Wann ein Arbeitgeber-Sammelpunkt vorliegt
Beschäftigte können für Fahrten zu ihrer ersten Tätigkeitsstätte nicht die tatsächlichen Aufwendungen, sondern lediglich Werbungskosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale geltend machen (ab 2026 geplant: durchgängig 0,38 Euro je Entfernungskilometer, bis Ende 2025 0,30 Euro für die ersten 20 Entfernungskilometer). Ein steuerfreier Arbeitgeberersatz ist ausgeschlossen. Das Gleiche gilt, wenn Mitarbeitende zwar keine erste Tätigkeitsstätte haben, aber auf Weisung ihres Arbeitgebers einen sogenannten Sammelpunkt aufsuchen müssen.
Arbeitgeber-Sammelpunkt gesetzlich definiert
Ein Sammelpunkt im Sinne des Einkommensteuergesetzes liegt vor, wenn die Beschäftigten nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen und den diese ausfüllenden Weisungen und Absprachen zur Aufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort (betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers) typischerweise arbeitstäglich aufsuchen.
Entscheidend für die Annahme eines Sammelpunkts ist, dass die Verpflichtung der Mitarbeitenden, sich an einem bestimmten Ort, an dem keine erste Tätigkeitsstätte begründet wird, einzufinden, auf eine Entscheidung des Arbeitgebers zurückgeht, die er in Ausübung seines Direktionsrechts getroffen hat.
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Mitarbeitende zwingend in den Betrieb oder eine Betriebsstätte ihres Arbeitgebers kommen müssen, um ihre Arbeit aufnehmen zu können. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber einen Treffpunkt außerhalb des Betriebs festlegt, an dem sich die Beschäftigten arbeitstäglich einfinden müssen, weil sie von dort aus durch einen vom Arbeitgeber organisierten Transport zu ihrem eigentlichen Einsatzort befördert werden. Weitere Erläuterungen und Beispiele dazu enthält das BMF-Schreiben zu den Reisekosten vom 25. November 2020 (IV C 5 - S 2353/19/10011 :006).
Wichtig: Auf die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten als Werbungskosten oder den steuerfreien Arbeitgeberersatz hierfür hat die Festlegung als Sammelpunkt keinen Einfluss, da die Mitarbeitenden weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte und somit auswärts beruflich tätig werden.
Was bedeutet "typischerweise arbeitstäglich"?
Bei mehreren Finanzgerichten sowie beim Bundesfinanzhof (BFH) war die Frage anhängig, wie der Gesetzeswortlaut "typischerweise arbeitstäglich" bei der Prüfung eines Sammelpunktes auszulegen ist.
Das Sächsische Finanzgericht hatte zunächst entschieden (Urteil vom 14. März 2017, 8 K 1870/16), dass eine typischerweise arbeitstägliche Anfahrt zu einem Sammelpunkt auch dann anzunehmen sein kann, wenn zwar die Anfahrt nicht an jedem Arbeitstag stattfindet, jedoch immer dann, wenn der Mitarbeitende von seinem Wohnort aufbricht, um seine Arbeit zu verrichten.
Arbeitstäglich heißt nicht ausnahmslos
Diese Auffassung hat der BFH im Grundsatz bestätigt, aber zugleich eine Negativabgrenzung festgelegt (Urteil vom 19. April 2021 - VI R 6/19): Ein "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen erfordert kein ausnahmsloses Aufsuchen des vom Arbeitgeber festgelegten Orts oder Gebiets an sämtlichen Arbeitstagen des Arbeitnehmenden. Ein nach Weisung "typischerweise fahrtägliches" Aufsuchen genügt aber nicht.
