In abwassertechnischen Anlagen besteht an vielen Stellen die Gefahr des Ertrinkens, z. B. an allen Arten von Becken, stark wasserführenden Kanälen, an Vorflutern usw. Die Durchführungsanweisungen zu § 9 DGUV-V 21 geht davon aus, dass bei Arbeiten an Becken mit einer Wassertiefe ab 1,35 m Ertrinkungsgefahr besteht.

 
Achtung

Gefährdungsbeurteilung

Bei einer Gefährdungsbeurteilung vor Ort sollten Sie grundsätzlich 2 verschiedene Gefahrenlagen berücksichtigen:

  • den Sturz eines Beschäftigten in ein Becken o. Ä., wobei er sich zumindest kurzzeitig schwimmend über Wasser halten bzw. retten muss,
  • den Sturz eines möglicherweise reaktionsunfähigen Unfallopfers.

Nur im ersten Fall kann die Angabe einer Wassertiefe als Grenzwert einer Gefährdung sinnvoll sein. Außerdem kommen besondere Gefahrenmomente hinzu (s. u.). Statt sich an die Werte aus den Vorschriften zu klammern, sollte vor Ort festgelegt werden, in welchen Arbeitssituationen welche Schutzmaßnahmen gegen Ertrinken greifen bzw. eingehalten werden müssen. Als Gefährdungsfaktoren müssen dabei berücksichtigt werden:

  • Wassertiefe,
  • Möglichkeit zur Selbstrettung (Gewicht von Kleidung und Ausrüstung berücksichtigen),
  • Verletzungsgefahr (bei Arbeiten am Wasser oder durch Einbauten/Anlagen im Wasser),
  • Strömung, Strudelbildung, Wellen- oder Wasserschlag, fehlender Auftrieb (in belüfteten Becken),
  • schwallartiger Anstieg des Wasserstandes bei Starkregen in Niederschlagswasserkanälen/-becken,
  • Rettungsmöglichkeiten (z. B. Anwesenheit von Kollegen, Möglichkeiten zur Selbst- oder Fremdrettung).

Wie immer sollten zunächst technisch-bauliche bzw. organisatorische Maßnahmen und erst danach persönliche Schutzmaßnahmen in Form von PSA ergriffen werden. Dabei rangieren Maßnahmen gegen Absturz (der Einsatz von Halte- bzw. Rettungsgeschirren) vor dem Einsatz von Auftriebsmitteln wie Rettungskragen oder -westen. Daraus ergibt sich beispielhaft folgender Maßnahmenkatalog:

  • Vermeiden von Arbeiten mit Gefahr des Ertrinkens durch entsprechende Berücksichtigung bei Planung und Bau, Fernsteuerung, Automatisierung u. Ä.,
  • Verbot von Arbeiten mit Gefahr des Ertrinkens bei besonderen Gefahrenmomenten (z. B. Starkregen, nach Abschn. 4.10 DGUV-R 103-003),
  • fest angebrachte Absturzsicherungen, z. B. Geländer, Umwehrungen (nach § 6 Abs. 1 und § 33 DGUV-V 21),
  • Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz bzw. zum Halten und Retten (Sicherheitsgeschirre) (nach § 33 DGUV-V 21),
  • Persönliche Schutzausrüstung gegen Ertrinken (Rettungskragen oder -westen, nach § 33 DGUV-V 21),
  • vorschriftsmäßige Notausstiege aus Becken (Schwimmstrecken nicht über 15 m, nach § 9 DGUV-V 21), Halteeinrichtungen in Becken, in denen Schwimmen nicht möglich ist (z. B. belüftete Sandfänge, § 12 DGUV-V 21),
  • organisatorische Maßnahmen (Verbot von Alleinarbeit, Sicherheitswache …).

Beim Einsatz von Rettungswesten ist DGUV-R 112-201 "Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Ertrinken" zu berücksichtigen. Außerdem wird in den Unfallverhütungsvorschriften ausdrücklich auf die diesbezüglichen Regelungen der Schifffahrts-BGen verwiesen. Kurz gefasst verlangt der Einsatz von Rettungskragen oder -westen:

  • die Auswahl von Produkten, die für den professionellen Einsatz geeignet sind und einen ausreichend großen Auftrieb und guten Tragekomfort haben,
  • eine Betriebsanweisung für den Gebrauch,
  • jährliche Unterweisung und Übung,
  • regelmäßige Überprüfung, d. h. mind. jährlich bzw. nach Herstellerangaben.

     
    Wichtig

    Automatische Rettungswesten regelmäßig prüfen lassen

    Automatische Rettungswesten kommen in abwassertechnischen Anlagen i. d. R. nur selten zum Einsatz. Es sind aber technisch anspruchsvolle Produkte, die regelmäßig vom Fachmann auf Materialzustand und Auslösefunktion überprüft werden müssen (i. d. R. alle 2 Jahre Prüfung durch Hersteller bzw. zugelassene Prüfstelle bei einer Gesamteinsatzdauer von max. 10 Jahren).

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