Zwangsauflösung einer § 6b-Rücklage durch Bilanzberichtigung

Wird eine Bilanzberichtigung vorgenommen, kann sich die Frage stellen, ob dies auch zu einer gewinnwirksamen Auflösung einer § 6b-Rücklage führt.

Das FG Düsseldorf und das Schleswig-Holsteinische FG haben sich jüngst mit dieser Frage befasst und kommen zu unterschiedlichen Antworten.

Zu Unrecht gebildete § 6b-Rücklage

Im Urteilsfall des FG Düsseldorf war u.a. eine 2002 gebildete § 6b-Rücklage bei einer Außenprüfung anerkannt worden. Die Körperschaftsteuerveranlagung 2002 wurde bestandskräftig Im Rahmen einer späteren Außenprüfung wollte das Finanzamt im Rahmen der ersten offenen Veranlagung die Rücklage im Wege der Bilanzberichtigung gewinnerhöhend auflösen und auch den Zinszuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG vornehmen. Das Finanzamt begründete dies mit dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs.

FG Düsseldorf: Keine Anwendung des Grundsatzes des formellen Bilanzenzusammenhangs

Das FG Düsseldorf lehnte die Ansicht des Finanzamts ab. Es hat entschieden, dass die Rücklage nach § 6b EStG in 2003 nicht aufzulösen ist; auch der Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG sei nicht anzusetzen (FG Düsseldorf, Urteil v. 3.5.2022, 6 K 3388/16 K,F, EFG 2022 S. 1484).

Steuerrechtlich sei ein Bilanzierungsfehler grundsätzlich bis zur Fehlerquelle zu berichtigen. Liege die entsprechende Bilanz indes einer rechtskräftigen Veranlagung zu Grunde, sei die Berichtigung des unzutreffenden Bilanzansatzes in der Schlussbilanz des ersten Wirtschaftsjahrs vorzunehmen, für das die Veranlagung nach allgemeinen Grundsätzen berichtigt oder geändert werden kann.

Die Frage, ob die Vorschriften der Bilanzberichtigung zur Auflösung rechtswidrig aber wirksam gebildeter Rücklagen anwendbar sind, sei streitig. Eine zu Unrecht gebildete Rücklage nach § 6b EStG kann, wenn die Steuerfestsetzung für das betreffende Jahr bestandskräftig ist, nach Ansicht des FG im Folgejahr nicht im Wege einer Bilanzberichtigung ergebniserhöhend aufgelöst werden. Vielmehr ist die Auflösung regelmäßig erst nach Ablauf der Reinvestitionsfrist gem. § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG möglich. Nach Auffassung des FG ergibt sich die Gewinnauswirkung (Minderung bei Bildung und Auflösung gegebenenfalls nach Zeitablauf zzgl. Zuschlag) nicht aus Bilanzierungsregeln, sondern ausschließlich aus den Sonderregeln des § 6b EStG. Die Auflösungsmöglichkeiten und steuerlichen Folgen sind in § 6b Abs. 3 EStG formuliert. Danach kann eine § 6b-Rücklage innerhalb der Reinvestitionsfristen weitergeführt werden.

Revision zugelassen und eingelegt

Das FG Düsseldorf hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und der Fortbildung des Rechts dient. Die zugelassene Revision wurde eingelegt und ist noch anhängig (Az beim BFH I R 25/22).

Schleswig-Holsteinisches FG: Anwendung des Grundsatzes des formellen Bilanzenzusammenhangs

Das Schleswig-Holsteinische FG hat dagegen entschieden, dass eine fehlerhaft gebildete Rücklage für den in der ersten noch offenen Bilanz aufgelöst werden muss. Die Verpflichtung zur Auflösung beruht danach auf dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs und dem Verbot einer Berichtigung von Bilanzen, die einer bestandskräftigen Veranlagung zu Grunde lagen (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 10.7.2024, 2 K 14/23, DStRE 2025 S. 449 Rz. 51). Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG ist erstaunlicherweise rechtskräftig.


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