Im Urteilsfall war der Kläger als Baumaschinenführer angestellt. Zu den jeweiligen Baustellen gelangte er im Streitjahr entsprechend einer betriebsinternen Anweisung jeweils vom Betriebssitz aus mit einem Sammelfahrzeug seines Arbeitgebers. Dies betraf sowohl Fahrten mit täglicher Rückkehr als auch Fahrten zu sonstigen Arbeitsorten, an denen der Kläger (mehrtägig) übernachtete. Die Einsätze auf den "Fernbaustellen" dauerten in der Regel die gesamte Woche. Die Fahrtkosten zum Betrieb machte der Kläger als Reisekosten geltend. Er hatte an 145 Tagen den Arbeitgebersitz aufgesucht, um von dort seine berufliche Tätigkeit aufzunehmen und diese Fahrten mit der Kilometerpauschale von 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer in seiner Steuererklärung angesetzt. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten nur mit der Entfernungspauschale.
Nach dem Urteil des BFH ist es nicht maßgebend, dass der Mitarbeitende den vom Arbeitgeber bestimmten Ort oder das Gebiet im Veranlagungszeitraum ausnahmslos aufzusuchen hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob eine bestimmte prozentuale oder tageweise Grenze überschritten wird. Maßgebend ist vielmehr, ob der Arbeitnehmende entsprechend der Weisung des Arbeitgebers den Ort in der Regel aufzusuchen hat.
Ausnahmen sind mithin möglich wie z. B. infolge einer Fortbildungsveranstaltung oder eines unvorhergesehenen Einsatzes.
Abgrenzung: Fahrtäglich reicht nicht aus
Nicht ausreichend ist es nach Ansicht des BFH jedoch, wenn der Mitarbeitende bei wechselnden Einsatzorten weiß, dass er an jedem Arbeitstag, an dem er Fahrten von seiner Wohnung aus durchführen wird, immer den vom Arbeitgeber festgelegten Ort vor Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit aufzusuchen hat.
Nach Zurückverweisung durch den BFH wurde der Rechtsstreit im zweiten Rechtsgang beim FG Thüringen für erledigt erklärt (Beschluss vom 9. Juni 2022 1 K 461/21 – nicht dokumentiert, Quelle juris).
Lkw-Fahrer im Fernverkehr ohne Sammelpunkt
In einem weiteren Gerichtsfall Fall war der Kläger Kraftfahrer und arbeitete im Streitjahr für eine deutsche Spedition. Seine Touren begann und beendete er wöchentlich am Betriebssitz des Arbeitgebers, wo er auch vorbereitende Tätigkeiten verrichtete. Die wöchentlichen Fahrten dorthin machte er als Reisekosten geltend.
Das FG Berlin-Brandenburg gab der dagegen gerichteten Klage statt (Urteil vom 25. Februar 2025 - 15 K 3114/23). Ein Sammelpunkt lag nicht vor, da der Kläger den Betriebssitz nur zu Beginn und Ende der Woche, aber nicht arbeitstäglich aufgesucht hat. Da das Finanzamt keine Revision eingelegt hat, ist die Entscheidung rechtskräftig geworden. Eine Revision wäre wohl auch aussichtslos gewesen: Unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsprechung des BFH kann es sich in derartigen Fällen höchstens um ein fahrtägliches Aufsuchen handeln, das nicht ausreicht.
Bereits für das Finanzgericht Nürnberg (Urteil vom 13. Mai 2016, 4 K 1536/15) stand fest, dass beim Aufsuchen einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers an nur einem Tag in der Woche gerade nicht die Voraussetzungen eines Sammelpunkts vorliegen. Auch nach einer älteren Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts ( Urteil vom 15. Juni 2017 - 10 K 139/16) sucht ein Fernfahrer, der lediglich zwei bis drei Tage pro Woche seine Fahrtätigkeit am Firmensitz seines Arbeitgebers beginnt und die übrige Zeit mehrtägige Fahrten unternimmt, nicht typischerweise arbeitstäglich den Firmensitz seines Arbeitgebers zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit auf.
Anders kann die Beurteilung hingegen sein, wenn Lkw-Fahrer regelmäßig bzw. fast ausnahmslos am Ende des Arbeitstages wieder in ihren Heimatort bzw. zur Spedition zurückkehren.
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