Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sollten Sie auch Konstellationen in den Blick nehmen, in denen die personelle Besetzung regelhaft besonders gering ist. Ein Beispiel könnten Nachtdienste sein.

Alleinarbeit bedeutet, dass eine Person - auch kurzfristig - außerhalb von Ruf- und Sichtweite anderer arbeitet. Grundsätzlich sollte niemand bei einer möglicherweise gefährlichen Tätigkeit allein arbeiten. Als gefährlich gilt beispielsweise auch die Arbeit mit Klientinnen oder Klienten, die sich gegen Betreuung, Unterstützung, Behandlung oder Pflege wehren.

Mit einer gewissenhaften Risikoabschätzung lässt sich entscheiden, ob und mit welchen Sicherheitsmaßnahmen Alleinarbeit vertretbar ist oder ob zwei oder mehr Personen erforderlich sind.

In der DGUV Regel 112-139 "Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen" wird hierzu folgendes Vorgehen beschrieben:

 

1.

Schätzen Sie folgende drei Kriterien ein und vergeben Sie entsprechende Bewertungsziffern (Beschreibung siehe Tabelle und Kasten auf Seite 21):

  • Gefährdungsziffern (GZ: gering, erhöht, kritisch)
  • Dauer bis zur tatsächlichen Erstversorgung (EV: kurz, mittel, lang)
  • Notfallwahrscheinlichkeit (NW: gering, mäßig, hoch)
 

2.

Berechnen Sie mit den vergebenen Bewertungsziffern das Risiko für diesen Alleinarbeitsplatz.

 

3.

Bei einer geringen Gefährdung ist keine besondere Überwachung von Einzelarbeitsplätzen erforderlich. Ein normales Festnetztelefon ist ausreichend, um im Bedarfsfall dennoch Hilfe herbeiholen zu können. Liegt jedoch eine erhöhte Gefährdung vor, dann führen Sie bitte Maßnahmen nach dem T-O-P-Prinzip ein, um das Gefährdungspotenzial zu reduzieren.

 

4.

Bewerten Sie anschließend das Risiko erneut. Liegt der errechnete Wert trotz der eingeführten Maßnahmen über dem Grenzwert von R = 30, dann ist Alleinarbeit an diesem Arbeitsplatz bzw. bei dieser Tätigkeit nicht zulässig. Liegt der errechnete Risikowert unter dem Grenzwert, dann wählen Sie je nach Gefährdung und Notfallwahrscheinlichkeit geeignete Melde- bzw. Überwachungseinrichtungen aus.

Alleinarbeit - Risikoeinschätzung

Bewertungskriterien Beschreibung Bewertung
Gefährdungsziffern (GZ) gering: Die Person bleibt im Notfall handlungsfähig. 1 bis 3
  erhöht: Die Person ist im Notfall eingeschränkt handlungsfähig. 4 bis 6
  kritisch: Die Person ist im Notfall nicht mehr handlungsfähig. 7 bis 10
Erstversorgung (EV) kurz: weniger als 5 Minuten 0
  mittel: 5 bis 10 Minuten 1
  lang: über 10 Minuten 2
Notfallwahrscheinlichkeit (NW) gering: Ein Notfall ist nicht zu erwarten oder bisher gab es keine Vorfälle. 1 bis 3
  mäßig: Ein Notfall ist erfahrungsgemäß möglich oder gelegentlich bereits aufgetreten. 4 bis 6
  hoch: Ein Notfall ist auch unter normalen Umständen zu erwarten oder bereits wiederholt aufgetreten. 7 bis 10

Risiko: R = (GZ + EV) x NW

Das Risiko kann in der Regel nur abgeschätzt werden. Zur Erleichterung stehen in jeder Kategorie nochmals Abstufungen zur Verfügung, die letztendlich als Ziffer in eine Formel einfließen. Idealerweise findet die Bewertung in einer Diskussion statt, um mehrere Erfahrungen und Meinungen einfließen zu lassen.

Alleinarbeit - Gefährungsbeurteilung

Auch organisatorische Maßnahmen können unterstützen, zum Beispiel Hintergrunddienste, zeitlich abgestimmte Kontrollgänge oder Anrufe durch eine weitere Person. Sie ersetzen jedoch je nach Risikolage nicht die Meldeeinrichtungen.

 

5.

Stellen Sie zudem die organisatorischen Rahmenbedingungen für die ausgewählten Melde- bzw. Überwachungseinrichtungen sicher (z. B.: Wo laufen die Notrufe auf und welche Rettungskette wird dann in Gang gesetzt?) und sorgen Sie für einen geeigneten technischen Support (z. B.: Funktionieren die Geräte einwandfrei, haben sie genug Akkuleistung und Empfang?).

 

6.

Unterweisen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den getroffenen Maßnahmen. Trainieren Sie mit ihnen die Handhabung der Meldeeinrichtungen und die Rettungskette.

 

7.

Prüfen Sie regelmäßig, ob die festgelegten Maßnahmen funktionieren oder ob Anpassungen notwendig sind.

Mobiltelefone und Smartphones

Mobiltelefone und Smartphones eignen sich vor allem für ambulante Dienste, bei denen von der zu versorgenden Klientel kein erhöhtes Risiko ausgeht. Es kann durchaus vorkommen, dass eine Pflegekraft oder eine Begleitperson gekratzt oder bedroht wird, aber in den meisten Fällen schränkt dies nicht oder kaum die Handlungsfähigkeit der oder des Betroffenen ein. Mit einem mobilen Telefon kann dann - Empfang und Akkuleistung vorausgesetzt - sowohl Hilfe vom eigenen Betrieb angefordert als auch ein offizieller Notruf abgesetzt werden.

Smartphones können zudem mit sogenannten Notruf-Apps aufgerüstet werden. Im Notfall werden dann über diese Apps vorher definierte Daten an ebenfalls vorher festgelegte Empfänger versandt. So können beispielsweise mit dem Notruf automatisch auch die aktuellen GPS-Koordinaten oder der momentane Aufenthaltsort laut Route und Dienstplan an die Pflegedienstleitung, einen Sicherheitsdienst oder die Rettungsleitstelle übertragen werden. Hier spiele...

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