(1) Beim Umgang mit benutzten medizinischen Instrumenten und Geräten sind Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verletzungs- und Infektionsgefahr der Beschäftigten minimieren.

Dabei ist ein integrierter Ansatz zur Minimierung des Risikos von Nadelstichverletzungen (NSV) unter Ausschöpfung aller technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen notwendig. Dies schließt Fragen der Arbeitsorganisation und die Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins sowie das Verfahren für die Erfassung von NSV und die Durchführung von Folgemaßnahmen mit ein.

 

(2) Der Arbeitgeber hat fachlich geeignetes Personal in ausreichender Anzahl einzusetzen, um Stich- und Schnittverletzungen, z.B. durch Fehlbedienung aufgrund von Hektik, zu vermeiden.

Weiterhin sind Schutzmaßnahmen entsprechend der in den folgenden Absätzen beschriebenen Kriterien festzulegen.

 

(3) Vorrangig sind solche geeigneten und sicheren Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel auszuwählen, die den Einsatz spitzer und scharfer medizinischer Instrumente überflüssig machen. Dies sind z.B.:

  • Nadelfreie Infusionssysteme mit Rückschlagventil zur Konnektion mit Venenzugängen für das Zuspritzen von Medikamenten und für die Blutentnahme,
  • Kunststoffkanülen für nadelfreies Aufziehen von Körperflüssigkeiten,
  • Stumpfe Kanülen zum Spülen von Wurzelkanälen in der Endodontie,
  • Stumpfe Rundkörper-Nadeln zum Nähen weniger dichter innerer Bindegewebe/Faszien/Muskeln.
 

(4) Ist der Einsatz spitzer und scharfer medizinischer Instrumente notwendig, sind Arbeitsgeräte mit Sicherheitsmechanismen (im Folgenden "Sicherheitsgeräte") unter Maßgabe der folgenden Ziffern 1 bis 7 zu verwenden, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht, soweit dies zur Vermeidung einer Infektionsgefährdung erforderlich und technisch möglich ist.

 

1.

Sicherheitsgeräte sind bei folgenden Tätigkeiten aufgrund erhöhter Infektionsgefährdung oder Unfallgefahr einzusetzen:

  • Behandlung und Versorgung von Patienten, die nachgewiesenermaßen durch Erreger der Risikogruppe 3 (einschließlich 3**) oder höher infiziert sind,
  • Behandlung fremdgefährdender Patienten,
  • Tätigkeiten im Rettungsdienst und in der Notfallaufnahme,
  • Tätigkeiten in Krankenhäusern bzw. -stationen im Justizvollzug,
  • Blutentnahmen,
  • sonstige Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten,
  • Legen von Gefäßzugängen.
 

2.

Bei allen sonstigen nicht unter die Ziffer 1 fallenden Tätigkeiten hat der Arbeitgeber in der Gefährdungsbeurteilung das Unfallrisiko und das Infektionsrisiko zu bewerten und angemessene Maßnahmen zu treffen.

Hinweis: Es ist zu vermeiden, in einem Arbeitsbereich für vergleichbare Tätigkeiten sowohl Sicherheitsgeräte als auch herkömmliche Instrumente einzusetzen. Dies könnte zu Fehlbedienungen führen.

 

3.

Sicherheitsgeräte zur Verhütung von Stich- und Schnittverletzungen müssen folgende Eigenschaften erfüllen:

  • Sie dürfen weder Patienten noch Beschäftigte gefährden.
  • Sie müssen einfach und anwendungsorientiert zu benutzen sein.
  • Der Sicherheitsmechanismus ist Bestandteil des Systems und kompatibel mit anderem Zubehör.
  • Die Aktivierung des Sicherheitsmechanismus muss:
  • selbstauslösend sein oder einhändig erfolgen können,
  • sofort nach Gebrauch möglich sein,
  • einen erneuten Gebrauch ausschließen und
  • durch ein deutliches Signal (fühlbar, sichtbar oder hörbar) gekennzeichnet sein.
 

4.

Die Auswahl der Sicherheitsgeräte hat anwendungsbezogen zu erfolgen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Handhabbarkeit und Akzeptanz durch die Beschäftigten.

Dabei hat der Arbeitgeber folgende Vorgehensweise zu berücksichtigen:

  • Einbeziehung der Anwender und der Arbeitnehmer-Vertreter;
  • Sammeln von Informationen über aktuell gehandelte Sicherheitsgeräte einschließlich allgemein vorhandener Erfahrungen beim Umgang mit Sicherheitsgeräten (siehe Anhang 4 "Erfahrungen beim Einsatz von Sicherheitsgeräten");
  • Auswahl vorzugsweise anhand praktischer Probeexemplare unter Einbeziehung der Anwender;
  • Evaluierung der Praxiserfahrungen aussichtsreicher Sicherheitsgeräte hausintern z.B. in einer Abteilung. Dabei bietet sich der begleitende Einsatz von Rückmelde-Bögen an (siehe Anhang 5 Beispiel für ein Muster "Interner Rücklaufbogen – Evaluierung Sicherheitsgeräte").
 

5.

Beim Umgang mit spitzen und scharfen Instrumenten müssen Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung mit dem Ziel gestaltet werden, dass ein ungestörtes unterbrechungsfreies und konzentriertes Arbeiten möglich ist.

 

6.

Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten die Sicherheitsgeräte richtig anwenden können. Dazu gehört auch ein Verfahren zur lückenlosen Erfassung und Analyse von NSV, um technische und organisatorische Unfallursachen erkennen und eine Abhilfe vornehmen zu können (siehe auch Anhang 6 Beispiel für einen "Erfassungs- und Analysebogen Nadelstichverletzung").

 

(5) Gebrauchte Kanülen dürfen nicht in die Kanülenabdeckung (Schutzkappe) zurückgesteckt werden. Sie dürfen auch nicht verbogen oder abgeknickt werden, es sei denn diese Manipulation dient der Aktivierung einer integrierten Schutzvorri...

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