Kanzlei-Tipp: Mit frischen Ideen zur Mitarbeit motivieren

In vielen Kanzleimitarbeitern schlummern Ideenpotenziale. Oft gelingt es jedoch nicht, diese "Schatztruhe" zu öffnen und systematisch zur Optimierung der Kanzleiabläufe zu nutzen. Mit den folgenden Voraussetzungen und erprobten Methoden gelingt es, die Mitarbeiter zum Mit-Denken und Mit-Gestalten zu bewegen und deren Kreativität zu fördern.

Ein Ideen-freundliches Klima

Damit Mitarbeiter Ideen und Vorschläge überhaupt äußern, ist das Umfeld entscheidend. Je nachdem, wie Sie und Ihre Mitarbeiter reagieren, werden Verbesserungsvorschläge gefördert oder die Ansätze bereits im Keim erstickt.

Beispiel: Bei einem Mitarbeiter-Workshop werden Ideen gesammelt, was getan werden kann, damit sich die Mandanten noch wohler in der Kanzlei fühlen. Einer von vielen Vorschlägen: ein Aquarium im Wartebereich. Was glauben Sie, war die erste Reaktion der anderen Mitarbeiter: "So ein Quatsch! Wer soll denn das putzen!" Die Auswirkungen dieses impulsiven Handelns:  

  • Eine an sich gute Idee wird nicht zu Ende gedacht, weil ihr ohne zu überlegen "Undurchführbarkeit" bescheinigt wird.
  • Die Motivation dieses Mitarbeiters, weitere Ideen beizutragen, ist zerstört.
  • Weitere Vorschläge wagen die anderen Mitarbeiter nicht mehr vorzubringen, weil sie eine ähnlich negative Reaktion befürchten.

Wirken Sie dieser Mentalität von Anfang an entgegen. Killerphrasen wie "das funktioniert doch nie", "das haben wir schon immer so gemacht" oder "das haben wir noch nie so gemacht"  machen die engagiertesten Mitarbeiter auf Dauer zu "Beamtentypen". Nutzen Sie die nächste Mitarbeiterbesprechung dazu, um Spielregeln für den Umgang mit Vorschlägen festzulegen. 

Beispiel: Spielregeln für den Umgang mit Vorschlägen

  1. Jede Idee / jeder Vorschlag ist willkommen.
  2. Die erste Reaktion ist positiv, indem wir uns dafür bedanken.
  3. "Das geht nicht!" gibt es bei uns nicht. Wir fragen uns immer, "Wie könnte es gehen?"
  4. Erst in einem zweiten Schritt werden die Ideen auf ihre Umsetzbarkeit geprüft.
  5. Die Mitarbeiter erhalten grundsätzlich Rückmeldung, ob ihre Vorschläge umgesetzt werden oder nicht.

Die richtigen Fragestellungen

Für die Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen ist es auch wichtig, über konkrete Fragestellungen nachzudenken. Insbesondere wenn es die Mitarbeiter noch nicht gewohnt sind, Vorschläge und Ideen eigenständig zu entwickeln.

Die Frage "Was können wir verbessern?" ist so weit gefasst, dass man als Mitarbeiter gar nicht weiß, worüber man nachdenken soll. Führen Sie Ihre Mitarbeiter an konkrete Lösungsansätze heran und legen Sie Bereiche fest, die sie bearbeiten. So fördern Sie das selbstständige Denken und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Arbeitsbereich und der Kanzleientwicklung.

Beispiele: Ausgewählte Fragestellungen

  • Was würde mir die tägliche Arbeit am eigenen Arbeitsplatz erleichtern?
  • Wie können wir die Kommunikation intern so verbessern, dass jeder die für ihn
  • relevanten Informationen zeitgerecht erhält?
  • Was können wir tun, damit die Mandanten ihre Unterlagen frühzeitig einreichen?
  • Welche Störfaktoren hindern uns daran, unsere Arbeit effizient zu erledigen?
  • Wie muss die Buchhaltung am Jahresende übergeben werden, damit der
  • Jahresabschluss-Bearbeiter sich auf seine Kerntätigkeit konzentrieren kann?
  • Was können wir tun, um neue Mandanten zu gewinnen?
  • Womit können wir unseren Mandanten eine Freude machen?
  • Wenn Sie von einer Fee drei Wünsche für Ihre Arbeit frei hätten,
  • welche wären das? Und woran merken Sie, dass die Wünsche in Erfüllung
  • gegangen sind?

