In der Praxis sind oft intensive Anstrengungen von Unternehmensleitung, Mitarbeitern des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder anderen Initiatoren nötig, um effektive und passende Maßnahmen einzuführen, durchzusetzen und zu überwachen. Dabei ist es wichtig, die größtmögliche Akzeptanz der Maßnahmen durch Transparenz zu erreichen. Um dies zu gewährleisten, ist Überzeugungsarbeit und Ideenreichtum gefragt. Menschen wollen ihre Gewohnheiten beibehalten und für Verantwortliche von Gewinnoptimierung stellt sich immer wieder die Frage, welchen Mehrwert die Maßnahmen bringen. Sie kosten vor der Einführung meist Zeit, Geld und Personal und der Wert ist schwer messbar. Sind Maßnahmen dann beschlossen, benötigt man weiterhin Zeit, Personal und finanzielle Mittel, um sie zu überwachen und stets der aktuellen Lage anzupassen.

Unternehmen, die sinnvolle Präventionsmaßnahmen erarbeitet haben, haben erfahrungsgemäß deutlich weniger Probleme und können detailliert überdachte Maßnahmen einleiten, wenn Verdachtsfälle auftreten bzw. Mitarbeiter durch ärztlich verordnete Präparate nicht mehr ihrer angestammten Tätigkeit nachgehen können. Es gibt eine Strategie für solche Fälle, die sich mittel- oder langfristig auszahlt. Viele Unternehmen haben gewisse präventive Schutzmaßnahmen vorgesehen. Diese sind aber selten der aktuellen Lage, also dem Substanzmissbrauch, angepasst. Deshalb sollte man überlegen, ob es nicht Sinn macht, bestehende Konzepte zu überarbeiten oder komplett neue Präventionsstrategien zu kreieren, die den aktuellen Entwicklungen Rechnung tragen.

9.1 Gespräche als Maßnahmen

Die Chance, durch Stufengespräche zu handeln, die Arbeitssicherheit zu erhalten, Hilfsangebote zu bieten und den Absturz in eine Suchterkrankung zu verhindern, wurde bereits erläutert. Konsequentes Handeln beim Verdacht der Gefährdung der Arbeitssicherheit wirkt sich auch präventiv auf die übrige Belegschaft aus. Stufengespräche sind ein effektives Mittel, sowohl aus Fürsorge- als auch aus arbeitsrechtlichen Überlegungen heraus.

9.1.1 Fürsorgegespräch

Anlass sind persönliche, soziale oder gesundheitliche Probleme am Arbeitsplatz, die erkennbar werden und bei Fortsetzung Arbeitspflichtverletzungen erwarten lassen. Der direkte Vorgesetzte führt ein vertrauliches Gespräch mit dem Mitarbeiter. Das Gespräch zielt auf Verbesserung einer abstrakten oder konkreten Verdachtslage und v. a. auf das Anbieten von Hilfsangeboten (falls nötig).

9.1.2 Klärungsgespräch

Anlass sind wiederholte Pflichtverletzungen, wobei nicht klar ist, ob die Auffälligkeiten durch Medikamente, Drogen oder durch andere Gründe entstanden sind. Das Gespräch wird geführt, um neben fürsorgerischen Aspekten auch eine positive Veränderung des Mitarbeiterverhaltens zu erreichen. Eine Gesprächsnotiz über Anlass und Zielvereinbarung wird dem Mitarbeiter ausgehändigt.

9.1.3 Stufengespräche

Voraussetzung für diese Gesprächsart sind arbeitsvertragliche oder dienstrechtliche Pflichtverletzungen, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf Substanzkonsum oder nicht stoffgebundenes Problemverhalten zurückzuführen sind. In mehreren Mitarbeitergesprächen soll auf die zukünftige Pflichterfüllung im Rahmen der Vertragsbedingungen hingearbeitet werden. Hier sollen sich Hilfsangebote und Sanktionen ergänzen. In einem Stufenplan wird der jeweilige Gesprächsinhalt dokumentiert.[1]

[1] Wimmer: Drogen- und Substanzmissbrauch im Unternehmen, BOORBERG Verlag, Stuttgart 2018.

9.2 Wie kann man Präventionsprogramme einführen, umsetzen oder überarbeiten?

In die Prävention sollten möglichst alle in einem Unternehmen eingebunden sein. Der Anstoß kommt in der Praxis in erster Linie von Unternehmensleitungen oder dem BGM. Um die größtmögliche Akzeptanz zu erreichen, sollten die Maßnahmen geeignet sein, Drogen- und Medikamenteneinfluss auf die Arbeitssicherheit zu verhüten. Gleichzeitig sollten sie zur Firmenphilosophie passen, die Arbeitsabläufe nicht unnötig behindern und transparent die Möglichkeiten aufzeigen, die bestehen, wenn ein Mitarbeiter durch ärztliche Behandlung nicht im gewohnten Bereich arbeiten kann. Die unterschiedlichen Aufgabenbereiche und Kompetenzen in einem Unternehmen spielen auch bei der Schaffung von Präventionskonzepten eine Rolle. Sie zu beachten ist wichtig, um den erarbeiteten Konzepten die nötige Effektivität zu geben und die erforderliche Akzeptanz zu schaffen. Deshalb sind nachfolgend die Rollen und Verantwortungen der einzelnen Beteiligten bei der Präventionsarbeit beschrieben.

9.2.1 Unternehmensleitung

Von der Unternehmensleitung kann der Anstoß kommen, ein Gremium aus allen Unternehmensbereichen zu bilden, um ein verbindliches Präventionskonzept zu erarbeiten oder ein bestehendes zu überarbeiten. Hier gibt es die Möglichkeit, einzelne Aufgabenbereiche zu delegieren. Sofern eine eigenständige Abteilung BGM vorhanden ist, könnte von den dort beschäftigten Mitarbeitern, inklusive der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, des betriebsärztlichen Dienstes und der Betriebsräte, ein Konzept (weiter)entwickelt werden.

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