Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Steuerberatung

Stammgäste eines Cafés, beide Finanzbeamte, haben die StBin, LL.M., Dipl.-Finanzwirtin Jennifer Frenken, damals noch Aushilfskellnerin, davon überzeugt, dass Steuern nicht die schlechteste Berufswahl sind. Dem Fach blieb sie treu, der Beamtenkarriere dagegen nicht. Heute ist sie leidenschaftliche Dozentin - und zweifache Mutter.

Jennifer, du hast 2020 auf deine Weiterverbeamtung im gehobenen Dienst verzichtet und dich stattdessen mit zwei kleinen Kindern in die Freiberuflichkeit gewagt. In welchen Etappen verlief dieser Weg?

Nach meinem Einstieg in die Finanzverwaltung kam ich schnell in den Lehrbezirk in einem Düsseldorfer-Amt und hatte dort als Ausbilderin im Finanzamt eine Tätigkeit, die mir riesigen Spaß gemacht hat. Allerdings führte die Versetzung nach der Ausbildung zu einen Arbeitsweg von zwei Stunden täglich. Im öffentlichen Dienst gilt der Grundsatz, dass die guten Leute dahin versetzt werden, wo die Verwaltung sie am besten eingesetzt sieht – und das entspricht nicht immer den persönlichen Zielen der Betreffenden.

Um weiter zu kommen ging es für mich sogar dann in die OFD nach Köln – nur leider bedeutete das eine noch weitere Strecke zur Arbeit. Ich wechselte in eine näher gelegene Kommune, wo ich feststellte, dass ich dort einfach kein breites steuerliches Betätigungsfeld hatte. Das war mir aber wichtig, ich hatte mich auch schon nebenberuflich weitergebildet und meinen Master of Laws absolviert. 2018 wurde dann meine Tochter geboren, und ich begann in der Elternzeit mit der Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen, um nach der Elternzeit wieder neue Möglichkeiten zu haben.

Das klingt auch nicht gerade nach einer einfachen Aufgabe...

Für mich war es die Erfüllung, wenn ich mich abends und buchstäblich am Rand des Spielplatzes einfach mit den Dingen beschäftigen konnte, die mich interessierten und herausforderten. Tatsächlich habe ich das Examen auch sehr gut geschrieben. Bei der mündlichen Prüfung war ich erneut schwanger, 2020 wurde mein Sohn geboren. Da war mir eigentlich schon klar, dass ich absolut in den Startlöchern für etwas Neues stecke, obwohl ich noch eine Zeitlang einige Stunden in der Kommune weitergearbeitet habe, bis mein Sohn ein Jahr alt war. 

Und dann hast du den Schritt gemacht, die Sicherheit des Beamtenstatus wogegen genau einzutauschen?

Den Machermodus! Das ist es, was die Tätigkeit in der freien Wirtschaft so sehr von der als Beamtin unterscheidet. Ich muss dazu sagen, dass ich auch leidenschaftlich gern Beamtin war und vor allem im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Job und Familie ist das ein großartiger Beruf. Denn dort ist klar: Man hat absolute Flexibilität in der Stundenanzahl, auch kurzfristiges Auf- oder Abstocken der Arbeitszeit ist ohne Probleme möglich. Aber auch bei zum Beispiel Krankheit des Kindes, war meine Erfahrung, dass der oder die Betreffende zuhause bleiben konnte ohne Abzüge oder Ängste, den Arbeitsplatz zu verlieren.

Das ist jetzt ganz anders: Wenn ich zum Beispiel gebucht werde für einen Vortrag, dann habe ich anwesend zu sein – ganz egal, ob mein Kind gerade einen Schnupfen hat. Der Druck ist in der freien Wirtschaft ist in meinen Augen viel höher aber gleichzeitig liebe ich auch die Freiheit, genau das zu tun, was mich erfüllt und meiner Leidenschaft entspricht. Das war für mich das Wichtigste bei der Entscheidung.

Wie läuft dein Alltag ab?

