Zusammenfassung

 
Überblick

Die Störfall-Verordnung (12. BImSchV) ist in Deutschland die zentrale Vorschrift zur technischen Sicherheit von Industriebetrieben, in denen größere Mengen gefährlicher Stoffe gehandhabt werden. Ziel dieser Verordnung ist die Verhinderung von Störfällen durch Sicherheitsvorkehrungen und die Begrenzung von Störfallauswirkungen auf Mensch und Umwelt bei auftretenden Störfällen. Die Störfall-Verordnung konkretisiert Anforderungen der Gefahrenvorsorge und der Gefahrenabwehr an Betreiber und Behörden und gilt für alle Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe oberhalb einer sog. Mengenschwelle vorhanden sind. Die Anwendung der Störfall-Verordnung ist ausschließlich abhängig vom Vorhandensein bestimmter Mengen an gefährlichen Stoffen.

Die Störfall-Verordnung dient – neben anderen Gesetzen und Verordnungen – zur Umsetzung der europäischen Richtlinie 2012/18/EU, die sich mit der Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen befasst und auch als Seveso-III-Richtlinie bezeichnet wird, in deutsches Recht. Sie ist am 14.1.2017 in Kraft getreten.

1 Rechtliche Regelungen

1.1 Europa

Nach mehreren folgenschweren Industrieunfällen, u. a. im Jahr 1976 im italienischen Ort Seveso, wurde 1982 die sog. Seveso-I-Richtlinie[1] von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erlassen. Diese Richtlinie wurde im Laufe der Folgejahre aufgrund weiterer Ereignisse überarbeitet und ausgeweitet und 1996 von der Seveso-II-Richtlinie[2] abgelöst.

Die bislang letzte umfassende Novellierung erfolgte 2012 als Seveso-III-Richtlinie.[3] Die Novellierung war angebracht, um das Störfallrecht an das weltweit harmonisierte System zur Einstufung von Chemikalien anzupassen sowie die Anforderungen an die behördliche Überwachung zu ändern. Das betrifft v. a. die Vorschriften über die Information und Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit und über deren Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.

Die Seveso-III-Richtlinie ist am 13.8.2012 in Kraft getreten. Sie war bis zum 31.5.2015 von den Mitgliedstaaten der EU in nationales Recht umzusetzen.

[1] Richtlinie 82/501/EWG des Rates über die Gefahren schwerer Unfälle bei bestimmten Industrietätigkeiten vom 24.6.1982.
[2] Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen vom 9.12.1996 (ABl. EG Nr. L S. 13).
[3] Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 4.7.2012 (ABl. EU Nr. L 197, S. 1), in Kraft getreten am 13.8.2012.

1.2 Deutschland

In Deutschland erfolgte die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie in deutsches Recht – neben weiteren Gesetzen und Verordnungen – hauptsächlich mit der Störfall-Verordnung. Letztendlich in Kraft getreten ist die Störfall-Verordnung in Deutschland am 14.1.2017.

Weitere Informationen zur Anlagensicherheit sind auf der Homepage der Kommission für Anlagensicherheit (KAS) zu finden. Die Kommission für Anlagensicherheit ist ein unabhängiges Gremium zur Beratung der deutschen Bundesregierung in Fragen der Anlagensicherheit, das von der Bundesregierung berufen wird. Die Aufgaben der Kommission sind im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Die Kommission zeigt Möglichkeiten zur Verbesserung der Anlagensicherheit auf und schlägt Regeln vor, die dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechen (Technische Regeln für Anlagensicherheit – TRAS). Darüber hinaus erarbeitet und veröffentlicht die KAS auch Leitfäden, Berichte und Arbeitshilfen zu Themen der Anlagensicherheit, die Empfehlungen für Anlagenbetreiber, Sachverständige und Behörden enthalten.

2 Betroffene Unternehmen

Von der Störfall-Verordnung betroffen sind Unternehmen, deren Betrieb als Betriebsbereich im Sinne des Störfallrechts anzusehen ist. Dabei ist ein Betriebsbereich der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich mit einer oder mehreren Anlagen, auch Lageranlagen, in dem gefährliche Stoffe tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind.

 
Wichtig

Betriebsbereich

Ein Betriebsbereich kann aus genehmigungs- und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bestehen; entscheidend allein ist die Menge der gefährlichen Stoffe. Dabei sind gefährliche Stoffe solche Stoffe oder Stoffgemische, die in Anhang I Störfall-Verordnung aufgeführt sind. Gefährliche Stoffe können aber auch vorhanden sein, wenn davon auszugehen ist, dass solche Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen, sofern dies vernünftigerweise vorhersehbar ist.

Es wird nach Betriebsbereichen der unteren und der oberen Klasse unterschieden. Die Störfall-Verordnung enthält hierzu konkrete Mengenschwellen für bestimmte Gefahrenkategorien (Gesundheitsgefahren, physikalische Gefahren, Umweltgefahren und andere Gefahren) sowie für namentlich genannte Stoffe (z. B. Chlor, Ammoniak, Wasserstoff). Betriebsbereiche der unteren Klasse sind solche, die die Mengenschwelle des Anhang I Spalte 4 Störfall-Verordnung erreichen oder übe...

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