Leitsatz (amtlich)
1. Wechselverbindlichkeiten, die eine Partenreederei eingeht, um Anzahlungen auf einen Schiffsbauvertrag zu leisten und auf diese Anzahlungen Sonderabschreibungen nach § 82 f EStDV in Anspruch zu nehmen, hängen wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs der Partenreederei zusammen und sind deshalb unabhängig von ihrer Laufzeit bei der Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert wieder hinzuzurechnen.
2. Die ermäßigte Steuermeßzahl für das Gewerbekapital für Unternehmen, die den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, ist auf das zum Stichtag ermittelte Gewerbekapital auch dann zeitanteilig anzuwenden (BFH-Urteil vom 22. April 1982 IV R 216/79, BFHE 136, 123, BStBl II 1982, 609), wenn bei der Ermittlung des Gewerbekapitals lediglich eine Anzahlung auf den Schiffsbauvertrag oder das Schiffsbauwerk berücksichtigt ist.
Normenkette
GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine mit Vertrag vom 17. März 1975 gegründete Partenreederei. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Bau eines Motorfrachtschiffs und der Betrieb der Seeschiffahrt mit diesem Schiff.
Die Klägerin hat das Schiff mit Schiffsbauvertrag vom 15. April 1975 bei der Schiffswerft X bestellt und nach Übernahme am 28. Juni 1976 am folgenden Tag in Dienst gestellt.
Der Festpreis für das Schiff betrug 30,95 Mio. DM; er war wie folgt zu entrichten:
1. Rate = 5 % - 15. April 1975
2. Rate = 15 % - bei Fertigungsbeginn
3. Rate = 10 % - wenn 1 000 t Stahl verarbeitet worden sind
4. Rate = 10 % - wenn 2 000 t Stahl verarbeitet worden sind
5. Rate = 25 % - bei Ausdockung
6. Rate = 35 % - bei Ablieferung.
Die Klägerin war berechtigt, über die vereinbarten Raten hinaus vorzeitig weitere Anzahlungen zu leisten.
Der Korrespondentreeder, der zugleich Mitreeder war, akzeptierte im eigenen Namen, aber für Rechnung der Klägerin am 21. April, 18. November und 22. Dezember 1975 neun von der Schiffswerft ausgestellte Wechsel über insgesamt 30,95 Mio. DM. Die Wechsel hatten eine Laufzeit von jeweils drei Monaten; der am 21. April 1975 ausgestellte Wechsel wurde zweimal um je drei Monate, fünf der am 22. Dezember 1975 ausgestellten Wechsel wurden je einmal um drei Monate verlängert.
Die Klägerin löste die Wechsel bei Fälligkeit aus Mitteln ein, die ihr im Laufe des Jahres 1976 zugeflossen waren.
In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1975 aktivierte die Klägerin "Anzahlungen auf Schiffsbaukontrakt" in Höhe von 30,95 Mio. DM; in gleicher Höhe passivierte sie Verbindlichkeiten gegenüber dem Korrespondentreeder aus Schiffsfinanzierung (Wechselverbindlichkeiten). Für die Anzahlungen nahm die Klägerin Sonderabschreibungen nach § 82 f der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in Anspruch, nachdem die Werft bestätigt hatte, daß ihr der volle Wechselgegenwert durch Diskontierung bei verschiedenen Banken bis zum 31. Dezember 1975 zugeflossen sei.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1976 auf 941 000 DM fest (Bescheid vom 18. Juli 1977). Bei der Ermittlung dieses Einheitswerts zog das FA als Schulden u. a. die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber dem Korrespondentreeder aus der Schiffsfinanzierung (Wechselverbindlichkeiten) in Höhe von 30,95 Mio. DM ab.
Mit Bescheid vom 20. Juli 1978 setzte das FA für 1976 einen allein nach dem Gewerbekapital bemessenen Gewerbesteuermeßbetrag fest. Bei dessen Ermittlung rechnete das FA dem Einheitswert von 941 000 DM u. a. die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber dem Korrespondentreeder aus der Schiffsfinanzierung (Wechselverbindlichkeiten) in Höhe von 30,95 Mio. DM als Dauerschulden i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) hinzu. Auf das so ermittelte Gewerbekapital wandte das FA eine Steuermeßzahl von 2 v. T. an (§ 13 Abs. 2 GewStG) und rechnete den Steuermeßbetrag gemäß § 13 Abs. 5 GewStG auf die Dauer der Steuerpflicht (7/12) um (Meßbertrag 37 322,80 DM).
