Zusammenfassung

 
Überblick

Obwohl die Vorgaben zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) bereits seit 2004 in Kraft sind, bereitet vielen Unternehmen und Institutionen die konkrete Umsetzung der Anforderungen des § 167 Abs. 2 SGB IX Probleme. Die Ziele im BEM, wie Überwindung der Arbeitsunfähigkeit, strukturierte Unterstützung der Wiedereingliederung usw., können häufig nicht vollständig erreicht werden. Eine fundierte Situationsanalyse bildet eine wesentliche Basis für eine erfolgreiche und nachhaltige Wiedereingliederung, die einem BEM gerecht wird, das individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll. Die Situationsanalyse liefert in Verbindung mit dem Vergleich zwischen Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes und dem Fähigkeitsprofil des BEM-Betroffenen die Basis für eine zielgerichtete Planung von Maßnahmen im betrieblichen Umfeld des Beschäftigten.[1] Häufig erfolgt die Situationsanalyse in der betrieblichen Praxis nur oberflächlich und bewirkt dadurch unzureichende und wenig nachhaltige BEM-Maßnahmen. Dieser Beitrag stellt handlungsorientiert die Möglichkeiten zur Umsetzung der Anforderungen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) und insbesondere zur Situationsanalyse dar. Es wird dargestellt, wie eine systematische Analyse der Situation durchgeführt, welche Hilfsmittel dafür genutzt und wie daraus geeignete Maßnahmen zur Wiedereingliederung gefunden werden können. Konkrete Fallbeispiele veranschaulichen die Darstellung. Zentral sind Arbeitsgestaltungsmaßnahmen im betrieblichen Umfeld.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Im Jahr 2004 wurde das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) in § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX aufgenommen. Mit Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes ist das BEM seit dem 1.1.2018 in § 167 Abs. 2 SGB IX geregelt.

[1] Im Rahmen der Situationsanalyse sind alle Potenziale zu überprüfen, die dazu beitragen könnten, die Ziele des § 84 Abs. 2 SGB IX zu erreichen. Darüber hinaus ist die aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen: BAG, Urteil v. 12.7.2007, 2 AZR 716/06: Gestaltung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes, BAG Urteil v. 23.4.2008, 2 AZR 1012/06: Freimachen von Arbeitsplätzen durch Umsetzungen, BAG Urteil v. 10.12.2009, 2 AZR 400/08: Anforderungen an ein betriebliches Eingliederungsmanagement.

1 Einordnung der Situationsanalyse in den BEM-Gesamtprozess

Das BEM als komplexes Verfahren untergliedert sich grundsätzlich in (vgl. Abb. 1):

  • fallbezogene Prozesse (I.)
  • dazugehörige Dokumentation im Einzelfall (II.) und darüber hinausgehende
  • begleitende Prozesse (III.).

Abb. 1: Struktur der Prozesse im BEM

Fallbezogene Prozesse beziehen sich stets auf den jeweiligen BEM-Einzelfall und umfassen, systematisch durchstrukturiert, alle zu durchlaufenden Schritte von der Einleitung, über die Situationsanalyse bis hin zum Abschluss des BEM-Verfahrens auf einem einheitlich hohen Qualitätsniveau. Ziel ist die Schaffung von Arbeitsbedingungen, die es den Betroffenen ermöglicht, dauerhaft im Arbeitsleben zu bleiben.

Die Dokumentation dient der transparenten Nachvollziehbarkeit aller BEM-Prozesse und ist für deren effektive und rechtssichere Durchführung und die Bildung von Vertrauen bedeutsam.

Die begleitenden Prozesse regeln die betrieblichen Rahmenbedingungen, Strukturen und Abläufe. Ebenso berücksichtigen sie überbetriebliche Bedingungen, die mit dem BEM in Verbindung stehen.

Das wesentliche Ziel des BEM ist es, die Beschäftigungsfähigkeit der Betroffenen am bisherigen oder an einem anderen Arbeitsplatz dauerhaft zu sichern.

2 Aspekte und Instrumente der Situationsanalyse

Die systematische Situationsanalyse soll klären, welche Bedingungen die Arbeitsunfähigkeit bzw. eine positive Wiedereingliederung der Betroffenen beeinflussen und wie diese durch das Unternehmen bzw. die Organisation verändert werden.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Situationsanalyse ist mit Zustimmung des Betroffenen abzuklären, ob Belastungsfaktoren in seiner privaten Situation vorhanden und welche Unterstützungsmöglichkeiten aus seiner Sicht sinnvoll sind.

Zentrale Qualitätskriterien im BEM sind die Förderung der Eigeninitiative des Betroffenen, seine Beteiligung und Selbstbestimmung im gesamten BEM-Prozess. Er ist der "Herr des Verfahrens".

"Ein betriebliches Eingliederungsmanagement ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Wiedereingliederung des Betroffenen in den Arbeitsprozess kann nur mit Aussicht auf Erfolg gelingen, wenn der Betroffene dies selbst will und sich aktiv in den Klärungsprozess einbringt."[1]

Die Situationsanalyse ist nicht als einmaliger Akt zu verstehen, sondern sie ist ein fortlaufender Prozess, in dem zunächst ein Status ermittelt wird, auf dessen Basis Maßnahmen entwickelt werden. Ergeben sich aber neue fallbezogene Informationen und Erkenntnisse, so sind diese aufzunehmen, zu analysieren, zu bewerten und bei der Planung der Maßnahmen der betrieblichen Eingliederung zu berücksichtigen.

Abb. 2 zeigt die verschiedenen Aspekte der Situationsanalyse auf, die sowohl das betriebliche als auch das private Umfeld ber...

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