Rechtsbehelfe gegen die neuen Grundsteuerbescheide

Die Behörden zünden derzeit die letzte Stufe der Grundsteuerreform. Sie erlassen die auf den Wertfeststellungen der Finanzämter basierenden Grundsteuerbescheide.

Der damalige Finanzminister Olaf Scholz hatte versprochen, dass es durch die Reform der Grundsteuer nicht zu einem höheren Steueraufkommen kommen werde und dass man das mit der Aufkommensneutralität hinbekommen werde. Es werde eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer angestrebt. Belastungsverschiebungen im Einzelfall seien jedoch unvermeidbar und Konsequenz aus der Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Etwaige Abweichungen vom aufkommensneutralen Hebesatz lägen in der alleinigen Kompetenz der Gemeinden. Die Gemeinden würden jede Anpassung des Hebesatzes genau prüfen und müssten ihre Haushaltsplanung gegenüber der Bevölkerung auch rechtfertigen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage , BT-Drs. 20/14448 v. 27.12.2024).

Trotz dieser Versprechen beklagen jetzt viele Steuerbürger enorme Steigerungen bei der Grundsteuer. Von daher stellt sich diesen die Frage, ob sie die Grundsteuerbescheide mit Erfolg anfechten und damit einhergehend, was sie als stichhaltige Begründung vortragen können oder sollen und welche verfahrensrechtlichen Regelungen zu beachten sind.

Im nachfolgenden Beitrag werden wichtige Fragen beantwortet und die zu beachtenden länderspezifischen Besonderheiten zusammengestellt.

Ein Blick zurück - was bisher geschah

Ausschlaggebend für die Neufestsetzung der Grundsteuer ist ein Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2018. Die Finanzämter hatten die Grundsteuer bisher auf der Grundlage völlig veralteter Einheitswerte berechnet. Um die Grundsteuer neu zu berechnen, waren fast 36 Mio. Grundstücke neu zu bewerten. Die Neubewertung der Grundstücke durch die Finanzämter ist nunmehr – bis auf wenige Ausnahmefälle – abgeschlossen.

Im Grundsteuerwertbescheid haben die Finanzämter die Höhe des Grundsteuerwerts festgestellt. Mit dem Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts erging regelmäßig auch zeitgleich der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag zum 1.1.2025 (Folgebescheid). In diesem Bescheid wurde der Grundsteuermessbetrag durch die Multiplikation das Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl festgesetzt.

Die Bescheide über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags enthalten den (ausdrücklichen) Hinweis, dass "aufgrund des Bescheids keine Zahlung zu leisten ist. Der Grundsteuermessbetrag ist lediglich die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die von der Gemeinde (bzw. in den Stadtstaaten vom Finanzamt) mit einem gesonderten Grundsteuerbescheid festgesetzt wird".

Viele Steuerbürger haben in der Vergangenheit bereits Einsprüche gegen das Bewertungsverfahren im Rahmen der Grundsteuerreform erhoben und insbesondere verfassungsrechtliche Zweifel an neuen Regelungen geltend gemacht. Die Finanzverwaltung weist derartige Einsprüche – entgegen ihrer in vergleichbaren Fällen üblichen Vorgehensweise – überwiegend nicht als unbegründet zurück, sondern bringt die Einspruchsverfahren zum Ruhen, bis der BFH bzw. das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen entschieden hat.

Tipp: Über weitere Einzelheiten zu den Einsprüchen im Bewertungsverfahren können Sie sich im Beitrag "Grundsteuer: Einsprüche gegen die neuen Bescheide ratsam?" informieren.

Erlass der Grundsteuerbescheide der Grundlage neuer Grundsteuerwerte

Aktuell erhalten viele Immobilieneigentümer die neuen Grundsteuerbescheide. Nicht selten kommt das böse Erwachen: Steigerungen bei der Grundsteuer um ein Vielfaches sind keine Seltenheit.

