Leitwerte sind hygienisch begründete Beurteilungswerte, die auf Basis von praktischen Erfahrungen festgelegt werden. Zurzeit gibt es Leitwerte für Kohlendioxid (CO2)[1], Kohlenmonoxid (CO), die Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (TVOC; total volatile organic compounds)[2] und lungengängigen Feinstaub (Particulate Matter; PM2,5). Vor dem Hintergrund einer hygienischen Beurteilung wird angenommen, dass mit steigender Konzentration die Wahrscheinlichkeit für gesundheitliche Beschwerden (z. B. Kopfschmerzen) zunimmt. Leitwerte können daher für eine erste allgemeine Einschätzung der Gesamtsituation genutzt werden, um ggf. anschließend mit einer Einzelstoffbetrachtung und Quellensuche fortzufahren. Grundsätzlich lassen Leitwerte keine Beurteilung der gesundheitlichen Gefährdung zu. So konnte beispielsweise bei Raumluftuntersuchungen in öffentlichen Gebäuden in Schleswig-Holstein kein Zusammenhang zwischen der Auftretenshäufigkeit von Gesundheitsbeschwerden in Abhängigkeit von der Höhe des TVOC-Wertes gefunden werden.[3]

Auch der CO2-Gehalt der Luft wird häufig als Bewertungsgröße herangezogen. Bei Überschreiten einer Konzentration von 1.000 ppm soll, bei mehr als 2.000 ppm muss gelüftet werden. Häufig werden erhöhte CO2-Werte mit gesundheitlichen Effekten in Verbindung gebracht, wie z. B. Ermüdung, Kopfschmerzen und insbesondere in Schulen mit einer Verschlechterung der Leistungsfähigkeit. Studien zeigen jedoch, dass eine Ermüdung aufgrund des CO2-Gehaltes erst ab 10.000 ppm einsetzt und eine Beeinträchtigung der Denkleistung erst bei über 20.000 ppm. Bei einer kurzzeitigen Exposition (15 Min.) gegenüber 10.000 ppm sinkt der Blut-pH Wert um 0,04 Einheiten. Obwohl damit die untere Grenze des Normbereichs von 7,35 nicht unterschritten wird, war diese physiologisch messbare Veränderung ausschlaggebend für die Festlegung des AGW auf 5.000 ppm Kohlendioxid mit der Kurzzeitwert-Kategorie II und einem Überschreitungsfaktor von 2.[4]

Gesundheitliche Effekte bei CO2-Gehalten zwischen 1.000 und 3.000 ppm als Folge unzureichenden Lüftens sind eigentlich auf die gleichzeitig vorhandenen schlechten raumklimatischen Bedingungen (z. B. hohe Temperatur) und Innenraumschadstoffe zurückzuführen.[5] Eine verlässliche Aussage über eine gesundheitliche Gefährdung aufgrund einer schlechten Raumluftqualität wäre nur mit einer Messung von VOCs (flüchtige organische Verbindungen) oder Schimmelpilzsporen möglich. Da solche Messungen aufwendig und kostenintensiv sind, wird stattdessen i. d. R. nur das einfach zu bestimmende CO2 gemessen.

Die Hauptquelle für CO2 im Innenraum ist der Mensch, d. h. seine Atmung. Außerdem ist der Mensch eine Quelle für Innenraumschadstoffe und Geruchsstoffe aufgrund seiner Körperausdünstungen, der Kleidung und der Verwendung von Pflege- und Kosmetikprodukten.[6] Eine schon ältere Studie kommt zu dem Schluss, dass der Mensch im Schnitt 14,8 mg flüchtige organische Substanzen pro Stunde freisetzt, darunter auch Stoffe wie Aceton, Acetaldehyd, Essigsäure oder Phenol in relevanten Mengen.[7] Bei mangelnder Frischluftzufuhr entsteht dann der Eindruck von "schlechter, verbrauchter Luft". Doch selbst unter ungünstigen Bedingungen, d. h. bei geringen Luftwechselraten, werden keine toxisch relevanten CO2-Konzentrationen erreicht. In Räumen, in denen das Rauchen nicht erlaubt ist und Verunreinigungen hauptsächlich durch den menschlichen Stoffwechsel verursacht werden, ist die CO2-Konzentrationen ein brauchbarer Indikator für die Raumluftqualität bzw. ein Maß für die Effektivität der Raumlüftung.

 
Achtung

Winter im Büro

Gerade in den Wintermonaten klagen Beschäftigte in Büroräumen über gesundheitliche Beschwerden, die sie auf zu trockene Luft zurückführen. Häufig wird eine technische Luftbefeuchtung gefordert. Informationen in den Medien oder im Internet zum Thema Luftfeuchtigkeit im Büro sind oft irreführend oder manchmal sogar falsch!

Üblicherweise ist eine Befeuchtung der Raumluft nicht erforderlich. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass trockene Luft im Allgemeinen nicht zu gesundheitlichen Problemen führt. Bei geringer Luftfeuchte bleibt jedoch der Staub länger in der Luft und es kann statische Aufladungen geben. Ein unterer Richtwert für die relative Luftfeuchte lässt sich aus medizinischer Sicht nicht begründen. Wird die Luft in Büroräumen befeuchtet, sollte die relative Luftfeuchte auf mindestens 40 % reguliert werden, um elektrostatische Aufladungen zu vermeiden. Die spürbaren Effekte einer Luftbefeuchtung auf die Gesundheit sind eher gering und gegen die Nachteile (Anschaffungs- und Betriebskosten, Wartungsaufwand, Reinigung, mögliche Schimmelbildung, etc.) abzuwägen.

Das Portal "Luftbefeuchtung" der BG ETEM gibt hilfreiche Tipps und Sachinformationen (Webcode 16748673).

[1] Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der IRK/AOLG (2008): Gesundheitliche Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft, Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 51:1358-1369. doi: 10.1007/s00103-008-0707-2, www.u...

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