Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) muss der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen ermitteln, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Die Beurteilung der Gefährdungen ist die Voraussetzung für das Ergreifen von wirksamen und betriebsbezogenen Arbeitsschutzmaßnahmen. Welche konkreten Schutzmaßnahmen im Betrieb erforderlich sind, muss durch eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen festgestellt werden. Die Gefährdungsbeurteilung ist auch die Grundlage für die Festlegung der Rangfolge der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen (TOP = Technisch – Organisatorisch – Persönlich).

Die Gefährdungsbeurteilung besteht aus einer systematischen Feststellung und Bewertung von relevanten Gefährdungen und der Ableitung entsprechender Maßnahmen. Die aus der Gefährdungsbeurteilung resultierenden Maßnahmen müssen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und an sich ändernde Gegebenheiten angepasst werden.

1.2.1 Methoden der Gefährdungsbeurteilung

Spezielle Methoden oder Mittel zur Gefährdungsbeurteilung sind nicht vorgeschrieben. Einfache Methoden zur Feststellung von Gefährdungen sind z. B. Arbeitsplatzbegehungen, Auswertungen von Beinaheunfällen und Unfallereignissen.

Handelt es sich um Tätigkeiten oder Arbeitsplätze mit einem hohen oder komplexen Gefährdungspotenzial (z. B. Arbeiten auf hochgelegenen Arbeitsplätzen, Sprengarbeiten, Arbeiten in Kanalisationsanlagen, Feuerarbeiten in brand- und explosionsgefährdeten Bereichen) ist eine umfangreichere Gefährdungsbeurteilung erforderlich.

Bei nicht stationären Betrieben (z. B. Baustellen) ist es i. d. R. nicht ausreichend, nur eine einzige Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Hier unterscheiden sich die Arbeitsbedingungen (z. B. durch wechselnde Gegebenheiten oder unterschiedliche Arbeitsabläufe), sodass die Gefährdungen sehr unterschiedlich sein können. Daher muss die Anwendbarkeit auf den neuen Arbeitsbereich von Fall zu Fall geprüft werden. Gegebenenfalls muss die Gefährdungsbeurteilung an die sich verändernden Bedingungen angepasst werden. Ergänzungen oder Anpassungen können auch vor Ort vorgenommen werden, z. B. durch den Bauleiter.

1.2.2 Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung

Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung bieten die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und die Betriebsärzte. Zur Beratung kann aber auch der zuständige Unfallversicherungsträger oder die staatliche Arbeitsschutzbehörde hinzugezogen werden.

1.2.3 Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

Eine sinnvolle Gefährdungsbeurteilung ist ein kreativer Prozess, der nicht durch Formalismus erstickt werden darf. Der Arbeitgeber verfügt normalerweise nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um Gefährdungsbeurteilungen selbst durchführen zu können und sollte sich durch die o. g. Partner beraten lassen.

Für Kleinbetriebe bieten einige Berufsgenossenschaften das Unternehmermodell an. Im Rahmen dieses Modells werden Arbeitgeber so geschult, dass sie die Gefährdungsbeurteilungen selbst durchführen und die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen ermitteln können.

Die Gefährdungsbeurteilung sollte, nach den unterschiedlichen Arbeitsbereichen und Gefährdungsarten gegliedert, durchgeführt und dokumentiert werden.

Die Gefährdungsbeurteilung kann

  • tätigkeitsbezogen (z. B. für Gerüstbauarbeiten),
  • arbeitsplatzbezogen (z. B. für den Bildschirmarbeitsplatz),
  • arbeitsmittelbezogen (z. B. für die Drehmaschine) oder
  • personenbezogen (z. B. für Jugendliche)

erstellt werden.

In den meisten Fällen werden Mischvarianten erforderlich sein, je nachdem wo der Gefahrenschwerpunkt liegt.

1.2.4 Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung

Mögliche Anlässe für eine Überprüfung der vorhandenen Gefährdungsbeurteilung ergeben sich z. B. bei:

  • Neu- oder Umbau von Betriebsanlagen und Einrichtungen,
  • Beschaffung oder Umrüstung technischer Arbeitsmittel (z. B. Werkzeuge, Maschinen),
  • Einführung von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen,
  • Einführung oder wesentlichen Änderungen von Arbeitsverfahren und -abläufen,
  • Änderungen der Mitarbeiterstruktur,
  • Arbeitsunfällen oder Beinaheunfällen,
  • Verdacht auf Berufskrankheiten oder auf arbeitsbedingte Verursachung von Erkrankungen,
  • Änderung der Vorschriften.

In einer Vielzahl von Fällen wird es nur gelegentlich notwendig, die vorhandene Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen. In manchen Bereichen wird hingegen eine regelmäßige Prüfung unumgänglich sein, z. B. im Baugewerbe auf Baustellen. Hier können sich erfahrungsgemäß häufiger wesentliche Änderungen ergeben, z. B. beim Einsatz von Arbeitsmitteln oder veränderten Arbeitsabläufen. In solchen Fällen ist eine Überprüfung der vorhandenen Gefährdungsermittlung erforderlich. Entsprechend den Ergebnissen der Beurteilung muss ggf. eine Anpassung der Arbeitsschutzmaßnahmen erfolgen.

1.2.5 Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung

Nach § 6 Abs. 1 ArbSchG ist eine Dokumentation verpflichtend für alle Betriebe - unabhängig von ihrer Größe.

Die Erfüllung der Dokumentationspflicht ist nicht nur ein formaler Vorgang. Sie dient auch der Rechtssicherheit des Arbeitgebers bzw. seiner verantwortlichen Personen. Im Schadensfall kann anhand der Dokumentation nachgewiesen werden, dass der Arbeitgeber grundlegenden Arbeitsschutzpflichten nachgekommen ist, insbesondere der Pflic...

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