 Als Auftakt für die Ideensammlung kann eine Mitarbeiterbefragung hilfreiche Aufschlüsse liefern. Durch gezielte Fragestellungen kann sie aufzeigen, inwieweit das Problembewusstsein und Veränderungswille überhaupt vorhanden sind und was die Mitarbeiter bislang daran hindert, sich einzubringen.

Bei bereits durchgeführten schriftlichen, anonymen Mitarbeiterbefragungen kamen die interessantesten Antworten übrigens immer auf folgende Frage: "Was würden Sie sofort ändern, wenn Sie die erforderliche Kompetenz hätten?"

Angefangen vom neuen Teppichboden bis hin zu Überlegungen zu Arbeitszeitregelungen zeigen die Antworten hier das überall vorhandene aktive Interesse an der Kanzlei, das in den Mitarbeitern schlummert. Sie müssen einfach nur einmal richtig gefragt werden.

Der kreative Ort

Wo haben Menschen die besten Ideen? Bekanntermaßen unter der Dusche. Übersetzt für die Kanzleiarbeit: Außerhalb der Arbeitssituation in einer entspannten Umgebung. Geben Sie Ihren Mitarbeitern auch den Raum, um neue Ansätze und Wege zu finden. Wenn Sie während der Kanzleibesprechung Ideen zu bestimmten Fragestellungen sammeln wollen, müssen Sie dafür entsprechend Zeit einkalkulieren. Schnell mal eben in 5 Minuten werden keine Vorschläge entwickelt.

Am sinnvollsten ist es, eigene Ideen-Workshops zu etablieren, also 3 bis 4 Mitarbeiter, die sich mit einer bestimmten Fragestellung auseinandersetzen. Nennen Sie es Qualitätszirkel oder Ideenschmiede, dadurch verankern Sie das Bewusstsein bei den Mitarbeitern, selbst für die Arbeitsergebnisse verantwortlich zu sein.

Wenn Sie mit solch einer Ideenschmiede starten, machen Sie das am besten außerhalb der Kanzlei. Es geht ja darum, den Kopf für Neues zu öffnen. Die Bereitschaft, Vorschläge zuzulassen fällt in einer anderen Umgebung leichter als in der Kanzlei, in der die gewohnten Arbeitsabläufe praktiziert werden.

Kreative Techniken und Methoden

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Kreativität ein besonderes Talent oder eine angeborene Fähigkeit wäre. Es ist viel mehr die Kunst, Bekanntes und Erfahrungen in neue Zusammenhänge zu bringen.

Manchen Menschen fällt das leichter als anderen, weil sie mit einer offenen Einstellung durch die Welt gehen und sich bei allem fragen, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben. Grundsätzlich kann das aber jeder.

Eine oft verwendete Technik ist das "Brainstorming", also das spontane, ungeordnete Sammeln von Ideen, die auf einem Flip-Chart notiert werden. Kommentare und Kritik sind dabei nicht erlaubt, alles wird aufgeschrieben. Die Bewertung der Ideen erfolgt erst in einem zweiten Schritt. Die Quantität ist entscheidend, nicht die Qualität. Diese Methode hilft, um Stichworte für ein Thema zu sammeln, hat aber den Nachteil dass ruhige Mitarbeiter ihr Potenzial nicht entfalten, wenn sie sich von den Ideen der anderen überfordert fühlen. Da die Strukturierung fehlt, sind die Ergebnisse außerdem meist nur sehr mühsam auszuwerten.

Die sinnvollere Methode für Ideen-Workshops ist die Metaplan-Technik (Kartenabfrage). Sie brauchen dazu eine Metaplan-Wand (Pin-Wand), Moderationskarten und Filzstifte. Lassen Sie dann zu einer konkreten Fragestellung jeden Mitarbeiter für sich Antworten stichwortartig auf den Karten notieren. Für jedes Stichwort wird eine eigene Karte verwendet. Nach ca. 10 Minuten werden dann von allen die Karten eingesammelt, gemischt und anschließend vorgelesen und an die Wand gepinnt.

Während dieses Vorgangs können bereits Zuordnungen erfolgen, das heißt inhaltlich zueinander passende Karten werden zusammen aufgehängt, sodass am Ende Themenkomplexe zusammengefasst werden können.