Dies ist allerdings regelmäßig eine unvermeidliche Folge der Neubewertung des Grundbesitzes infolge des Urteils des BVerfG vom 10.4.2018 zur Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung. Für einzelne Eigentümer von Grundbesitz kommt es zu einer Mehrbelastung, während andere Eigentümer von der Grundsteuerreform "profitieren". Letztlich werden hiermit die vom BVerfG beanstandeten Wertverzerrungen, die zu dem bisherigen verfassungswidrigen Zustand geführt haben, beseitigt.

Ob und inwieweit sich das Grundsteuermessbetragsvolumen zulasten der Wohngrundstücke (und somit zugunsten der Nichtwohngrundstücke) verschiebt, ist insbesondere von den räumlich-strukturellen Verhältnissen und Entwicklungen der Kommunen abhängig. Soweit die Länder es für erforderlich halten, wurde ihnen mit der Öffnungsklausel die rechtliche Möglichkeit eröffnet, spezifischen regionalen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. So haben einige Länder ihr verfassungsrechtlich eingeräumtes Abweichungsrecht genutzt, um (bereits) abweichende Steuermesszahlen für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke zu bestimmen.

Die Reform der Grundsteuer lässt das kommunale Hebesatzrecht unberührt. Das Aufkommen der Grundsteuer wird – den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 28 GG zur finanziellen Eigenverantwortung der Gemeinden folgend – auf kommunaler Ebene durch die Festsetzung der Hebesätze bestimmt. In einigen Bundesländern bestehen zudem landeseigene Vorschriften, die ihre Kommunen verpflichten, gegenüber den Bürgern denjenigen Hebesatz auszuweisen, bei dem im Vergleich zum Jahr 2024 eine Aufkommensneutralität bei der Grundsteuerbelastung eingetreten wäre (vgl. z. B. FinMin Baden-Württemberg v. 23.10.2024, FinMin Nordrhein-Westfalen, FinMin Rheinland-Pfalz v. 15.10.2024).

Rechtsbehelf gegen Grundsteuerbescheid einlegen?

Sobald man den Grundsteuerbescheid von der zuständigen Kommune (oder vom Finanzamt, s. unten) erhalten hat, sollte man diesen zunächst kritisch prüfen. Dabei sollte sich das Hauptaugenmerk auf folgende Punkte richten:

  • Stimmen die Angaben zur Immobilie?
  • Wurden die Angaben aus dem vorangegangenen Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheid richtig übernommen?
  • Wurde der Messbetrag mit dem korrekten, von der Kommune erhobenen Hebesatz multipliziert?

Wichtig: Wenn hier Fehler vorliegen, sollte innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid erhoben werden. Ein Widerspruch hat dennoch keine aufschiebende Wirkung. Die Grundsteuer muss trotzdem bezahlt werden.

Hinweis: Grundsätzliche, verfassungsrechtliche Einwendungen gegen den Grundsteuerwert, der auf den 1.1.2022 festgestellt worden ist, können beim Grundsteuerbescheid nicht vorgebracht werden. Dies war nur gegen den Grundsteuerwertbescheid oder (in Einzelfällen) gegen den Grundsteuermessbescheid möglich.

Beruht die Erhöhung der Grundsteuer nach dem neuen Recht insbesondere und vornehmlich auf einer Hebesatzerhöhung, ist die Frage zu prüfen, ob eine übermäßige Steuerbelastung vorliegt.

Eine gesetzlich bestimmte Hebesatz-Höchstgrenze besteht nicht. In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt landesrechtlichen Regelungen vorbehalten (§ 26 GrStG).

Nach Art. 14 Abs. 1 GG werden Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Die Steuerbelastung muss für den Steuerpflichtigen nach generalisierender Betrachtung, d. h. in der Regel, noch angemessen und zumutbar sein (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, (zur Einkommen- und Gewerbesteuer), und v. 5.4.1978, 1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102 (zur Vermögensteuer)).

