einer Führungskraft in der Produktion exemplarisch und vereinfacht dar.

Abb. 1: Schema eines CPS-Arbeitsplatzes in der Produktion[1]

Führungskräften und Beschäftigten werden zukünftig mehr Informationen über z. B. Prozessabläufe, Personen sowie Gegenstände in Echtzeit und unabhängig vom Arbeitsort vorliegen. Abb. 1 soll deutlich machen, dass sich die Führungskraft in Deutschland Informationen über die Produktionsprozesse in den USA anzeigen lassen kann. Es können Daten über die Tätigkeit des Roboters, den Weg des Werkstücks durch die Produktion, die Beleuchtung und das Raumklima in der Fabrik, die Tätigkeit der Fachkraft und auch Informationen über Gefahrgüter angezeigt und miteinander in Verbindung gebracht werden. Ebenso ließe sich anhand der Software die Höhe des Arbeitstisches, die Beleuchtung und das Raumklima automatisch an die physischen Bedarfe der Fachkraft anpassen (personenbezogene digitale Ergonomie).

Während des Produktionsprozesses werden neben Sach-, Material- und Auftragsdaten auch Daten über Ort, Zeit und Ergebnis der Tätigkeit des arbeitenden Menschen gesammelt. Hierzu gehören i. d. R. auch personenbezogene Daten. Um eine sichere und gesunde Arbeit 4.0 zu ermöglichen, bedarf es daher betriebsspezifischer Regelungen oder ggf. Anpassungen des Datenschutzes der im Betrieb beteiligten Personen und der mit dem Betrieb assoziierten Akteure (Kunden, Lieferanten oder Hersteller). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Daten den Betrieb verlassen und zu Herstellern, Kunden oder Lieferanten gelangen. Maßnahmen für den Datenschutz nehmen daher an Relevanz zu. Zusammenfassend können sich folgende Änderungen für die Führungskräfte durch die neuen Technologien ergeben:[2]

  • Arbeitsmittel und Prozesse können auf der Basis detaillierterer Informationen über CPS vernetzt und gesteuert werden.
  • Relevanz des Datenschutzes und Bedeutung des (vertrauensvollen) Umgangs mit personenbezogenen Daten steigt.
  • Führen auf Distanz (orts- und zeitunabhängig): erfordert ein neues Verhältnis zu den Beschäftigten ("Loslassen", Vertrauen); erfordert neue Formen der Kommunikation und Kooperation (z. B. situationsangemessene Kommunikationskanäle; Sicherstellen persönlicher Treffen).
  • Umgang mit neuen Formen der (Leistungs-)Kontrolle und Beteiligung durch die erhöhte Verfügbarkeit von Daten über Beschäftigte und Arbeitsprozesse.
  • Schnellere Entscheidungen, durch Verfügbarkeit einer umfassenderen Datengrundlage und der Möglichkeit einer zeit- und ortsunabhängigen Kommunikation/Absprache zwischen Führungskräften in Echtzeit.
  • Vermehrte Übertragung von Aufgaben und Verantwortung auf Beschäftigte.
  • Führungskräfte müssen festlegen, welche Entscheidungen nach welchen Kriterien zukünftig von Software 4.0 und welche von Führungskräften und Beschäftigten getroffen werden sollen (Rolle des Menschen, Funktion des Führens, Verantwortung).
  • Berücksichtigung von Gesundheit bei der Gestaltung digitaler Prozesse (z. B. Sicherstellung von Handlungskompetenz und angemessenen Gestaltungsspielräumen, Ergonomie).

Des Weiteren stellt sich nun die Frage, welches Führungsverhalten in 4.0-Unternehmen demnach besonders geeignet ist, um mit den neuen Technologien gesund und produktiv die Ziele des Unternehmens zu erreichen? Bezogen auf die 2 Dimensionen von Führung (aufgabenbezogene und mitarbeiterbezogene) ist anzunehmen, dass die Bedeutsamkeit der mitarbeiterbezogenen Führung steigen wird. Grund ist, dass die neuen Technologien Führungskräfte von Routineaufgaben entlasten können. Software 4.0 kann zudem nach vorab festzulegenden Kriterien Entscheidungen treffen, Anlagen in Betrieb setzen (z. B. selbstfahrende Fahrzeuge, gesteuerte Arbeitsmittel und Prozesse) und in Interaktion mit Menschen treten.

Im Unterschied zum menschlichen Handeln kann Software 4.0 jedoch nicht reflexiv und emotional "handeln". Dies bedeutet, dass Software 4.0 die eigene Funktionsweise (die programmierten Algorithmen) nicht kritisch hinterfragen und auch ke...

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