Revision eingelegt (BFH VIII R 47/13)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob die Übertragung von Aktien einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft aufgrund einer Unternehmensumgliederung (spin-off) zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG (2008) führt
Leitsatz (amtlich)
1. Einkünfte aus privatem Kapitalvermögen nach § 20 EStG entstanden bis zum Veranlagungszeitraum 2008 mit dem Zufluss von Erträgen aus der Nutzung privaten Geldvermögens, nicht aus dessen Wertsteigerung.
2. Umstrukturierungsmaßnahmen einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft (spin-off), die nicht auf einem Gewinnausschüttungs- oder Gewinnverteilungsbeschluss gründen, waren (bis 2008) der nicht steuerbaren Vermögenssphäre der Anteilseigner zuzuweisen.
3. Ein steuerpflichtiger Kapitalertrag bei Maßnahmen der Unternehmensumstrukturierung (z.B. Abspaltung, Entflechtung) liegt dann nicht vor, wenn keine bereits bestehenden Gesellschaftsanteile durch eine Sachausschüttung ausgegeben werden, sondern sich die Entflechtung im Wege einer Anteilsaufteilung vollzieht und sich die Umstrukturierung im Ergebnis als eine Neuverteilung der bereits in den alten Aktien enthaltenen Vermögenswerte darstellt.
4. Im Hinblick auf die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit konnten (im Streitjahr 2008) von Anteilseignern ausländischer Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten Nachweise im Sinne von § 27 Abs. 1, Abs. 8 KStG nicht darüber verlangt werden, dass Umstrukturierungsmaßnahmen aus einem steuerlichen Einlagekonto finanziert worden sind.
5. Über den Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG hinaus waren (im Streitjahr 2008) Kapitalrückzahlungen außerhalb der Herabsetzung von Nennkapital bei ausländischen Kapitalanlagengesellschaften nicht als einkommensteuerpflichtige Kapitalerträge zu behandeln, wenn unter Berücksichtigung des maßgeblichen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts von einer Rückzahlung aus der Kapitalrücklage auszugehen war (entspr. BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 117/08).
Normenkette
EStG (2008) § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a; KStG § 27 Abs. 1, 8
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Übertragung von Aktien einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft, die aufgrund einer Unternehmensumgliederung aus dem bisherigen Aktienbestand abgespalten wurden („spin-off”), für den inländischen Kapitalanleger zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG führt.
Der Kläger ist Pensionist, die Klägerin ist Rentnerin; sie sind miteinander verheiratet. Beide beziehen Alterseinkünfte und verfügen über inländisches und ausländisches Kapitalvermögen.
Die Klägerin erwarb am 06.02.2006 bei der B 500 Stück Aktien (WKN xxx) ... der T (USA) zu einem Kurs von 59,75 € (Kurswert insgesamt 29.875 €), die in ihrem Girosammeldepot verwahrt wurden. Der Kurs stand zum 31.12.2007 bei 51,90 € je Aktie somit bei einem Kurswert von insgesamt 25.950 €.
Der US-amerikanische Konzern M änderte seinen Namen im Jahr 2003 in T . Zu dem Konzern gehörten eine Vielzahl von US-amerikanischen und 1 en Unternehmen, u.a. die Firma M 1 , eine Tochterfirma im Alleineigentum der T .
Aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsrats (Board of Directors) vom 30.01.2008 löste T das Kapital von M 1 zu 100 % aus ihrem Unternehmen heraus, um in diesem Unternehmen das internationale Geschäft selbständig zu führen. Die Ausgliederung (spin-off) erfolgte zum Stichtag (Record Date) 19.03.2008 im Benehmen mit den US-amerikanischen Behörden dort steuerfrei. Mit Zuteilung vom 28.03.2008 (Distribution Date) erhielt als Ergebnis des spin-off jeder Anteilseigner der T je Aktie eine Aktie der M 1 . Die Ausgliederung führte laut Konzernsaktionärsbrief zu einem Verbrauch an Eigenkapital (Stockhoder`s Equity) der T um 14,375 Billion US-Dollar.
Die Aufgliederung der Bilanz-Summen der T stellte sich wie folgt dar:
Stichtage |
31.12.2007 |
31.12.2008 |
Währung |
US-$ Billion |
US-$ Billion |
Summe Aktiva (Total Assets) |
57,746 |
27,215 |
Summe Passiva (Total Liabilities) |
38,844 |
24,387 |
Die Aufgliederung des Eigenkapitals der T ist aus folgender Aufstellung ersichtlich:
Stichtage |
31.12.2007 |
31.12.2008 |
Währung |
US-$ Billion |
US-$ Billion |
Stockholders`Equity: |
|
|
Stammaktien mit einem Nennwert von $ 0,33 1/3 pro Stück bei 2.805.961.317 ausgegebenen Aktien (Common stock, par value $ 0,331/3 per share, 2,805,961,317 shares issued) |
935 |
935 |
Zusätzlich eingezahltes Kapital (Additional paid-in capital) |
6,884 |
6,350 |
im Unternehmen reinvestiertes Ergebnis (Earnings reinvested in the business) |
34,426 |
22,131 |
Kumulierte übrige (Verluste) Gewinne (Accumulated other comprehensive (looses) earnings) |
111 |
2,181 |
Kosten für erworbene Aktien (Cost of repurchased stock) |
23,454 |
24,407 |
Summe Eigenkapital (total stockholders’ equity) |
18,902 |
2,828 |
|
|
|
Summe Passiva und Eigenkapital (Total Liabilities and total stockholders’ equity) |
57,746 |
27,215 |
Für die Klägerin nahm die B zum 31.03.2008 die Einbuchung von 500 Stück Aktien M 1 Inc. (WKN yyy) zu einem Kurswert von 0 € vor.
Eine Aktie der T ...