Ein Fazit der Untersuchungen zu Beanspruchung und schulischen Arbeitsbedingungen lautet, dass soziale Unterstützung als wichtigster Faktor für die Erhaltung der Lehrergesundheit im schulischen Alltag gelten müsse (Schaarschmidt, 2004, 2007). Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen analoge Zusammenhänge zwischen Beanspruchungserleben und sozialem Klima im Kollegium sowie Schulleitungshandeln. In Schulen, in denen die Schulleitung als unterstützend wahrgenommen wurde, wurden weniger psychische und körperliche Beschwerden berichtet, es lag eine geringere Anzahl von Krankentagen vor und die Wirkung der stärksten Belastungen wie Verhalten schwieriger Schülerinnen und Schüler, große Klassen und hohe Stundenzahlen wurde abgepuffert. Das bedeutet: Ein mitarbeiterorientierter Führungsstil, der sich durch Transparenz, Verständnis und Wertschätzung auszeichnet, vermag in deutlichem Maße das Belastungserleben abzupuffern. Eine ähnliche Wirkung gilt auch für das Erleben eines positiven Klimas im Kollegium: Gut ausgeprägter Zusammenhalt im Kollegium und kollegiale Unterstützung bedeuten eine Schutzfunktion in der Auseinandersetzung mit den täglichen Anforderungen.

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen auch die Forschungsergebnisse zum Phänomen "Burnout". Belastungen werden dann als besonders bedrohlich erlebt, wenn die soziale Unterstützung als gering eingestuft wird. Im Umkehrschluss kann soziale Unterstützung die Manifestierung von Burnout verhindern. Einschränkend muss aber gesagt werden: Psychisch bereits beeinträchtigten Lehrkräften fällt es schwerer als gesunden, soziale Kontakte im Privaten oder Beruflichen zu entwickeln (Hillert et al. 2011). Auch erleben sie das Ausmaß an sozialer Unterstützung als geringer als gesunde Lehrkräfte. Hier kann es im Einzelfall notwendig sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch sollte dieser Aspekt berücksichtigt werden, wenn es um die kollegiale Entwicklung der Zusammenarbeit geht. Die Schulleitung ist gut beraten, den persönlichen Belastungszustand der Lehrerinnen und Lehrer im Kollegium im Blick zu behalten.

Auf der schulisch-beruflichen Ebene haben Lehrkräfte hohe Handlungsspielräume in der Ausgestaltung des sozialen Klimas und der sozialen Unterstützungsstrukturen. Dazu gehört die Teilnahme an Teams und Arbeitsgruppen (vgl. Kap. 9), aber auch die fachliche Auseinandersetzung mit Kolleginnen und Kollegen. Die Erfahrung, dass Teamarbeit Entlastung bringt, besitzen viele Lehrkräfte nicht. Teamarbeit wird eher vermieden und als "Zeitfresser" angesehen. In den letzten Jahren ist in Aus- und Fortbildung von Lehrkräften versucht worden, diese Vorurteile bereits im Vorfeld auszuräumen und Teamkompetenzen frühzeitig anzubahnen.

Gemeinsame Aktivitäten mit Kolleginnen und Kollegen außerhalb der Schulzeit und organisatorische Veränderungen wie die Umgestaltung des Lehrerzimmers zu einem Ort, an dem man sich gerne aufhält, können in Einzelfällen sinnvoll sein und dafür sorgen, dass Orte für sozialen Austausch vorhanden sind.

Kollegiale Beratung (vgl. Kap. 2.1.2) kann einen wichtigen Beitrag zur Etablierung stabiler Teamstrukturen leisten, da hier Probleme offen zur Sprache gebracht werden und die Qualität gemeinsamer Arbeit erfahrbar wird. Nicht nur ein Netzwerk an Unterstützungs- und Beratungsstrukturen für das Kollegium, sondern insbesondere auch die Begleitung von Berufsanfängern z. B. durch Mentoren und durch Supervisionsangebote sorgen dafür, dass sich das soziale Klima einer Schule verbessert. Eine gute und wirkungsvolle Möglichkeit, in Kollegien soziale Unterstützungssysteme zu bilden, ist deshalb die Etablierung von kollegialen Beratungsrunden.

Folgende Aspekte haben sich in der Praxis als fördernde Faktoren bewährt, um soziale Unterstützung und Zusammenhalt im Kollegium zu stärken:

  • Über Arbeitsorganisation die Möglichkeiten für soziale Interaktion und kollegiale Zusammenarbeit erweitern: Zum Beispiel Orte und Gelegenheiten für Austausch und Kommunikation schaffen, Pausen anders gestalten, Konferenzen effektiv und mit Rücksicht auf individuelle Bedingungen (eigene kleinere Kinder, lange Fahrtzeiten) durchführen.
  • Zum Beispiel Lehrerzimmer und Außenräume so umgestalten, dass man sich gerne darin aufhält und austauscht. Eine unserer Projektschulen hat z. B. das Lehrerzimmer als gesundheitsförderliche Maßnahme renoviert, mit freundlichen Farben und praktischen Möbeln neu gestaltet, ergonomische Stühle angeschafft und die Nutzungsregeln für das Lehrerzimmer neu festgelegt.
  • Gemeinsame Unternehmungen im Kollegium außerhalb der Schulzeit ermöglichen ein vertieftes und entspanntes Kennenlernen unter veränderten Bedingungen. Gemeinsame Aktivitäten und Erlebnisse stärken das "Wir-Gefühl". In unserer Befragung wurde auch sehr häufig der Wunsch nach solchen gemeinsamen Aktivitäten geäußert. Sie könnten fester Bestandteil des schulischen Lebens werden.
  • Eine Förderung der Teamarbeit kann helfen, Isolation zu überwinden, neue Perspektiven bei Problemen mit Schülerinnen und Schülern zu eröffnen...

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