Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist die wesentliche gesetzliche Anforderung für Maschinen.[1] Die Richtlinie gilt für[2]

  • Maschinen,
  • auswechselbare Ausrüstungen,
  • Sicherheitsbauteile,
  • Lastaufnahmemittel,
  • Ketten, Seile und Gurte,
  • abnehmbare Gelenkwellen,
  • unvollständige Maschinen.

Die Maschinenrichtlinie enthält vorrangig Vorgaben für Hersteller oder deren Bevollmächtigte[3] (Art. 2j 2006/42/EG). Doch wer ist Hersteller? Nach Art. 2i 2006/42/EG ist dies jede natürliche oder juristische Person, die Maschinen[4] oder unvollständige Maschinen gemäß Art. 1 2006/42/EG konstruiert und/oder baut und für die Einhaltung der Voraussetzungen im Hinblick auf das Inverkehrbringen verantwortlich ist. Als Betreiber kann man ebenfalls zum Hersteller werden. Dies trifft zu, wenn

  • Maschinen für den Eigengebrauch gebaut werden,
  • Einzelmaschinen (neu und/oder gebraucht) in eigener Verantwortung zu einer Maschinenanlage zusammengefügt werden,
  • Maschinen (neu oder gebraucht) außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gekauft und eigenständig in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt werden oder
  • Maschinen wesentlich verändert werden.

Eine "Gesamtheit von Maschinen" (Maschinenanlage) liegt gemäß Interpretationspapier "Gesamtheit von Maschinen" des BMAS vom 5.5.2011 vor, wenn ein produktionstechnischer und ein sicherheitstechnischer Zusammenhang bestehen.

Abb. 1: Gesamtheit von Maschinen gemäß Interpretationspapier "Gesamtheit von Maschinen"

 
Praxis-Beispiel

Nahrungsmittelherstellung

Der "Handlungsleitfaden Maschinen- und Anlagensicherheit" der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) enthält im Abschnitt 5.3.4 "Gesamtheit von Maschinen" Beispiele für die Einschätzung, ob eine Gesamtheit von Maschinen vorliegt.

Eine "wesentliche Änderung" einer Maschine liegt gemäß Interpretationspapier "Wesentliche Veränderung von Maschinen" des BMAS vom 9.4.2015 vor (Abb. 2), wenn

  • eine neue Gefährdung vorliegt und
  • die neue Gefährdung zu einem neuen Risiko führt und
  • die vorhandenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichen sind und
  • das Risiko nicht mit einfachen Schutzeinrichtungen eliminiert oder ausreichend minimiert werden kann.

Abb. 2: Wesentliche Änderung gemäß Interpretationspapier des BMAS vom 9.4.2015

Vor dem Inverkehrbringen und/oder der Inbetriebnahme einer Maschine muss der Hersteller

  • sicherstellen, dass die Maschine die in Anhang I 2006/42/EG aufgeführten, für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt,
  • sicherstellen, dass die Maschine auch die Anforderungen aller mitgeltenden Richtlinien erfüllt,
  • sicherstellen, dass die technischen Unterlagen gemäß Anhang VII Teil A der RL 2006/42/EG zur Verfügung stehen,
  • eine Betriebsanleitung erstellen, damit die Maschine ordnungsgemäß verwendet, instandgesetzt und eingestellt werden kann,
  • ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführen,
  • eine Konformitätserklärung für Maschinen bzw. Einbauerklärung + Montageanleitung für unvollständige Maschinen erstellen,
  • eine CE-Kennzeichnung anbringen (nur in Verbindung mit einer Konformitätserklärung).
[1]

Der Beitrag "Gesetzliche Anforderungen an die Sicherheit von Maschinen" enthält eine Zusammenstellung der wichtigsten rechtlichen Anforderungen zur Maschinensicherheit.

[3] In der weiteren Darstellung wird zur Vereinfachung ausschließlich der Begriff "Hersteller" verwendet.
[4] In der weiteren Darstellung wird zur Vereinfachung ausschließlich der Begriff "Maschine" verwendet. Er gilt sinngemäß für den o. g. Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie.

1.1 Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen

Der Hersteller muss zunächst eine Risikobeurteilung durchführen (oder durchführen lassen), um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Bei der Konstruktion und dem Bau der Maschine muss das Ergebnis der Risikoanalyse berücksichtigt werden. Im Rahmen der Risikoanalyse und Risikominderung sind dann

  • die Grenzen der Maschine einschließlich ihre bestimmungsgemäße Verwendung sowie jede vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung zu bestimmen,
  • die von der Maschine ausgehenden Gefährdungen zu ermitteln,
  • die Risiken unter Berücksichtigung der Schwere möglicher Verletzungen oder Gesundheitsschäden und der Eintrittswahrscheinlichkeit abzuschätzen,
  • Risiken zu bewerten und bei Bedarf Maßnahmen zur Minimierung einzuleiten.
 
Wichtig

Produktspezifische Normen

Prüfen Sie, ob es für die geplante Maschine eine sog. produktspezifische Norm (C-Norm) gibt. Dies kann u. a. kostenfrei über http://nora.kan-praxis.de erfolgen. Normen selbst sind kostenpflichtig und können beim Beuth-Verlag erworben werden. Sofern Sie eine C-Norm anwenden, wird die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie vermutet (sog. Vermutungswirkung). Sie müssen jedoch die ermittelten Risiken mit den in der Norm beschriebenen Risiken vergleichen und die Anwendbarkeit beschriebener Maßnahmen überprüfen.

Grenzen der Maschine festlegen

Bei der Bestimmung der Grenzen der Maschine sind in Anlehnung an DIN EN ISO 12100 folgende Bereiche zu...

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