Zum Herstellen und Sicherstellen des spannungsfreien Zustands sind immer die 5 Sicherheitsregeln nach Normenreihe DIN VDE 0105 zu beachten und möglichst in der angegebenen Reihenfolge einzuhalten. Von der Reihenfolge oder der Vollständigkeit darf abgewichen werden, sofern es dafür wichtige technische Gründe gibt, wie z. B. Arbeiten in Kabelanlagen.

6.1.1 Freischalten

  • Alle Teile der elektrischen Anlage, an denen gearbeitet werden soll, spannungsfrei schalten. Dabei alle Einspeisungen trennen.
  • Die Trennstrecken so gestalten, dass ein Überschlag zu den unter Spannung stehenden Anlagenteilen wirksam verhindert wird.
  • Teile der Anlage. die sich nach dem Freischalten nicht selbstständig entladen (z. B. Kondensatoren, Kabel), müssen mit geeigneten Entladevorrichtungen entladen werden.
  • Hat die für die Durchführung der Arbeiten verantwortliche oder die allein arbeitende Person nicht selbst freigeschaltet, muss sie die Bestätigung der Freischaltung vor Aufnahme der Arbeit abwarten.
  • Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festlegen, ob die Freischaltung zu dokumentieren ist.

6.1.2 Gegen Wiedereinschalten sichern

  • Betriebsmittel, mit denen die Freischaltung durchgeführt wurde, gegen Wiedereinschalten sichern. Gegebenenfalls durch ein Hinweisschild vor unbefugtem Betätigen warnen.
  • Die Sicherung gegen Wiedereinschalten vorzugsweise durch Sperren des Betätigungsmechanismus realisieren.
  • Wenn für die Betätigung der Schaltgeräte Hilfsenergie (z. B. Druckluft, Federkraft, Strom) erforderlich ist, muss diese unwirksam gemacht werden.
  • Werden zur Freischaltung Sicherungseinsätze entfernt, müssen diese vor unbefugtem Zugriff geschützt werden.
  • Wird die Sicherung gegen Wiedereinschalten mittels Fernsteuerung durchgeführt, muss gegen Einschalten auch vor Ort gesichert werden.

6.1.3 Spannungsfreiheit feststellen

  • Spannungsfreiheit direkt an der Arbeitsstelle oder in unmittelbarer Nähe dazu allpolig feststellen.
  • Spannungsprüfgeräte direkt vor dem Benutzen auf ihre Funktionssicherheit prüfen.
  • Wenn freigeschaltete Kabel an der Arbeitsstelle nicht eindeutig ermittelt werden können, müssen bewährte Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Dazu kann z. B. die Anwendung geeigneter Kabelschneidgeräte gehören.
  • Wenn bei Freileitungen mit Nennspannungen über 1 kV geerdet und kurzgeschlossen wird, muss zuvor die Spannungsfreiheit zusätzlich an allen Ausschaltstellen allpolig festgestellt werden.

6.1.4 Erden und Kurzschließen

  • In Hochspannungsanlagen und Niederspannungsanlagen müssen alle Teile, an denen gearbeitet werden soll, sichtbar an der Arbeitsstelle geerdet und kurzgeschlossen werden.
  • Zusätzlich müssen Freileitungen mit einer Nennspannung über 30 kV an jeder Ausschaltstelle und Freileitungen über 1 kV bis 30 kV mind. an einer Ausschaltstelle geerdet und kurzgeschlossen werden.
  • Immer zuerst eine Verbindung zur Erde und erst dann die Verbindung zu aktiven Teilen herstellen.
  • Transformatoren mit Nennspannung bis 1 kV sowohl an der Oberspannungs- als auch an der Unterspannungsseite erden und kurzschließen.
  • In Niederspannungsanlagen (bis 1 kV) darf auf Erden und Kurzschließen verzichtet werden, wenn sichergestellt ist, dass die Anlage nicht unter Spannung gesetzt werden kann.
  • Beim Parallelschalten von Kurzschlussgeräten mit Seilen müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: gleiche Seillänge, gleiche Seilquerschnitte, gleiche Anschließteile und Anschlussstücke, Einbau der Geräte dicht nebeneinander mit Parallelführung der Seile. Beim Parallelschalten mehrerer Seile sind für jedes Seil 75 % der zulässigen Strombelastbarkeit anzunehmen. Die Querschnitte parallel geschalteter Seile dürfen voll belastet werden, wenn sichergestellt ist, dass die Kurzschließseile nur einmal mit dem vollen Kurzschlussstrom beansprucht werden. Dies trifft im Allgemeinen für Anlagen mit Nennspannungen ab 110 kV zu. Bei Arbeiten an Kabeln und isolierten Leitungen mit Nennspannungen über 1 kV, z. B. an Endverschlüssen und Muffen, und bei Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln mit Nennspannungen über 1 kV, die über Stichkabel oder isolierte Stichleitungen angeschlossen sind, z. B. Motoren, darf vom Erden und Kurzschließen an der Arbeitsstelle abgesehen werden. Jedoch muss an allen Ausschaltstellen geerdet und kurzgeschlossen werden. Beim Übergang von Kabelanlagen auf Freileitungen ist bei Kabelarbeiten an der Übergangsstelle zu erden und kurzzuschließen.

6.1.5 Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken

Können Anlagenteile in der Nähe der Arbeitsstelle nicht freigeschaltet werden, müssen vor Arbeitsbeginn zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie beim Arbeiten in der Nähe aktiver Teile (s. Abschn. 7) getroffen werden.

 
Achtung

Freigabe der Arbeitsstelle

Die Freigabe der Arbeitsstelle erteilt die für die Arbeiten verantwortliche Person nach der Durchführung der 5 Sicherheitsregeln. Die Anlage darf erst dann wieder unter Spannung gesetzt werden, nachdem

  • alle beteiligten Personen über das Ende der Arbeiten informiert wurden und den Gefährdungsbereich verlassen haben,
  • Werkzeuge und Hilfsmittel aus der Anlage entfernt worden sind und
  • alle getroffenen Sicherheitsmaßnahmen an und außerhalb der Arbeitsstelle aufgehoben wurden.

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