Mit Hilfe dieser Vorgehensweise gelingt es Ihnen, alle Mitarbeiter einzubeziehen und strukturiert Lösungen auszuarbeiten. Da jeder erst einmal für sich seine Überlegungen notiert, ist jeder gefordert über die Fragestellung nachzudenken und sich zu beteiligen. Durch die Strukturierung und Zusammenfassung der Antworten können jetzt wieder einzelne Stränge aufgegriffen und ausgearbeitet werden.

Sie haben ein schriftliches Ergebnis aus dem wiederum weitere Maßnahmen abgeleitet werden können. Wer einmal mit dieser Methode gearbeitet hat, weiß um wie viel effizienter Lösungen gefunden werden. Erfahrungswerte zeigen, dass rund 50% weniger Zeit benötigt werden, um sinnvolle Arbeitsergebnisse zu erzielen.

Bewertung und Umsetzung

Nicht jede Idee kann sofort umgesetzt werden, manche gar nicht. Für die Mitarbeiter ist es wichtig, die objektive Kriterien für die Bewertung der Lösungsvorschläge zu kennen. 

Dabei sollte nicht nur der Lösungsansatz bewertet werden, sondern auch das Problembewusstsein. Möglicherweise hat ein Mitarbeiter nicht gleich die perfekte Lösung parat, aber er hat ein Problem erkannt, über das es sich lohnt weiter nachzudenken. Legen Sie dies am besten gemeinsam mit ihren Mitarbeitern fest und bestimmen Sie dann einen Ideenbeauftragten, der sämtliche Vorschläge sammelt und auswertet. Damit kann dann eine Kosten/Nutzen-Analyse erfolgen, anhand derer entschieden wird, ob und in welchem Zeitraum die Idee umgesetzt werden kann. 

Beispiele: Bewertungskriterien

Finanzieller Nutzen
  • Wie viel Geld/Arbeitszeit kann eingespart werden?
Außenwirkung
  • Inwieweit verbessert es das Verhältnis zum Mandanten?
  • Macht es uns interessanter?
  • Dient es der Weiterempfehlung?
Mitarbeitermotivation
  • Inwieweit wird dadurch das Klima in der Kanzlei verbessert?
Qualitätssicherung
  • Was wird dadurch sichergestellt?
  • Welche Fehler werden künftig dadurch vermieden?
Umsetzbarkeit
  • Wie schnell/leicht lässt sich der Vorschlag verwirklichen?

Die Überlegungen dazu werden in der Kanzleibesprechung vorgetragen und können noch einmal hinterfragt werden. Wenn die Umsetzung erfolgen soll, wird ein Mitarbeiter als Ideenverantwortlicher benannt, der sich darum kümmert.

Kanzleien, die ein Qualitätsmanagement installiert haben, kennen diesen Prozess als, "Kontinuierlichen Verbesserungsprozess" oder unter ähnlichen Begriffen wie "TQM – Total Quality Management" oder die japanische Variante "Kaizen". Entscheidend dabei ist, dass die Mitarbeiter erkennen, dass ihre Vorschläge Anerkennung finden und in die Kanzleiarbeit einfließen.

Prämierung und Ideenwettbewerbe

Wenn alle Mitarbeiter dahinterstehen, kann es auch förderlich sein, Ideenwettbewerbe zu veranstalten und Prämien zu vergeben. Es gibt Kanzleien, bei denen erhält der Mitarbeiter, der die meisten Ideen pro Jahr eingereicht hat, einen Gutschein. In einer anderen Kanzlei wurde für jede Idee ein Los ausgegeben. Bei der Weihnachtsfeier gab es dann eine Tombola, bei der jedes Los einen Preis gewonnen hat.

Wenn Sie ein Punktesystem für die Ideen einsetzen, können Sie die Idee mit der höchsten Bewertung belohnen. Sie können auch in einer geheimen Abstimmung die Idee des Jahres wählen lassen.

Fazit

Auch wenn sich die Ideen nicht unbedingt in Zeitersparnis messen lassen, sind es viele andere positive Auswirkungen, die solch ein gelebtes Ideenmanagement spannend für jede Kanzlei machen.

Weitere Kanzlei-Tipps:

Entwicklung strategischer Geschäftsfelder in der Steuerkanzlei

Mandanten-Termine professionell organisieren

Gefahren für das Honorar vermeiden

Schlagworte zum Thema:  Kanzleimanagement, Steuerberater, Steuerberatung