Nicht mehr angemessen in diesem Sinne wäre etwa eine Hebesatzerhöhung und die daraus resultierende Steuer(mehr)belastung für die Steuerpflichtigen, wenn die Gemeinde ihrer nicht bedürfte. Dies wäre der Fall, wenn der Haushalt auch ohne Hebesatzerhöhung bereits ausgeglichen wäre und die Mehreinnahmen aus der Hebesatzerhöhung zu einer jedes vernünftige Maß übersteigenden Erhöhung der Rücklagen führen würden. Denn selbstverständlich dürfen (und sollen) die Gemeinden in wirtschaftlich guten Zeiten Haushaltsüberschüsse erwirtschaften und hieraus Rücklagen für wirtschaftlich schlechtere Zeiten bilden. Hierfür dürften sie auch die Hebesätze der Realsteuern (Gewerbesteuer und Grundsteuer) erhöhen. Die verfassungsrechtliche Grenze der Unangemessenheit bzw. Unzumutbarkeit würde in diesem Fall erst überschritten, wenn die Gemeinde bereits über genügende Rücklagen verfügen würde und eine weitere Rücklagenbildung nicht mehr vernünftig begründet werden könnte (OVG NRW, Beschluss v. 30.10.2024, 14 B 748/24; vgl. auch Hessischer VGH, Beschluss v. 5.8.2014, 5 B 1100/14; Bayerischer VGH, Beschluss v. 23.4.2013, 4 ZB 12.2144: wenn die Mehreinnahmen lediglich der gemeindlichen Kapitalbildung dienen würden).

Wichtig: Das OVG NRW (Beschluss v. 30.10.2024, 14 B 748/24) hat nach summarischer Prüfung in einem Antragsverfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Festsetzung der Grundsteuer B entschieden, dass eine Steuer nicht bereits dann verfassungswidrig ist, wenn sie nur einzelne Steuerpflichtige unzumutbar belastet.

  • Im Streitfall hatte die hebeberechtigte Gemeinde (Antragsgegnerin) den Hebesatz von 690 % auf 1.100 % erhöht (zur Erhöhung des Hebesatzes von 370 % auf 380 % vgl. bereits VG Kassel, Urteil v. 10.4.2024, 7 K 1707/22.KS).  Die Antragstellerin machte – so das OVG – zu Unrecht geltend, die Antragsgegnerin hätte bereits bei der Erstellung der Satzung deren einzelfallspezifische Auswirkungen berücksichtigen müssen und die Erhöhung des Hebesatzes führe zu einer erdrosselnden Wirkung der Grundsteuer B. Die Steuerbelastung müsse für die Steuerpflichtigen bei generalisierender Betrachtung, d. h. in der Regel, noch angemessen und zumutbar sein. Eine Steuer sei nicht bereits dann verfassungswidrig, wenn sie nur einzelne Steuerpflichtige unzumutbar belaste.
  • Daher habe die Antragsgegnerin vor Erlass der Steuersatzung auch keine Einzelfallbetrachtung anstellen müssen. Dies sei bei schätzungsweise mehr als 10.000 Steuerpflichtigen der Grundsteuer B im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin auch nicht möglich. Dafür, dass die Grundsteuer B der Antragsgegnerin in einer über Einzelfälle hinausgehenden Anzahl von Fällen zu einer unzumutbaren Steuerbelastung führe, habe die Antragstellerin nichts Substantiiertes dargelegt.
  • Die Antragstellerin wende zu Unrecht ein, die Festsetzung der Grundsteuer B im Bescheid der Antragsgegnerin sei deswegen rechtswidrig, weil die Festlegung des Hebesatzes auf 1.100 % (für das Haushaltsjahr 2024) wegen des Verstoßes der Haushaltssatzung gegen das Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft unwirksam sei. Die Anfechtung eines kommunalen Steuerbescheids sei daher kein geeignetes Mittel, die betreffende Gemeinde zu einer wirtschaftlicheren und sparsameren Haushaltsführung zu zwingen.
  • Hierfür hätten die Steuerpflichtigen nur zwei Möglichkeiten: Sie könnten sich entweder an die Kommunalaufsicht wenden mit der Bitte, gegen eine – aus ihrer Sicht – unwirtschaftliche oder verschwenderische Haushaltsführung der Gemeinde einzuschreiten. Oder sie könnten, sofern sie wahlberechtigte Bürger der betreffenden Gemeinde seien, bei der nächsten Kommunalwahl einen anderen Rat wählen, von dem sie sich eine wirtschaftlichere und sparsamere Haushaltswirtschaft versprächen.

