Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein zusätzliches Entgelt durch Dritte liegt nur vor, wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmers und der Zuwendung des Dritten feststellbar ist.
Normenkette
UStG § 5 Abs. 1; UStDB § 10 S. 2; UStG § 10/1/3
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) betreibt eine Walzenmühle. Sie erhielt im Jahre 1954 von der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel (EVSt) für die Beförderung ausländischen Qualitätsweizens in ihren Betrieb Frachtzuschüsse in Höhe von X DM. Das Finanzamt sah hierin ein zusätzliches Entgelt für die von der Stpfl. gelieferten Erzeugnisse und unterwarf deshalb diese Zuschüsse mit 1,5 v. H. der Umsatzsteuer. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Die Berufung führte zur Freistellung der Frachtzuschüsse von der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht hielt diese Zuschüsse für nicht steuerbar. Nach seiner Ansicht besteht kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den vereinnahmten Zuschüssen und den von der Stpfl. bewirkten Lieferungen. Hierbei ging das Finanzgericht davon aus, daß es sich bei den Zuschüssen um eine Einkaufsverbilligung für die Stpfl. handele. Durch diese von der öffentlichen Hand gewährten Zuwendungen solle lediglich die Wettbewerbslage innerhalb der Mühlenwirtschaft ausgeglichen werden, soweit sich der Standort der einzelnen Mühle auf die Höhe der Fracht beim Bezug von ausländischen Brotgetreide auswirke.
Mit der Rb. wendet sich der Vorsteher des Finanzamts gegen die Auffassung des Finanzgerichts, die Frachtzuschüsse seien nicht steuerbar. Der Vorsteher des Finanzamts hält an der bisher von ihm vertretenen Ansicht fest, daß die Zuschüsse der Preisauffüllung bei den von der Stpfl. verkauften Mahlerzeugnissen zu dienen bestimmt seien. Die EVSt gewähre die Zuschüsse an frachtungünstig gelegene Mühlen, damit diese ihre Erzeugnisse zu den gleichen Preisen wie die frachtgünstig gelegenen Mühlen verkaufen könnten.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts kann keinen Erfolg haben.
Nach § 5 Abs. 1 UStG wird die Umsatzsteuer bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem vereinnahmten Entgelt bemessen. Gemäß § 10 Satz 2 UStDB gehört auch zum Entgelt, was ein Dritter dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. Als zusätzliches Leistungsentgelt kommen daher nur solche Zuschüsse in Betracht, die für die Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers gewährt werden. Daraus folgt, daß nur dann ein zusätzliches Entgelt vorliegt, wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmers und der Zuwendung des Dritten feststellbar ist. Erbringt hingegen der am Leistungsaustausch unbeteiligte Dritte die Zahlung unabhängig von einem bestimmten Leistungsaustausch, so handelt es sich um einen echten Zuschuß, der nicht steuerbar ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 145/53 S vom 20. Januar 1955, BStBl 1955 III S. 139, Slg. Bd. 60 S. 366).
