4.1 Gefährdungsbeurteilung

4.1.1 Allgemeines

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz und § 3 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" durchzuführen.

Die Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Ermittlung und Bewertung relevanter Gefährdungen der Beschäftigten mit dem Ziel, erforderliche Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit festzulegen. Grundlage ist eine Beurteilung der mit den Tätigkeiten verbundenen inhalativen (durch Einatmen), dermalen (durch Hautkontakt), oralen (durch Verschlucken) und physikalisch-chemischen Gefährdungen (z. B. Brand und Explosionsgefährdungen) sowie der sonstigen durch Gefahrstoffe bedingten Gefährdungen. So muss die Einatemluft der Beschäftigten immer so viel Sauerstoff enthalten, dass eine Beeinträchtigung der Gesundheit nicht eintreten kann.

Der Unternehmer oder die Unternehmerin darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen oder Biostoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung gemäß § 6 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) bzw. § 4 der Biostoffverordnung (BioStoffV) durchgeführt wurde und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Nicht immer können technische Lösungen sofort umgesetzt werden. In diesen Fällen ist geeignete persönliche Schutzausrüstung (bei inhalativer Gefährdung Atemschutz) zur Verfügung zu stellen.

Die Gefährdungsbeurteilung muss in regelmäßigen Abständen und bei gegebenem Anlass überprüft und ggf. aktualisiert werden; das Überprüfungsintervall ist von der Unternehmerin oder dem Unternehmer festzulegen.

4.1.2 Gefährdungsermittlung

Bei der Gefährdungsermittlung werden Gefährdungen und Belastungen an einem bestimmten Arbeitsplatz, in einem Arbeitsbereich oder für eine Person/Personengruppe systematisch und umfassend untersucht. Sie soll sich an der Tätigkeit der Beschäftigten orientieren.

Bei der Ermittlung sind insbesondere zu erfassen:

  • Gestaltung und Einrichtung von Arbeitsstätte und Arbeitsplatz
  • physikalische, chemische und biologische Einwirkungen
  • Gestaltung, Auswahl und Benutzung von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie der Umgang damit
  • Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit sowie deren Zusammenwirken
  • Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten
  • Beanspruchung durch Umgebungseinflüsse
  • psychische und physische Beanspruchung durch den Einsatz von Atemschutzgeräten

Bezogen auf den Atemschutz hat die Unternehmerin oder der Unternehmer zu ermitteln, ob Gefährdungen durch die Umgebungsatmosphäre vorliegen. Für alle Arbeitsvorgänge ist festzustellen, ob Sauerstoffmangel, Schadstoffe oder beides die Umgebungsatmosphäre beeinflussen.

Gefährdungen des menschlichen Organismus, die über die Atemwege wirksam werden, können durch Sauerstoffmangel (siehe Kapitel 4.5.1.3.1) oder durch Schadstoffe der Umgebungsatmosphäre (siehe Kapitel 4.5.1.3.2) hervorgerufen werden.

4.1.3 Gefährdungsbewertung

Eine Gefährdungsbewertung beinhaltet die Risikoabschätzung der ermittelten Gefährdungen und Belastungen nach:

  • Art und Umfang des Risikos
  • Risikodauer
  • Risikowahrscheinlichkeit für die Beschäftigten

Hierbei muss nach Abwägung aller denkbaren Gefährdungen/Belastungen eingeschätzt werden, ob das vorliegende Risiko unter Einbeziehung der evtl. bereits vorhandenen Schutzmaßnahmen akzeptabel ist. Kann das Risiko für die Gesundheit oder das Leben des oder der Versicherten nicht akzeptiert werden, sind weitere Maßnahmen zu treffen, die dieses auf ein vertretbares Maß senken.

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat z. B. dafür zu sorgen, dass die Einatemluft der Beschäftigten so viel Sauerstoff enthält und außerdem so frei von Schadstoffen ist, dass eine Beeinträchtigung der Gesundheit nicht eintreten kann.

4.2 Rangfolge der Schutzmaßnahmen

Die Unternehmerin oder der Unternehmer hat gemäß § 4 Abs. 5 "Arbeitsschutzgesetz" und §§ 7, 8 und 9 "Gefahrstoffverordnung" in folgender Rangfolge Maßnahmen zu treffen:

  1. Es ist zu prüfen, ob Stoffe oder Gemische mit geringerem gesundheitlichem Risiko verwendet werden können.
  2. Ist das Auftreten von Gefahrstoffen in der Umgebungsatmosphäre nicht sicher auszuschließen, ist zu ermitteln, ob deren Grenzwerte eingehalten werden.
  3. Es sind geeignete Verfahren und technische Steuerungseinrichtungen sowie die Verwendung geeigneter Arbeitsmittel und Materialien nach dem Stand der Technik zu gestalten.
  4. Es sind kollektive Schutzmaßnahmen an der Gefahrenquelle, wie zum Beispiel angemessene Be- und Entlüftung und geeignete organisatorische Maßnahmen durchzuführen.
  5. Sofern eine Gefährdung nicht durch Maßnahmen nach Nummer 3 und 4 verhütet werden kann, sind individuelle Schutzmaßnahmen, die auch den Einsatz von Atemschutz umfassen können, durchzuführen. Beschäftigte müssen bereitgestellte, geeignete und insbesondere individuell passende Atemschutzgeräte benutzen, solange eine Gefährdung besteht. Der Einsatz von belastenden Atemschutzgeräten darf nicht als ständige geplante Maßnahme zugelassen werden und darf technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen nicht ersetzen. Der Unternehmer oder die Unternehmerin stellt ...

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