Tipp: In Einzelfällen muss der unzumutbaren Belastung mit Billigkeitsmaßnahmen, also einer niedrigeren Steuerfestsetzung (§ 163 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. AO).oder einem Erlass (§ 227 AO).entgegengewirkt werden.

Anbringungsbehörde für einen Rechtsbehelf und anwendbare Verfahrensvorschriften

Für den Erlass des Grundsteuerwertbescheids (Grundlagenbescheid) und des Bescheids für den Grundsteuermessbescheid (Folgebescheid zum Bescheid über den Grundsteuerwertbescheid und zugleich Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid) sind die Finanzämter zuständig. Die Verwaltung der Grundsteuer obliegt zum Teil den Finanzbehörden der Länder, i. d. R den Gemeinden. In den Ländern Berlin und Hamburg wird die Grundsteuer von den Finanzämtern verwaltet.

Die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer einschließlich der Stundung, der Niederschlagung und des Erlasses obliegt – von den vorstehenden Ausnahmen abgesehen – der hebeberechtigten Gemeinde. Hierfür gelten in erster Linie die §§ 25 bis 34 GrStG sowie die in § 1 Abs. 2 AO für anwendbar erklärten Vorschriften der Abgabenordnung. Für die Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuermessbescheide sind die Finanzämter oder ggf. die Finanzgerichte zuständig, während die Aussetzung der Grundsteuerbescheide den Gemeinden obliegt. Wird die Vollziehung eines Grundsteuermessbescheids durch das Finanzamt ausgesetzt, so ist die Gemeinde verpflichtet, von Amts wegen auch die Vollziehung des hierauf beruhenden Grundsteuerbescheids auszusetzen, selbst wenn dieser unanfechtbar geworden ist (vgl. § 361 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AO).

Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte der Gemeinden

Für förmliche Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte der Gemeinden gelten die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und die zu ihrer Ausführung ergangenen Rechtsvorschriften, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist; im Übrigen gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), § 79 VwVfG.

Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 68 Abs. 1 VwGO). Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs (§ 69 VwGO). Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG, schriftformersetzend nach § 3a Abs. 3 VwVfG und § 9a Abs. 5 OZG oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat (§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO).  Hält die Behörde den Widerspruch für begründet, so hilft sie ihm ab und entscheidet über die Kosten (§ 72 VwGO). Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid (§ 73 Abs. 1Satz 1 VwGO). Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen (§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Wichtig: Ein Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid ist nicht generell kostenlos. Nur wenn der Widerspruch erfolgreich ist, fallen keine Gebühren an: Die Kosten muss nämlich immer die unterlegene Partei übernehmen.

Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Die Grundsteuer muss trotzdem bezahlt werden. Will der Betroffene die Grundsteuer nicht bezahlen, muss er zusätzlich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen. Wird diesem Antrag stattgegeben, muss man die Grundsteuer vorerst nicht zahlen, bis über den Einspruch entschieden wurde.

Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte der Finanzämter

Für förmliche Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte der Finanzämter – und für die Gemeinden, wenn dies durch Gesetz bestimmt ist – gilt die Abgabenordnung (AO). Die Vorschriften über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren befinden sich im Siebenten Teil der AO (§§ 347 ff. AO).

In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage regelmäßig nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist (§ 44 Abs. 1 FGO).

Ein Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzulegen oder zur Niederschrift zu erklären (§ 357 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist (§ 357 Abs. 2 Satz 1 AO) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden (§ 357 Abs. 3 AO).

Tipp: Das Einspruchsverfahren ist nicht kostenpflichtig. Steuerpflichtige und Finanzbehörden haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen. Auf die Kostenerstattung nach § 139 FGO, auch für das außergerichtliche Vorverfahren, wird hingewiesen (vgl. AEAO vor § 347, Nr. 2).

Durch die Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten (§ 361 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 361 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO).

Hält das Finanzamt den Einspruch für begründet, hilft sie ihm ab und entspricht damit dem Begehren des Einspruchsführers (§§ 132, 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Anderenfalls entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, über den Einspruch durch Einspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 1 Satz 1 AO). Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft (§ 367 Abs. 2 Satz 3 AO).

Achtung: Geltung der Abgabenordnung bei Verwaltungsakten der Gemeinden

In § 1 Abs. 1 AO hat der Bund den Geltungsbereich auf bundesgesetzlich (oder unionsrechtlich) geregelte Steuern beschränkt. In den unmittelbaren Anwendungsbereich der AO fallen daher nicht die landesgesetzlich geregelten Steuern. Für die Verwaltung der Realsteuern durch die Gemeinden ordnet § 1 Abs. 2 AO die teilweise Geltung der Abgabenordnung an. Diese "Sonderregelung" für Realsteuern gilt dabei nur, soweit die Verwaltung nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG auf die Gemeinden übertragen wurde, was in allen Flächenländern erfolgt ist.

Die AO ist nach § 1 Abs. 1 anwendbar, sobald und solange der Bundesgesetzgeber eine Steuer geregelt hat. Nur bei bundesgesetzlicher Regelung gilt der einheitliche Vollzug nach der AO und der Bund hat insoweit stets "das letzte Wort". Raum für landesrechtliche Verfahrensregeln ist bei der Reform der Grundsteuer allerdings durch die Eröffnung der abweichenden Landesgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG geschaffen worden.

Die Abweichungsbefugnis der Länder stellt nicht allein die inhaltliche Ausgestaltung des abweichenden Rechts in das politische Ermessen des Landesgesetzgebers, sondern eröffnet ihm auch verfahrensrechtliche Abweichungen, die er für sachgerecht erachtet.

Der abweichende Landesgesetzgeber muss – weil die AO nach § 1 Abs. 1 AO mangels bundesgesetzlicher Regelung nicht mehr gilt – durch eigene Regelungen oder (Teil-)Verweise auf die AO das Verfahrensrecht für die Grundsteuer regeln (vVgl. Drüen in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht - BewG/ErbStG/GrStG, 173. Lieferung, 1/2025, c) Abweichendes Landes-Grundsteuerverfahrensrecht?, Rz. 13 und 14).

Die Mehrzahl der abweichenden Länder sieht verfahrensrechtlich keine Abweichungen gegenüber dem Bundesrecht vor. Das gilt namentlich für Sachsen und das Saarland. Für sie gilt angesichts nur punktueller Abweichungen bei den Steuermesszahlen die AO nach § 1 Abs. 1 AO unmittelbar und als Bundesrecht.

In den anderen abweichenden Ländern ist dagegen nach Geltungsgrund und Reichweite der Geltung der Abgabenordnung zu unterscheiden: Baden-Württemberg hat als einziges Land eine Vollregelung des Grundsteuerrechts getroffen, verweist aber für die Tätigkeiten der Landesfinanzbehörden dynamisch weitgehend auf die AO und das FVG, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW für entsprechend anwendbar erklärt werden. Die anwendbaren Vorschriften der AO werden zu Landesrecht. § 2 Abs. 1 Satz 2 LGrStG BW erklärt § 1 Abs. 2 und 3 AO bei der Verwaltung der Grundsteuer durch die Gemeinden für entsprechend anwendbar.

