Zum Sachverhalt

Der Angeklagte hatte im Januar 2003 eine Halle gekauft, die er demontieren und auf seinem Weingut wieder errichten wollte. Die Seitenverkleidung hatte der Angeklagte bereits in den Tagen vor dem 28.7.2003 abgebaut. An diesem Tag sollte die Abdeckung des Dachs erfolgen. Das fast flache Dach war mit etwa 30 Jahre alten, nicht durchtrittsicheren Wellasbestplatten belegt. Darunter befand sich lediglich eine dünne Schicht – nicht zum Betreten geeignetes – Dämmmaterial aus Styropor. Das zuständige Bauamt hatte die Abbruchgenehmigung unter der Bedingung erteilt, dass die Demontage des Dachs nur durch ein dafür zugelassenes Spezialunternehmen erfolgen dürfe. Der Angeklagte und sein Vater setzten sich mit der Firma A., Demontage und Sanierung, in Verbindung, die am 25.7.2003 ein Angebot abgab, das unter "Aufgaben des Auftraggebers" aufführte: "Notwendige Sicherheitseinrichtungen wie Gerüst, Fanggerüst und Auffangnetze nach UVV". Der Vater des Angeklagten teilte dem Unternehmen mit, dass diese Sicherheitseinrichtungen nicht vorhanden seien. Wenn die Firma A. diese Sicherungsmaßnahmen nicht übernehmen könne, werde ein anderes Unternehmen den Auftrag erhalten. Daraufhin sagte die Firma A. zu, selbst ein größeres Gerüst und ein Fangnetz mitzubringen. Die Firma A. beauftragte den früheren Mitangeklagten D. mit der Durchführung der Arbeiten.

Am Morgen des 28.7.2003 erschien dieser mit vier Leiharbeitern einer Personalleasingfirma, darunter das Unfallopfer. Er brachte lediglich vier Laufdielen mit, die ca. 150 cm lang und 40 cm breit waren. Auf die Frage des Angeklagten, wo denn das Sicherungsgerüst und das Fangnetz seien, erhielt er die Antwort, dass diese nicht gebraucht würden, er – D. – arbeite immer so. Damit gab sich der Angeklagte wegen der mit der Beschaffung der erforderlichen Sicherungen eintretenden Verzögerung der Abbrucharbeiten und der damit verbundenen Kosten zufrieden.

Gegen 13.50 Uhr versuchte K. eine Dachplatte anzuheben, verlor dabei das Gleichgewicht, trat neben die Laufdiele und fiel durch die Dämmung auf den ca. 7 m darunterliegenden Betonboden der Halle. Dabei zog er sich so schwere Kopfverletzungen zu, dass er wenig später am Unfallort verstarb.

Der Angeklagte wurde durch das AG wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 60 EUR verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde die Tagessatzhöhe auf 30 EUR festgesetzt.

Die Revision des Angeklagten wurde verworfen.

Aus den Gründen

II. Die StrK ist der Sache nach zu Recht von der sich aus seiner Verkehrssicherungspflicht ergebenden Garantenstellung des Angeklagten ausgegangen. Dieser war als Auftraggeber des Hallenabbruchs angesichts der damit verbundenen Schaffung einer Gefahrenquelle zur Verkehrssicherung gegenüber jedem Dritten, der die Baustelle betrat, verpflichtet, mithin auch gegenüber den die Abbrucharbeiten ausführenden (Leih-)Arbeitern des Abbruchunternehmers.

Die Auffassung, die Arbeiter seien vom Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht des Auftraggebers bzw. Bauherrn ausgenommen (so OLG Stuttgart, NJW 1984, 2897 [2898]) findet im Gesetz keine Grundlage; sie wird auch nicht dadurch gestützt, dass der Bauunternehmer im Rahmen eines späteren zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleichs den Schaden seines Arbeitnehmers im Verhältnis zum ebenfalls verkehrssicherungspflichtigen Bauherrn möglicherweise allein zu tragen hat (...).

Zwar hat der Bauherr ohne besondere Anhaltspunkte für Mängel in der Bauausführung keine Pflicht, das von ihm ausgewählte Unternehmen zu überwachen, da die Verantwortlichkeit für die Ausführung der Arbeiten und insbesondere für die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften mit der Auftragserteilung grundsätzlich auf den Unternehmer übergeht. Nimmt der Bauherr jedoch wahr, dass der Bauunternehmer nachlässig arbeitet, muss er einschreiten (BGHSt 19, 286 [289] = NJW 1964, 1283). Er wird (wieder) selbst verkehrssicherungspflichtig, wenn er Gefahrenquellen erkennt oder erkennen müsste und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der von ihm beauftragte Unternehmer im Hinblick auf die Einhaltung der Verkehrssicherheit nicht genügend zuverlässig ist und den auch einem Laien einsichtigen Sicherheitserfordernissen nicht in ausreichender Weise Rechnung trägt (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 318 m. w. Nachw.).

Dem Angeklagten waren sowohl die Gefahrenlage als auch die Tatsache bekannt, dass der von ihm beauftragte Bauunternehmer entgegen vorheriger Absprache keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen ergriffen hatte, um die Gefahr für seine Mitarbeiter abzuwenden, infolge eines Sturzes vom Hallendach zu Tode zu kommen. Anknüpfungspunkte für die Garantenstellung des Angeklagten sind nicht die an den Bauunternehmer gerichteten Unfallverhütungsvorschriften, sondern die dem Angeklagten als Auftraggeber und Bauherr obliegende allgemeine Verkehrssicherungspflicht: "Auch ohne Kenntnis der Unfallverhütungsvorschriften ist … selbst für einen Laien … erkennbar, … dass gegen diese Gefahr besondere, über die Verwendung von Lauf...

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