Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde: Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, Einwände gegen bisherige BFH-Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erfordert Ausführungen dazu, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich geklärte Frage weiterhin umstritten ist, insbesondere, welche neuen und vom BFH bisher nicht geprüften Gesichtspunkte in der Rechtsprechung der Finanzgerichte gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zu verwerfen.
1. Die Rüge der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Dezember 1996 I R 99/94 (BFHE 182, 131, BStBl II 1997, 404), nach denen dann, wenn ein Treuhandverhältnis vom Treuhänder nicht nachgewiesen werde (§ 159 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Abgabenordnung ―AO 1977―), die Finanzbehörde über die Zurechnung des Treuguts nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden habe (§ 159 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AO 1977) und diese Beurteilung nur innerhalb der Grenzen des § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der richterlicher Kontrolle unterliege, bedürften deshalb der erneuten Überprüfung durch den BFH, weil die Entscheidung in der Literatur überwiegend auf Ablehnung gestoßen sei, entspricht nicht den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; vgl. auch BFH-Beschluss vom 13. August 1998 III B 48/97, juris). Hierfür wären substantiierte Ausführungen dazu erforderlich gewesen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich geklärte Frage weiterhin umstritten ist, insbesondere, welche neuen und vom BFH bisher nicht geprüften Gesichtspunkte in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht werden (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 33, m.w.N.). Dem genügt die Beschwerdeschrift auch im Hinblick auf den Vortrag, der I. Senat des BFH habe es unterlassen, der Frage nach einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers (hier: fehlende Bezugnahme in § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auf die Regelungen des § 159 AO 1977) nachzugehen, nicht. Das Vorbringen lässt außer Acht, dass sich das Urteil in BFHE 182, 131, BStBl II 1997, 404 ausdrücklich mit der bis dahin überwiegend vertretenen gegenteiligen Auffassung auseinander gesetzt und diese mit der Begründung verworfen hat, dass sich die Rechtsprechung "über den eindeutigen in § 96 Abs. 1 … FGO zum Ausdruck gelangten gesetzgeberischen Willen nicht hinwegsetzen (könne)". Diese Erwägung schließt zum einen das Vorliegen eines gesetzgeberischen Versehens aus; zum anderen hätte sie den Klägern Veranlassung geben müssen, ihren hiervon abweichenden Rechtsstandpunkt im Einzelnen, d.h. mit solchen Argumenten zu begründen, die ―ausgehend von den im Urteil in BFHE 182, 131, BStBl II 1997, 404 zitierten Ansichten in Literatur und Rechtsprechung― vom I. Senat des BFH noch nicht berücksichtigt wurden.
2. Soweit mit der Beschwerdeschrift vorgetragen wird, der Beklagte und Beschwerdegegner (Beklagter) habe die Kläger im Steuerfestsetzungs- und Einspruchsverfahren aufgrund der Rechtsauffassung, ein Treuhandverhältnis könne nur durch die Vorlage schriftlicher Erklärungen nachgewiesen werden, davon abgehalten, die in Litauen wohnhafte Zeugin Y. ―die Tochter der Treugeberin (Frau X.)― als präsentes Beweismittel zu stellen mit der Folge, dass ―abweichend von den zu Abschn. 1 dieses Beschlusses dargestellten Grundsätzen― die Zeugin jedenfalls vom FG hätte vernommen werden müssen (vgl. zur Vernehmung von im Ausland ansässigen Zeugen BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2000 VIII B 141/99, BFH/NV 2001, 463), kann der Senat offen lassen, ob ein solcher Vortrag geeignet sein könnte, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder einen Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darzulegen.
Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat dem FA vor Erlass der Einspruchsentscheidung lediglich eine schriftliche Erklärung von Frau Y. vorgelegen, nach der der Kläger bei einem Besuch in Litauen im Jahre 1994 mit Frau X. "finanzielle Angelegenheiten bezüglich der zum Verkauf gegebenen Sachen" besprochen sowie der Zeugin (Frau Y.) ―anlässlich eines weiteren Besuches (1995)― den Betrag von … übergeben habe. Da Ausführungen dieser Art in keiner Weise den Anforderungen an die Beweisführungspflicht des Treuhänders gemäß § 159 AO 1977 genügen, wäre zur Substantiierung der geltend gemachten Zulassungsgründe jedenfalls erforderlich gewesen, dass die Kläger vorgetragen hätten, aufgrund welcher weiteren (konkreten) Aussagen der Zeugin Y. das FA (oder das FG) in die Lage versetzt worden wäre, den Nachweis über das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses bezüglich bestimmter Sachen und Rechte (hier: Kunstgegenstände sowie Einlageforderungen gegen ein ausländisches Kreditinstitut; vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 182, 131, BStBl II 1997, 404) als erbracht anzusehen (zu den Anforderungen vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, 156; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 159 AO 1977 Tz. 8). Der bloße Hinweis in der Beschwerdeschrift, die Zeugin Y. wäre jederzeit bereit gewesen, nach A. zu kommen und ihre schriftliche Aussage im Rahmen einer Einvernahme durch den Beklagten "vollumfänglich" zu bestätigen, ist hierfür ―wie dargelegt― nicht ausreichend.
3. Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 886079 |
BFH/NV 2003, 333 |