In Bayern erklärt Art. 10 Abs. 2 Satz 1 LGrStG Bayern die Vorschriften der AO für entsprechend anwendbar, soweit im LGrStG nichts anderes bestimmt ist. Daneben verweist Art. 6 Abs. 5 LGrStG Bayern für Anzeige- und Steuererklärungspflichten speziell auf die §§ 149 f. AO und Art. 6 Abs. 1 Satz 3 LGrStG Bayern schließt bei der Ermittlung der Äquivalenzbeträge gezielt § 163 AO aus. Diese Regelungen sind konstitutive und nicht nur deklaratorische, die die Vorschriften der Abgabenordnung ins Landesrecht transformieren.

Dasselbe gilt für Hamburg (§ 11 Abs. 2 Satz 1 LGrStG Hamb.), Hessen (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 LGrStG Hessen) und Niedersachen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 NGrStG). In Bayern und Niedersachen schließt der Verweis die Anwendbarkeit der AO für die Verwaltung der Grundsteuer durch die Gemeinden über § 1 Abs. 2 AO ein. In Hessen gilt § 1 Abs. 2 AO mangels einer dezidierten Regelung der Verwaltungstätigkeit der Gemeinden dagegen unmittelbar.

Hinweis: Mögliche Unterschiede bei den Fristen

Es kann im Hinblick auf einzuhaltende Fristen im Vorverfahren einen Unterschied machen, ob die Bekanntgabe des Grundsteuerbescheids durch die Gemeinde oder das Finanzamt erfolgt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist nach § 108 Abs. 3 AO mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Diesen Grundsatz wendet der BFH auch für die 4-Tages-Bekanntegabefiktion (seit 1.1.2025: 4 Tage; bis Ende 2024: 3 Tage) des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO an (BFH, Urteil v. 14.10.2003, IX R 68/98). Für Klagen gegen Gemeinden sind allerdings die Verwaltungsgerichte zuständig, die die Bekanntgabefiktion nach wie vor als Fiktion/Termin und nicht als Frist betrachten, sodass sie § 108 Abs. 3 AO im Widerspruchsverfahren nicht für anwendbar halten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 30.10.2014; OVG Lüneburg, B.v. 26.10.2006, 7 PA 184/06; Beschluss v. 7.12.2021, M 10 S 21.4517).

Fazit

Wer Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuerwertbescheid (Bundesmodell) bzw. bei den Ländermodellen gegen den Bescheid über den diesbezüglichen Grundlagenbescheid eingelegt hat, wird sich noch in Geduld üben müssen, bis der BFH bzw. das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer eine Entscheidung treffen.

Einsprüche gegen die Grundsteuerbescheide dürften nur dann Erfolg haben, wenn die Angaben zur Immobilie unzutreffend sind, Angaben aus dem vorangegangenen Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheid nicht richtig übernommen wurden oder der Messbetrag nicht mit dem korrekten, von der Kommune erhobenen Hebesatz multipliziert wurde. In Bezug auf die Festlegung des Hebesatzes ist ein Rechtsbehelf eher wenig erfolgversprechend, denn eine gesetzlich bestimmte Hebesatz-Höchstgrenze besteht nicht. Nur wenn eine übermäßige Steuerbelastung vorläge, sähe die Sache wohl anders aus.

Welche verfahrensrechtlichen Regelungen anwendbar sind, ergibt sich regelmäßig aus den Bescheiderläuterungen und der Rechtsbehelfsbelehrung in den Grundsteuerbescheiden.


Schlagworte zum Thema:  Grundsteuer, Grundsteuerreform