"Das mag in großen Betrieben machbar sein, aber bei uns im Handwerk geht das nicht", ist ein gängiger Einwand vieler Unternehmer im Handwerk, wenn es um innovative Strategien der Arbeitsgestaltung, der Organisation oder Unternehmensführung geht. Erfahrungsgemäß lassen sich derartige Einwände nur durch den Nachweis der Praktikabilität sowie des potenziellen Nutzens entkräften. Ein sehr gute Möglichkeit dazu sind Beispiele guter Praxis, also Handwerksbetriebe mit einem vorbildlichen Arbeitsschutz. Diese Vorreiterbetriebe sind einerseits ein Beleg für die Machbarkeit, Praktikabilität und den erzielbaren Nutzen und andererseits eine Orientierung für interessierte Handwerksbetriebe. Von Erfolgreichen lernen bedeutet nicht nachmachen oder kopieren, sondern kapieren und eine betriebsspezifische Umsetzung zu erarbeiten.

 

Unsere Empfehlung

  • Verwenden Sie Beispiele guter Praxis als Eisbrecher, wenn gegen Veränderungen permanent Einwände vorgebracht werden.
  • Wählen Sie für Ihr Unternehmen geeignete Beispiele guter Praxis aus. Ein Bezug zur Branche oder zum Gewerk ist dabei weniger wichtig als der Bezug zur Ausgangssituation bzw. zur Lösungsstrategie.
  • Die Betrachtung von Beispielen guter Praxis ist nur der Einstieg in die Auseinandersetzung mit dem eigenen Betrieb. Achten Sie darauf, dass nicht zu lange über das Fallbeispiel diskutiert wird, sondern sich die Diskussion mit der Frage beschäftigt "Was können wir daraus für uns lernen?".

Nachfolgend werden beispielhaft einige Umsetzungen von "Vorreiterbetrieben" skizziert.

3.1 Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch einen Mitarbeiterzirkel

Ein Sanitär-Heizung-Klima-Betrieb aus Baden-Württemberg mit 19 Mitarbeitern führt immer wieder bedarfsbezogen spezielle Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch. Grundlage dafür ist das deutlich erkennbare Interesse des Unternehmers für Fragen der Sicherheit und Gesundheit. Bereits seit langem ist die Nutzung der Sonnenenergie und anderer alternativer Energien (z. B. Erdwärme) ein großes Anliegen. Demzufolge richtet er seinen Betrieb und dessen Leistungen auch konsequent an der Philosophie der Nachhaltigkeit aus. Um glaubwürdig zu sein, führte dies zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit Fragen einer nachhaltigen Unternehmensführung.

Wer den Handwerksbetrieb besucht, dem fällt schnell die sehr positive Einstellung des Handwerkerehepaars gegenüber dem Arbeitsschutz auf. So betont die Ehefrau z. B.: "Wir betreiben aktiv Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung mit den Zielen, Positives aufzuzeigen, zu verstärken sowie Gefährdungen und Belastungen zu reduzieren. Jeder Beschäftigte weiß, wie wichtig seine Gesundheit für ihn und den wirtschaftlichen Erfolg unseres Unternehmens ist. Nur wer gesund, fit und motiviert ist, möglichst wenig Stress im täglichen Arbeitsalltag erlebt und den Mut hat, Konflikte mit den Kollegen offen anzusprechen und an deren Lösung mitzuwirken, kann sich und seine Arbeit selbstbewusst präsentieren und unsere Kunden begeistern."

Das macht deutlich: Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung sind bei diesem Handwerksbetrieb ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung werden gelebt. Damit wird eine leistungsfördernde Atmosphäre geschaffen (Transparenz der Arbeitsabläufe, offene, direkte und lösungsorientierte Kommunikation, Wertschätzung jedes Beschäftigten, Wissen um die Stärken und Schwächen der Kollegen, erkennbares Vertrauen: Jede/r gibt im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Bestes, Fordern und Fördern eines unternehmerischen Denkens etc.). Zudem werden Gefährdungen und Belastungen vermieden bzw. reduziert. Dafür wurde u. a. ein Mitarbeiterzirkel eingerichtet und damit beauftragt, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erarbeiten. Diesen Mitarbeiterzirkel führte der Handwerksbetrieb in Kooperation mit seiner Innungskrankenkasse (IKK) durch. Ziele dieser Kleingruppenaktivität waren:

  • Sensibilisierung der Beschäftigten für sicheres, gesundes und kooperatives Arbeiten.
  • Sammeln und Analysieren von gesundheitsförderlichen und belastenden Faktoren bei der Arbeit.
  • Erarbeiten konkreter Lösungsvorschläge, um die positiven Faktoren zu stärken und die Belastungen zu reduzieren.

    Der Mitarbeiterzirkel setzte sich aus vier Mitarbeitern (Monteure und Verwaltungsmitarbeiter) zusammen und wurde von einer Mitarbeiterin der IKK moderiert.

     
    Praxis-Beispiel

    Die Inhalte der neun ca. zweistündigen Sitzungen waren:

    • 1. Sitzung: Kennen lernen der Methode und Sammeln von gesundheitsförderlichen und belastenden Faktoren bei der Arbeit.
    • 2. Sitzung: Gewichten der gesammelten Punkte; Festlegen der Bearbeitungsreihenfolge; Sammlung erster Ideen.
    • 3. Sitzung: Entwicklung und Diskussion konkreter Lösungsideen.
    • 4.-8. Sitzung: Gemeinsame Sitzungen mit dem Unternehmer sowie mit den in das jeweilige Problem involvierten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern; Präsentation der Lösungsideen bzw. -vorschläge; Erarbeitung bzw. Abstimmung umsetzbarer Maßnahmen; Abstimmung eines Maßnahmenplans.
    • 9. Sitzung: Auswertung der Gruppensitzungen (Reflexion) und der eingeleiteten ...

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