Abzug von Kosten für einen Heimarbeitsplatz

Nach der Formulierung im Gesetz dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Beispiel: Telearbeitsplatz
A ist Finanzbeamter im Innendienst und erbringt seine Arbeitsleistung an 3 Tagen (Montag bis Mittwoch) in seinem häuslichen Arbeitszimmer und an 2 Tagen an seinem Arbeitsplatz im Finanzamt. Der Arbeitsplatz im Finanzamt würde ihm auch Montags bis Mittwochs zur Verfügung stehen.
Wird eine in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistung wöchentlich an 3 Tagen an einem häuslichen Telearbeitsplatz und an 2 Tagen im Betrieb des Arbeitgebers erbracht, liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung - wie hier - im häuslichen Arbeitszimmer (vgl. BFH, Urteil v. 23.5.2006, VI R 21/03, BStBl 2006 II S. 600).
Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung kein eigenständiger Abzugstatbestand?
Das FG Bremen hat aktuell die Auffassung eines Finanzamts bestätigt und dabei rechtskräftig entschieden (Urteil v. 15.9.2016, 1 K 18/16 (5)), dass das Tatbestandsmerkmal "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung" keinen eigenständigen Abzugstatbestand darstellt, sondern die Abzugshöhe erst dann zu prüfen ist, wenn feststeht, dass für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Wenn zu beurteilen ist, ob und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abgezogen werden dürfen, sei folgende Prüfung durchzuführen:
- In einem ersten Schritt sei zu fragen, ob für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Wenn in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, scheide der Abzug von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten aus.
- Stehe dagegen fest, dass dem steuerpflichtigen Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz als sein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht, sei zu untersuchen, ob der Abzug unbegrenzt oder nur bis zu einem Betrag von 1.250 EUR zulässig ist. Dafür würde geprüft, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Zustimmung durch BFH?
Aus einer jüngeren Entscheidung des BFH (Urteil v. 16.7.2014, X R 49/11) könnte man deuten, dass auch der BFH die Auffassung des FG Bremen teilt. Hier hatte er nämlich für die zwischen 2007 und 2009 geltende Gesetzesfassung zum Ausdruck gebracht, dass im Falle des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer, - gegen den Wortlaut der Fassung des JStG 2010, aber nach der Fassung des StÄndG 2007- jedenfalls für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des JStG 2010 der Abzug in voller Höhe auch dann möglich ist, wenn für die Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Wie diese Frage für die Veranlagungszeiträume seit 2010 zu beurteilen ist, war aber im Streitfall nicht entscheidungserheblich.
Praxis-Tipp: Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung vertritt (i. d. R.) eine großzügigere Auffassung (BMF, Schreiben v. 2.3.2011, BStBl 2011 II S. 195), auf welche sich weiterhin bezogen werden sollte. Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3, 2 Hs. EStG). Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 EUR je Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar (1. Hs).
Nach Meinung der OFD Münster ergibt sich hieraus (Kurzinfo ESt 6/2013 v. 21.3.2013), dass das Vorliegen eines "anderen Arbeitsplatzes" für den Abzug von Arbeitszimmerkosten nur schädlich ist, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. Folglich kann ein Arbeitnehmer, der einen Heimarbeitsplatz hat und bei dem das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bildet, die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer auch dann in voller Höhe geltend machen, wenn ihm ein "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht (für den hier vorliegenden Telearbeitsplatz vgl. auch LfSt Rheinland-Pfalz v. 1.10.2014, S 2354 A-St 32 2, FMNR392470014).
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