Weder der Gesetzgeber noch die Unfallversicherungsträger weisen den betrieblichen Führungskräften Aufgaben zu, die über die jedes Mitarbeiters hinausgehen.[1] Adressat der öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften ist der Arbeitgeber bzw. Unternehmer. Durch die Pflichtenübertragung übernehmen die Führungskräfte jedoch Aufgaben und sind für die eigenverantwortliche Umsetzung verantwortlich. Dies entspricht dem Vorgehen bei anderen Führungsaufgaben. Das heißt, aus der Sicht der Unternehmensführung ist das Managen des Arbeitsschutzes eine Führungsaufgabe, wie alle anderen auch.

Aus rechtlicher Sicht hat die Pflichtenübertragung zur Folge, dass die beauftragten Führungskräfte neben dem Unternehmer für die Erfüllung der übertragenen Arbeitsschutzpflichten verantwortlich sind – auch gegenüber den staatlichen Arbeitsschutzbehörden. Ihre Verantwortung ist allerdings beschränkt auf die nachweislich übertragenen Aufgaben und Befugnisse. Erforderlich ist dabei, dass den Führungskräften auch die zum Managen des Arbeitsschutzes erforderlichen

  • Handlungskompetenzen,
  • organisatorischen, personellen und finanziellen Entscheidungsbefugnisse und
  • Weisungsbefugnisse

eingeräumt werden (die Juristen sprechen von der erforderlichen Kongruenz von Aufgabe und Befugnis). Die Pflichtenübertragung muss schriftlich erfolgen und eine genaue Bezeichnung der übertragenen Aufgaben und Befugnisse beinhalten.

Beauftragt der Unternehmer die Führungskräfte mit dem Managen des Arbeitsschutzes, muss er mit einer gewissen Zurückhaltung rechnen. Durch einen Verweis auf andere Führungsaufgaben, die Darlegung der Hintergründe, das Aufzeigen der Befugnisse sowie die Unterstützung durch Information, Schulung und eigenes Vorleben lassen sich die Bedenken und Vorbehalte aber i. d. R. beseitigen. Wenn dies gelingt, trägt ein gelebtes Managen des Arbeitsschutzes durch die Führungskräfte erheblich zur Steigerung der Relevanz des Arbeitsschutzes sowie zu dessen Umsetzung bei. Denn die Führungskräfte sorgen nun in ihrem eigenen Interesse dafür, dass der Arbeitsschutz in ihrem Zuständigkeitsbereich wirklich umgesetzt, gelebt und nicht länger als Spielfeld von einigen wenigen im Betrieb betrachtet wird.

Die Beauftragten im Arbeitsschutz (z. B. Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte, Sicherheitsbeauftragte) haben keine Verantwortung für die Umsetzung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen. Ihre gesetzliche Aufgabe beschränkt sich auf die Beratung und Unterstützung der mit der Umsetzung beauftragten Personen (für die Richtigkeit der Beratung sind sie selbstverständlich verantwortlich). Anders ist es, wenn der Unternehmer den Beauftragten im Arbeitsschutz definierte Aufgaben (z. B. Erstunterweisung neuer Mitarbeiter) zur eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, d. h., ihm obliegende Pflichten gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG an sie delegiert. In diesem Fall tragen sie die gleiche Verantwortung wie die Führungskräfte.

In vielen Unternehmen sind die Zuständigkeiten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten nicht ausdrücklich, eindeutig oder nachweisbar geregelt. Dann ist die Abgrenzung der Zuständigkeiten und damit auch der Haftbarkeit sehr schwierig. So lässt sich zwar grundsätzlich jede Führungstätigkeit (z. B. auch die eines Werkstattmeisters oder Vorarbeiters auf Montage) mit den dazugehörigen Aufgaben im Arbeitsschutz verknüpfen. Wenn der Betroffene darüber aber nicht aufgeklärt wurde, wird er zu Recht geltend machen können, dass er keine Pflichten wahrnehmen konnte, die für ihn nicht erkennbar waren. Das Organisationsverschulden bleibt so i. d. R. beim nächst höheren Unternehmer bzw. Arbeitgeber hängen.

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