Leitsatz (amtlich)
Haben sich die beiden Miteigentümer eines bebauten Grundstücks dahin geeinigt, daß der eine von ihnen das gemeinschaftliche Grundstück für seine privaten und gewerblichen Zwecke allein nutzen darf, sind Mietzahlungen an den anderen Miteigentümer nur insoweit als Betriebsausgaben abzugsfähig, als es dem Verhältnis der betrieblichen Nutzung des Grundstücks entspricht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) übte seinen Gewerbebetrieb in einem Einfamilienhaus aus, das ihm zu 3/4 und einer Frau P zu 1/4 als Miteigentümerin gehörte. Durch Vertrag vom 5. April 1963 hatte Frau P ihren Grundstücksanteil an den Kläger gegen Zahlung einer monatlichen Miete von 600 DM "vermietet". Außerdem hatte der Kläger sämtliche Hausunkosten einschließlich der Hypothekentilgung übernommen. Das Haus nutzte er unstreitig zu 43 v. H. betrieblich und zu 57 v. H. privat. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) erkannte bei der endgültigen Einkommensteuerveranlagung 1966 und 1967 die Miete nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe von 43 v. H. als Betriebsausgaben an und erhöhte den Gewinn jeweils um 4 104 DM. Die vom Kläger nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
In seiner Revision führt der Kläger aus, er sei nicht in der Lage gewesen, für seinen Betrieb ein Haus der benötigten Größe allein zu kaufen. Die Miete für die hinzugemieteten 25 v. H. der Räume müsse daher absetzbar sein. Das FA dürfe nicht vorschreiben, wie der Mietvertrag zu behandeln sei. Es werde somit auch in seine Grundrechte (Art. 13 GG und Art. 8 der Menschenrechtskonvention) eingegriffen. Es laufe den wirtschaftlichen Gegebenheiten zuwider, davon auszugehen, jedem der Grundstückseigentümer gehöre nur ein ideeler Grundstücksteil. Es entspreche nicht dem Gesetz, die Mietzahlungen in einen betrieblichen und einen privaten Teil aufzuteilen, wie das bei den anderen Hausunkosten der Fall sei. Der Mietvertrag mit Frau P sei nicht von ihm persönlich, sondern von seiner damaligen Firma geschlossen worden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat zu Recht die Mietzahlungen des Klägers an die Miteigentümerin Frau P nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe eines Anteils von 43 v. H., der dem betrieblichen Nutzungsanteil des Gebäudes entspricht, angesetzt.
Dem Kläger und Frau P steht das Eigentum am Grundstück nach Bruchteilen zu (§ 1008 BGB). Das Bruchteilseigentum ist eine Unterart der Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB. Das Bruchteilseigentum beinhaltet nicht, daß jedem Miteigentümer ein abgegrenzter realer Teil des Grundstücks gehört. Nicht das Grundstück, sondern das Eigentum ist auf die Miteigentümer aufgeteilt in der Weise, daß das auf das ganze Grundstück sich erstreckende Eigentumsrecht entsprechend der Anteile der Miteigentümer ideell geteilt ist.
Nach § 743 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber, soweit er nicht den Mitgebrauch der übrigen beeinträchtigt, zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstandes befugt. Die Teilhaber können aber die Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes regeln (§ 745 Abs. 1 BGB). Es ist bürgerlich-rechtlich anerkannt, daß Räume in einem Grundstück an einen Miteigentümer gegen Zahlung einer Miete überlassen werden können (vgl. Urteil des BGH vom 17. Dezember 1973 II ZR 59/72, Neue Juristische Wochenschrift 1974 S. 364 mit weiteren Nachweisen). Der Mietvertrag mit einem Miteigentümer ist aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht eine einstimmige Vereinbarung aller Miteigentümer über die Benutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks gemäß § 745 Abs. 1 BGB.
Im vorliegenden Fall sind die Gemeinschafter - der Kläger und Frau P -übereingekommen, daß der Kläger das gemeinschaftliche Grundstück allein benutzt. Durch die Vereinbarung vom 5. April 1963 hat sich der Kläger verpflichtet, alle Lasten und Ausgaben des gemeinschaftlichen Grundstücks zu tragen und an Frau P dafür, daß sie das Grundstück selbst nicht mitbenutzt, monatlich 600 DM zu zahlen.
Das Steuerrecht folgt der bürgerlich-rechtlichen Vertragsgestaltung, soweit die wirtschaftlichen Gegebenheiten dem nicht widersprechen. Durch die Vereinbarung mit der Miteigentümerin Frau P war der Kläger in der Lage, das gesamte Grundstück mit dem aufstehenden Gebäude allein zu nutzen. Für diese Nutzung mußte er die gesamten Grundstückslasten tragen und außerdem die Miete an Frau P bezahlen. Die monatliche Miete von 600 DM gehört somit zu den Aufwendungen, durch die dem Kläger die Nutzung des gesamten Hauses ermöglicht wird. Die Miete wird nicht für einzelne näher bezeichnete Räume bezahlt. Frau P hat nicht bestimmte Räume des Einfamilienhauses dem Kläger mietweise überlassen. Dementsprechend sind in der Vereinbarung vom 5. April 1963 irgendwelche Räumlichkeiten, die vermietet werden sollen, nicht bezeichnet.
Nur wenn Frau P über bestimmte Räume des Hauses die ihr vorher von der Grundstücksgemeinschaft zur eigenen Nutzung überlassen worden wären, hätte verfügen können, und sie diese Räume sodann an den Kläger für Zwecke seines Gewerbes weitervermietet hätte, wäre die vom Kläger für diese Räume gezahlte Miete voll als Betriebsausgaben abzugsfähig. Da das nicht der Fall ist, sondern die an Frau P gezahlten Beträge wie die anderen Hausunkosten dafür aufgewendet werden, dem Kläger die Nutzung des gesamten Hauses zu ermöglichen, sind die Mietaufwendungen nur im Verhältnis des betrieblichen Nutzungsanteils des Gebäudes als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes abzugsfähig. Denn nur insoweit sind sie durch den Betrieb veranlaßt. Da die betriebliche Nutzung des Hauses unstreitig 43 v. H. beträgt, sind die Mietzahlungen nur in dieser Höhe abzugsfähig. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern in einer derartigen Aufteilung der Aufwendungen für ein gemischtgenutztes Grundstück je nach dem Verhältnis der Nutzung ein Verstoß gegen Art. 13 GG - Unverletzlichkeit der Wohnung - zu erblicken ist, wie der Kläger behauptet.
Fundstellen
Haufe-Index 72231 |
BStBl II 1977, 282 |
BFHE 1977, 197 |