EU-Emissionshandelssystem: An der Schwelle zu funktionierenden Kohlenstoffmärkten
Es ist eine Binsenweisheit, dass Knappheit Märkte schafft. Knapp sind die Aufnahmekapazitäten der Atmosphäre. Der jüngst veröffentlichte IPCC-Synthesebericht zeigte, dass wir zügig alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um die erforderliche Senkung des CO2-Gehalts von aktuell knapp über 420 parts per million (ppm) auf einen sicheren Bereich unter 350 ppm zu erreichen.
Was sind die wichtigsten Änderungen?
- Nach den neuen Zielstellungen müssen die europäischen Industrie- und Energieunternehmen ihre Emissionen bis 2030 um 62 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 senken, statt wie bisher nur um 43 Prozent.
- Das Emissionshandelssystem (ETS) wird grundlegend überarbeitet. Die Luft- und Schifffahrtsindustrie wird nun vollständig in das System integriert, und Stromerzeuger und starke Verschmutzer werden verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um 62 Prozent zu reduzieren. Ab 2034 werden keine kostenlosen CO2-Zertifikate mehr verfügbar sein. Damit werden ab dann drei Viertel der Emissionen in das Handelssystem einbezogen sein, statt bisher 40 Prozent.
- Parallel wird ein Kohlenstoffmarkt geschaffen, der ab 2027 die Emissionen aus Kraftstoffen für Autos und Gebäude erfasst. Um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, wird die EU eine Steuer für ausländische Unternehmen einführen, die die europäischen Klimastandards nicht einhalten. Die weltweit erste Kohlenstoff-Grenzsteuer, der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), wird ab 2026 schrittweise eingeführt und zielt auf die Einfuhr kohlenstoffintensiver Güter ab, also Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff. Importeure werden die Preisdifferenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten Kohlenstoffpreis und dem Preis der Kohlenstoffzertifikate im EU-Emissionshandelssystem bezahlen müssen. Es wird also nichts helfen, Produktion an (niedriger regulierte) Standorte zu verlagern.
- Um Härten aufgrund höherer Preise entgegenzuwirken, richtet die EU ab 2026 einen 86,7 Mrd. EUR schweren sozialen Klimafonds ein, um gefährdete und kleinere Unternehmen und Regierungen zu unterstützen, die von den Veränderungen betroffen sind. Dieser Fonds wird Anreize und finanzielle Unterstützung für saubere Energiealternativen bieten.
Fit for 55 – ein wichtiger Baustein zu einer grundständig positiven Wirtschaftsweise
B.A.U.M. als Netzwerk nachhaltiger und transformationswilliger Unternehmen begrüßt die Verbesserungen, insbesondere den Einbezug weiterer Branchen und das Auslaufenlassen kostenloser Emissionszertifikate. Die Beschlüsse signalisieren einen globalen Wandel hin zu einer Politik, die sensibel auf globale Umweltveränderungen reagiert, schafft bessere Marktbedingungen für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Globale Stoff- und Finanzströme sind ein wichtiger Baustein zu einer nicht nur weniger schädlichen, sondern rundum positiven Wirtschaftsweise. Gelingt es, durch Nachhaltigkeitsleistungen ein starkes und begeisterndes Wirtschaftsmodell in Europa zu schaffen, das zugleich sozialen Ausgleich im Blick hat, leistet „Fit for 55“ einen wichtigen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft für die EU und die Welt.
„Es gibt keine Passagiere auf dem Raumschiff Erde“, schrieb einst Marshall McLuhan. Das neue Klimapaket ist eine Erinnerung daran, dass wir alle eine konstruktive Rolle beim Schutz unseres Planeten spielen dürfen. Ran an die Ideenköcher!
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