Wenn im Streitfalle die Vorinstanz zu der Auffassung gelangte, daß ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den von der Stpfl. vereinnahmten Frachtzuschüssen und den von ihr bewirkten Umsätzen nicht gegeben ist und daher ein nicht steuerbarer Zuschuß vorliegt, so vermag der Senat in dieser Feststellung einen Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Das Finanzgericht hat zutreffend hervorgehoben, daß die Stpfl. die vereinnahmten Zuschüsse zum Ausgleich von Frachtauslagen erhalten hat, die ihm beim Einkauf des ausländischen Brotgetreides erwachsen sind. Diese Auffassung wird durch den Wortlaut der von der EVSt herausgegebenen Bekanntmachungen und durch die Ausführungen in der gutachtlichen Stellungnahme vom 13. März 1958, die das Finanzgericht von der EVSt angefordert hat, bestätigt. Die Bekanntmachungen gehen davon aus, daß die Frachtzuschüsse nach der Menge der von den Mühlen eingekauften Ware zu bemessen und nicht von den Erlösen abhängig sind, die die Mühlen bei Weiterverkäufen der von ihnen hergestellten Erzeugnisse erzielen. Wenn das Finanzamt hiergegen zur Begründung seines gegenteiligen Standpunktes geltend macht, jede Mühle habe der EVSt im Zusammenhang mit den von ihr beantragten Frachtkostenzuschüssen nachzuweisen, daß sie die aus dem Getreide hergestellten Mahlerzeugnisse im Inland verkauft habe, so kann dies an der Entscheidung nichts ändern. Diese Nachweispflicht soll lediglich verhindern, daß einer Getreidemühle auch dann Frachtzuschüsse für den Bezug von ausländischem Weizen gewährt werden, wenn sie die aus diesem Weizen hergestellten Mahlerzeugnisse ins Ausland ausgeführt hat. Daraus folgt, daß die Frachtzuschüsse in engem wirtschaftlichem Zusammenhange mit dem Einkaufspreis stehen, den die Stpfl. beim Einkauf des Brotgetreides aufwandte. Dieser Umstand läßt weiter erkennen, daß zwischen den Zuschüssen und den Umsätzen, die die Stpfl. mit den Verkäufen der von ihr hergestellten Erzeugnisse bewirkte, nur mittelbare Beziehungen bestehen. Anders könnte der Fall zu beurteilen sein, wenn die Stpfl. die Zuschüsse zum Ausgleich von Frachtaufwendungen erhalten hätte, die ihr bei der Verwendung der von ihr hergestellten Mahlerzeugnisse erwachsen wären. Im Streitfalle wirken sich die Zuschüsse in erster Linie ermäßigend auf die Aufwendungen beim Einkauf des Getreides aus. Sie sind daher einer Einkaufsverbilligung gleichzusetzen. Wenn sie sich auch auf den Preis der später abzusetzenden Erzeugnisse der Stpfl. auswirken, so kann dieser Umstand nicht zur Annahme einer unmittelbaren Beziehung zu den gewährten Zuschüssen führen.
Nach alledem kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß die der Stpfl. gegebenen Zuschüsse in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch Importeur - Mühle stehen und erst mittelbar den Leistungsaustausch Mühle - Abnehmer beeinflussen. Eine unmittelbare Wechselbeziehung zwischen den Zuwendungen und den erbrachten Lieferungen ist nicht erkennbar. Der Senat schließt sich daher der Auffassung der Vorinstanz an, daß die Zuschüsse nicht zum steuerbaren Entgelt gehören.
Zu einer anderen Entscheidung kann auch nicht der Hinweis des Finanzamts auf das Urteil des Reichsfinanzhofs V 77/43 vom 31. Oktober 1944 (Slg. Bd. 54 S. 148) führen. Der Sachverhalt, der dem Urteil des Reichsfinanzhofs zugrunde lag, weicht in wesentlichen Punkten von dem des Streitfalles ab. Aber selbst wenn der Senat heute über einen gleichgelagerten Sachverhalt zu entscheiden hätte, kann nicht davon ausgegangen werden, daß er an der vom Reichsfinanzhof vertretenen Auffassung festhalten würde.
Schließlich ist auch der Einwand des Finanzamts unbeachtlich, daß die Bekanntmachung Nr. 363 über die Gewährung einer Frachtpauschale für ausländischen Qualitätsweizen (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 43 vom 1. März 1956) die Frachtpauschale für umsatzsteuerpflichtig erklärt habe. Zutreffend hat das Finanzgericht in diesen Ausführungen der EVSt nur die unverbindliche äußerung einer Rechtsansicht einer Verwaltungsbehörde gesehen, die die Steuergerichte nicht bindet.
Fundstellen
Haufe-Index 410286 |
BStBl III 1962, 59 |
BFHE 1962, 156 |
BFHE 74, 156 |