Die Auswirkungen der Behinderungen führen in vielen Fällen zu den folgenden Grundanforderungen an die barrierefreie Gestaltung:

  • Anforderungen im Hinblick auf motorische Einschränkungen,
  • Anforderungen im Hinblick auf sensorische Einschränkungen,
  • Anforderungen im Hinblick auf kognitive Einschränkungen.

Motorische Einschränkungen

Motorik bezieht sich auf die Bewegungen des menschlichen Körpers. Motorische Einschränkungen deuten auf Funktionsstörungen des Bewegungssystems hin, z. B. der Arme, Hände und Beine. Das kann die Beweglichkeit dieser Gliedmaßen betreffen, aber auch das Vermögen, die nötige Kraft aufzubringen, um eine bestimmte Bewegung auszuführen, z. B. einen Türdrücker herunterzudrücken oder den Türflügel aufzuschieben. Motorische Einschränkungen können auch daraus resultieren, dass Gliedmaßen ganz oder teilweise fehlen.

Sensorische Einschränkungen

Der Begriff sensorisch umfasst die Sinnesorgane bzw. die Aufnahme von Sinnesempfindungen. Sensorische Einschränkungen betreffen die klassischen 5 Sinne

  • Hören (akustische Wahrnehmung),
  • Sehen (optische Wahrnehmung),
  • Tasten/Fühlen (haptische Wahrnehmung),
  • Riechen (olfaktorische Wahrnehmung) und
  • Schmecken (gustatorische Wahrnehmung).

Im Zusammenhang mit der barrierefreien Gestaltung werden insbesondere die 3 Erstgenannten herangezogen.

Kognitive Einschränkungen

Unter Kognition sind Prozesse zu verstehen, die mit dem Wahrnehmen, Erkennen und dem Denken zusammenhängen.

Kognitive Einschränkungen zeigen sich u. a. in:

  • verminderter Aufmerksamkeit,
  • Schwierigkeiten mit dem Erkennen und Verstehen (z. B. Texte, Sprache) und dem Lösen von Problemen,
  • verminderter Koordinationsfähigkeit,
  • Orientierungsschwierigkeiten,
  • Gedächtnisstörungen,
  • Sprachstörungen.

4.1 Maßnahmen bei motorischen Einschränkungen

Beispiel Zwei-Kanal-Prinzip

Das Zwei-Kanal-Prinzip bietet für Wechselbeziehungen mit der (baulichen) Umwelt alternative Lösungen an. Damit werden sowohl Erreichbarkeit als auch Nutzbarkeit gewährleistet. Z. B. kann eine Drehflügeltür nach diesem Prinzip nicht mehr nur manuell, sondern auch über einen Taster geöffnet werden.

Beispiel Gehbehinderung: Maßnahmen

  • stufenlose Zugänglichkeit (Vermeiden von Treppen und Absätzen),
  • Vermeiden von Schwellen,
  • Bedarf an größeren Bewegungsflächen für Rollstühle, Gehhilfen,
  • ausreichend breite Verkehrswege und Türöffnungen,
  • Einbau von Aufzügen, Rampen,
  • Automatisieren von Türen,
  • trittfeste und rutschsichere Fußböden,
  • Möglichkeiten zum Festhalten (z. B. Handlauf),
  • Unterfahrbarkeit von Tischen, Waschbecken,
  • Höhe von Bedienelementen (z. B. Griffe, Schalter) und Hinweiszeichen (Blickhöhe).

4.2 Maßnahmen bei sensorischen Einschränkungen

Beispiel 2-Sinne-Prinzip

Informationen aus der Umwelt werden über verschiedene Sinne aufgenommen. Der größte Teil der Informationsaufnahme erfolgt durch das Sehen, gefolgt vom Hören. Der visuellen und akustischen Gestaltung muss daher Priorität eingeräumt werden.

Das 2-Sinne-Prinzip dient der alternativen Wahrnehmung durch einen anderen Sinn, damit die Informationen auch bei Ausfall oder Einschränkung eines Sinnes wahrgenommen und erkannt werden können.

Nach dem 2-Sinne-Prinzip müssen Informationen für mindestens 2 der 3 Sinne "Sehen, Hören, Tasten" übermittelt werden, z. B.:

  • bei Sehbehinderung zusätzlich über das Tasten/Fühlen (mithilfe der Braille-Schrift bzw. tastbarer Normalschrift oder mit tastbaren Bodenleitsystemen) oder das Hören
  • bei Hörbehinderung zusätzlich über das Sehen.

Praktisch lässt sich dies gut an Aufzügen darstellen:

  • Sehen/Tasten, z. B. gleichzeitige Darstellung der Etagennummern auf den Bedientasten in erhabener Schrift und in Braille-Schrift,
  • Sehen/Hören, z. B. gleichzeitige visuelle und akustische Information der erreichten Etage (Displayanzeige und Lautsprecherdurchsage).

Beispiel Hörbehinderung: Maßnahmen

  • Vermeiden von Nebengeräuschen und langen Nachhalleffekten,
  • Verbessern der Raumakustik durch Berücksichtigung der Reflektions- und Absorptionseigenschaften der Oberflächen und Materialien,
  • gute Ausleuchtung und Visualisierungen,
  • Hören durch Sehen ergänzen oder ersetzen,
  • akustische Signaltöne durch optische Signale ergänzen,
  • Hinweistafeln mit Texten oder Piktogrammen zur Vermittlung der wichtigen Gebäudeinformationen,
  • Bereitstellen von Telefonen mit Vibrationsalarm/-band.

Beispiel Sehbehinderung: Maßnahmen

  • Berücksichtigen wichtiger Einflussfaktoren für das Sehen und Erkennen, wie Leuchtdichtekontrast, Farbkontrast oder Größe, Form und räumliche Anordnung des Sehobjektes,
  • Räume, Verkehrswege und Arbeitsplätze ausreichend hell beleuchten,
  • Blendwirkungen durch künstliche Beleuchtung und einfallenden Sonnenschein vermeiden,
  • kontrastreiche Gestaltung von Gefahrenstellen (z. B. Stufen und Kanten), Türen, Bedienelementen,
  • Ganzglastüren und -wände möglichst vermeiden,
  • Vermeiden von Stolper- und Stoßgefährdungen an Säulen, Einrichtungsgegenständen, unterlaufbaren Treppen,
  • Auffindbarkeit und Orientierung unterstützen durch taktile Leitsysteme, kontrastreiche Markierungen und akustische Unterstützung.

4.3 Maßnahmen bei kognitiven Einschränkungen

  • Vermeiden gleichzeitiger motorischer, visueller, akustischer und mentaler Anforderungen,
  • einfache Grundrissgesta...

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