Grundsätzlich erbringt der Arbeitnehmer mit der Zurücklegung des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück keine Arbeit für den Arbeitgeber.[1] Anders ist es jedoch, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. In diesem Fall gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten, weil das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, verschiedene Kunden aufzusuchen – sei es, um dort Dienstleistungen zu erbringen, oder um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen. Dazu gehört zwingend die jeweilige Anreise. Nicht nur die Fahrten zwischen den Kunden, auch die zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück, bilden mit der übrigen Tätigkeit eine Einheit und sind insgesamt eine Dienstleistung i. S. d. §§ 611, 612 BGB. Hat der Arbeitnehmer seine Tätigkeit an einer auswärtigen Arbeitsstelle zu erbringen, leistet er mit den Fahrten zum Kunden und zurück daher vergütungspflichtige Arbeit, unabhängig davon, ob Fahrtantritt und Fahrtende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen.[2]

 
Praxis-Tipp

Vergütungsvereinbarung für Reisezeit

Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrten zur auswärtigen Arbeitsstelle getroffen werden.[3] Zu beachten ist jedoch, dass dabei für die in einem Kalendermonat insgesamt geleistete vergütungspflichtige Arbeit der gesetzliche Anspruch auf den Mindestlohn nicht unterschritten werden darf.

Dieselben Grundsätze gelten auch bei einem Einsatz des Arbeitnehmers im Ausland. Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten[4], da in diesem Fall die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück i. d. R. ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgen.

 
Hinweis

Bahnreisen als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG

Reisezeiten mit der Bahn, die im Zusammenhang mit der Überführung von neuen Nutzfahrzeugen anfallen, sind nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Lüneburg Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes.[5] Die einschlägigen europarechtlichen Grundlagen[6] erforderten im vorliegenden Fall eine von der gängigen Definition des Bundesarbeitsgerichts (BAG) abweichende Bestimmung des Begriffs der Arbeitszeit. Für die europarechtliche Begriffsbestimmung ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts allein entscheidend, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Danach zählt die Bahnreisezeit als Arbeitszeit. Denn die regelmäßig mehrstündige An- und Abreise mit der Bahn sei einerseits bereits Teil der Leistungserbringung und beschränke andererseits die Freiheit der Fahrer, über ihre Zeit selbst zu bestimmen.

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