Es gibt standardisierte Fragebögen, mit deren Hilfe man feststellen kann, wie zufrieden Benutzer mit einem Softwaresystem sind. Normalerweise werden hier zu vorgegebenen Fragen durch den Benutzer Bewertungen auf vorgegebenen Skalen gemacht.

Das Problem bei solchen quantitativen Auswertungen ist jedoch immer, dass unklar ist, welcher konkrete Handlungsbedarf bei einem Softwaresystem besteht. Insofern sind diese Fragebögen für Hersteller sehr hilfreich (wer will schon unzufriedene Kunden?).

In der betrieblichen Praxis bei vorhandener Software stellt sich die Frage etwas anders. Grundsätzlich gibt es bei jedem Softwaresystem Usability-Probleme. Nicht alle müssen behoben werden. Es gibt Usability-Probleme, mit denen die Benutzer leben können, und solche, die nicht tolerierbar sind. Die Frage ist also nicht "Gibt es denn überhaupt Usability-Probleme?", sondern vielmehr:

  • Welche Usability-Probleme aus Benutzersicht liegen bei einem Softwaresystem vor?
  • Welche dieser Usability-Probleme werden aus Benutzersicht als sehr störend empfunden?

Für betriebliche Zwecke wurde bereits 2001 der Benutzerfragebogen "ErgoNorm" entwickelt. Dieser Fragebogen hat keine Skala, sondern fragt gezielt nach Usability-Problemen und ihrer Tolerierbarkeit durch den Benutzer. In Abb. 3 wird eine der Fragen des Benutzerfragebogens "ErgoNorm" beispielhaft dargestellt.

Abb. 3: Ausschnitt aus dem Benutzerfragebogen "ErgoNorm"[1]

Benutzerbefragungen mit dem ErgoNorm-Fragebogen sollten in Betrieben nach jeder Einführung einer neuen betrieblichen Software bzw. Veränderung des User Interfaces einer eingeführten betrieblichen Software ("neues Release") durchgeführt werden. Um bei einer Benutzerbefragung zu verallgemeinerbaren Aussagen über Handlungsbedarf zu kommen, sollten mindestens 25 Benutzer befragt werden oder bei Benutzergruppen kleiner 25 Benutzer eben alle Benutzer.

Sobald Usability-Probleme identifiziert werden, die bei einzelnen Mitarbeitern als "ich empfinde dies als sehr störend" eingeordnet werden, sollte analysiert werden, wie diese unter Zuhilfenahme des Softwareherstellers abgestellt werden können.

Eine Benutzerbefragung mit dem ErgoNorm-Fragebogen ist kostengünstig und kann hausintern ohne Weiteres durchgeführt werden. Die Durchführung kann im Rahmen einer Betriebsvereinbarung für den Umgang mit nicht-tolerierbaren Mängeln bei Softwaresystemen fest verankert werden und stellt ein pragmatisches Mittel zum Nachkommen der Arbeitgeberpflichten zur Einhaltung des Anhangs Nr. 6.5 der Arbeitsstättenverordnung dar.

[1] Deutsche Akkreditierungsstelle Technik (DAkkS): Leitfaden Usability, https://www.procontext.de/de/downloads/Leitfaden-Usability.pdf, S. 170–188.

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