Bis Mitte der 80er Jahre standen die Unfallzahlen und -kosten im Mittelpunkt der Bewertung der betrieblichen Arbeitsschutzsituation und damit auch der Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes. Unter ökonomischen Gesichtspunkten konnte damals argumentiert werden, dass die Kosten für Präventionsmaßnahmen sich durch eine Senkung der Unfallkosten erwirtschaften lassen. Die Unfallzahlen sind heute erfreulicherweise deutlich gesunken und damit auch das Potenzial für weitere Senkungen der Unfallkosten. Die Indikatoren Unfallzahlen und Unfallkosten reichen heute nicht mehr aus, um den Zustand und die Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes und die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen zu bewerten. Erforderlich ist ein umfassenderes Konzept i. S. eines Controllings.

Deshalb sollten Sie ein Arbeitsschutzcontrolling als Teil eines AMS aufbauen. Die Aufgaben eines Arbeitsschutzcontrollings sind:

  • geeignete Indikatoren und Kennzahlen bereitstellen: Indikatoren und ihre Kennzahlen dienen dazu, den Zustand des Arbeitsschutzes zu beurteilen, Ziele festzulegen und zu überprüfen, Arbeitsschutzprozesse zu steuern und den Zustand des Arbeitsschutzes und des AMS durch die oberste Leitung (z. B. die Geschäftsführung) zu bewerten. Indikatoren und ihre Kennzahlen sollten charakterisieren:

    • harte Faktoren, wie z. B. die Unfallhäufigkeit, das Gefährdungsniveau oder Ausfallzeiten;
    • weiche Faktoren, wie z. B. die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter, die Leistungsbereitschaft oder das Sicherheitsbewusstsein;
    • deren Verknüpfung;
  • auf eine Messbarkeit der Arbeitsschutzziele hinwirken;
  • die Wirksamkeit der Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes überwachen: Ermittlung und Bewertung der Wirksamkeit (Zielerreichung, Erfüllung öffentlich-rechtlicher Forderungen, Aufwand-Nutzen-Betrachtung etc.);
  • den Einsatz der Methoden des Arbeitsschutzes und des AMS sowie der Ressourcen des Arbeitsschutzsystems effektiv steuern.

Die handlungsleitenden Fragen zum Aufbau eines Arbeitsschutzcontrollings skizziert Tab. 1. Die Vorgehensweise veranschaulicht das Flussdiagramm am Anfang des Beitrages.

 
Leistungs- und Wirksamkeitsermittlung und deren Bewertung
Handlungsleitende Fragen Differenzierung Beispiele
Was soll ermittelt werden? Potenziale
  • geeignete Politik und Strategie für Sicherheit und Gesundheit
  • geeignete Aufbauorganisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
  • Bereitstellen der erforderlichen Ressourcen für das Betreiben des AMS
  • Bereitstellen der erforderlichen Ressourcen für den Arbeitsschutz
  • Führung
  • Mitwirkung der Beschäftigten
Prozesse
  • Integration von Arbeitsschutzbelangen in die betrieblichen Prozesse
  • Fähigkeit der Arbeitsschutzprozesse
Ergebnisse (Leistungen und Wirkungen)
  • Wirkungen auf die Arbeitsbedingungen
  • Wirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten
  • Wirkungen auf die Zufriedenheit der Beschäftigten (Mitarbeiterzufriedenheit)
  • Wirkungen auf das Sicherheits- und Gesundheitsbewusstsein der Führungskräfte und der Mitarbeiter
  • Beiträge zum Geschäftsergebnis
  • Wirkungen auf die Gesundheit bei Kunden und Lieferanten (Gesundheit Dritter)
  • Erfüllung gesellschaftlicher Verpflichtungen (gesellschaftliche Verantwortung)

Wie soll ermittelt werden?

Wer soll ermitteln?
messen
  • Berechnen der Tausend-Mann-Quote
  • Berechnen der verletzungsbedingten Ausfallzeiten
  • Berechnen der Folgekosten von Verletzungen, arbeitsbedingten Erkrankungen etc.
beobachten
  • Begehungen (z. B. zur Ermittlung des Gefährdungspotenzials)
  • Beobachtung von Arbeitsabläufen (z. B. zur Ermittlung sicherer bzw. sicherheitswidriger Verhaltensweisen)
  • Rundgänge (z. B. zur Ermittlung sicherheitswidriger Zustände)
befragen
  • Einschätzung des Sicherheitsbewusstseins der Mitarbeiter durch die Sicherheitsbeauftragten
  • Einschätzung des Engagements der Führungskräfte für den Arbeitsschutz durch die unterstellten Mitarbeiter
einschätzen durch Experten
  • interne Audits
  • externe Audits
Wie kann das Ermittelte bewertet werden? Bewertungs­sys­tematik
  • RADAR-Logik
  • Balanced Score Card

Tab. 1: Handlungsleitende Fragen zum Aufbau eines Arbeitsschutzcontrollings

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