Ich arbeite als freiberufliche Dozentin für eine Reihe von Anbietern in den Bereichen Steuerberaterprüfungsvorbereitung, Weiter- und Fortbildung, werde aber auch von größeren Unternehmen für Inhouse-Schulungen im Bereich der Umsatzsteuer gebucht. Des Weiteren bin ich als Syndikus-StBin bei der Tax Academy tätig und übernehme eine leitende Stellung.

Ein Großteil meiner Tätigkeit ist remote, was sich besonders gut mit den Kindern vereinbaren lässt. Wenn ich mal einen ganzen Tag weg bin, übernimmt entweder mein Mann, der zwar ebenfalls Prokurist in einer größeren Firma und damit beruflich eingespannt ist, oder die Schwiegermama. Mein Mann zieht voll mit. Anders – und das gehört zur Wahrheit – funktioniert es bei uns nicht.

Steuerberatung zwischen Kita und Remote-Kurs

Wie gehen andere Frauen damit um?

Dazu muss ich sagen: In meinen Augen wollen viele Frauen die Verantwortung nicht abgeben, denn es ist ein bewusster Schritt, den jede machen muss. Die ersten Male ist mir die Trennung von den Kindern auch nicht leicht gefallen.

Wir haben unseren Tag organisiert und es klappt richtig gut: Wir sind frühe Vögel - meine Kinder gehen heute von sieben bis etwa 14:30 Uhr in die Kita, danach ist Kinderzeit – in der ich möglichst nicht arbeite, sondern wir zusammen kochen oder uns Hobbys widmen. Ab 18 Uhr, wenn sie im Bett sind, habe ich nochmals Arbeitszeit, entweder für Remote-Kurse oder für Skripte und Vorbereitung.

Wirst du noch mit dem alten Rabenmutter-Vorurteil konfrontiert, oder sind es andere Fragen, die dein Umfeld an dich stellt?

Tatsächlich höre ich andauernd 'Jenny, warum machst du das?' und 'Jenny, wie machst du das?' Die Antwort auf die zwei Fragen ist aber im Grunde dieselbe: Ich empfinde meine Arbeit überhaupt nicht als Belastung, weil ich genau das tue, was mich erfüllt und mir Spaß macht. Natürlich muss ich mich organisieren und auch gezielt Dinge abgeben, so habe ich etwa eine Putzfrau. Und auch bei den gemütlichen Mama-Frühstücken im Café am Vormittag bin ich nicht dabei, da arbeite ich – und das ist gut so.


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Gibt es einen Ratschlag, den du anderen Eltern oder Nicht-Eltern mit auf den Weg geben kannst?

Das ist jetzt eine Frage... Entscheidend ist, so glaube ich, den Mut zu finden, auf sein Herz zu hören. Dazu gehört auch, einen schon einmal eingeschlagenen Weg zu verlassen, wenn sich herausstellt, dass man darauf nicht die Dinge tun kann, die einen eigentlich erfüllen. Es bringt nichts, in einem Job zu verharren, der nicht zu einem passt. Das macht auf Dauer unglücklich und vielleicht sogar krank.

Was steht denn bei dir noch in Zukunft an?

Ich muss sagen, dass ich momentan total glücklich im ‚Jetzt‘ bin. Aber natürlich habe ich schon den einen oder anderen Plan, an dem ich auch bereits arbeite. So möchte ich irgendwann sicher etwas Eigenes haben – ob das aber zwingend eine Kanzlei sein muss? Außerdem möchte ich ein Netzwerk aufbauen. Das ist das Schöne an Eigenverantwortung: Man ruht sich nicht nur aus, sondern schaut nach vorne und fragt: Was kommt als Nächstes?


Zur Person: Jennifer Frenken, LL.M. ist Diplom-Finanzwirtin und hat die Steuerberaterprüfung im Jahre 2020 erfolgreich abgelegt. Sie ist Syndikus-StBin bei der Tax Academy und ist für verschiedene Bildungsträger als Dozentin tätig und unterrichtet schwerpunktmäßig Umsatzsteuer.

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