Die Klägerin erhob nach erfolglosem Einspruch Klage gegen den Gewerbesteuermeß- und Gewerbesteuerbescheid 1976. Sie wandte sich gegen die Hinzurechnung der Wechselverbindlichkeiten, weil diese weder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals gedient hätten noch wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs zusammenhingen. Hilfsweise machte sie geltend, wenn die Hinzurechnung berechtigt sei, müsse gemäß § 13 Abs. 3 GewStG die Steuermeßzahl auf 1 v. T. ermäßigt werden.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das FG entschied, die bei der Ermittlung des Einheitswerts abgezogenen Wechselverbindlichkeiten seien unabhängig von ihrer Laufzeit bei der Ermittlung des Gewerbekapitals wieder hinzuzurechnen, weil sie wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs der Klägerin, nämlich der Anschaffung des Schiffes als dem wesentlichen Betriebsmittel der Klägerin zusammenhingen. Die ermäßigte Steuermeßzahl für den Betrieb von Schiffen im internationalen Verkehr könne nicht angewendet werden, weil im Einheitswert nur die Anzahlungen, nicht aber das Schiff enthalten seien und weil die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der begünstigten Steuermeßzahl am Stichtag noch nicht erfüllt gewesen seien und die späteren Ereignisse (Flaggenführung, tatsächlicher Einsatz) nicht zurückbezogen werden könnten. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1981, 352 veröffentlicht.
Mit der Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Gewerbesteuermeßbescheid dahin zu ändern, daß dem Einheitswert nur Wechselschulden bis zum Betrag von 6,19 Mio. DM hinzugerechnet werden und auf das so ermittelte Gewerbekapital gemäß § 13 Abs. 3 GewStG die Steuermeßzahl von 1 v. T. angewendet wird. Die Klägerin rügt Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise begründet.
1. Der Senat pflichtet der Vorentscheidung allerdings darin bei, daß die bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs abgezogenen Wechselverbindlichkeiten unabhängig von ihrer Laufzeit bei der Ermittlung des Gewerbekapitals wieder hinzuzurechnen sind.
a) Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 8 Nr. 1 GewStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung sind bei der Ermittlung des Gewerbekapitals Verbindlichkeiten, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind.
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach entschieden hat, ist die Rechtsfolge der Hinzurechnung in den Vorschriften des § 8 Nr. 1 und des § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG an zwei verschiedene Tatbestandsgruppen geknüpft, nämlich zum einen an "Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs" zusammenhängen und zum anderen an "Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen". Die Unterscheidung ist insofern rechtserheblich, als nur für die zuletzt genannte Gruppe die Länge der Laufzeit einer Schuld wesentlich ist, während für die Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs usw. zusammenhängen, das Zeitmoment in der Regel nicht von entscheidender Bedeutung ist. Demgemäß erfassen die Hinzurechnungsvorschriften auch relativ kurzfristige Verbindlichkeiten und Schulden aus Zwischenkrediten, sofern diese wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs zusammenhängen (z. B. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1981 IV R 172/80, BFHE 134, 352, BStBl II 1982, 73; vom 28. Juli 1976 I R 91/74, BFHE 119, 569, BStBl II 1976, 789; vom 30. Juni 1971 I R 55/68, BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750).
b) Zu Recht hat das FG entschieden, daß die bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs der Klägerin abgezogenen Wechselverbindlichkeiten in ihrer vollen Höhe von 30,95 Mio. DM wirtschaftlich mit der Gründung des Betriebs der Klägerin zusammenhängen und deshalb bei der Ermittlung des Gewerbekapitals hinzuzurechnen sind. Das FG hat insoweit ausgeführt, die Gründung des Gewerbebetriebs (§ 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG) und der Beginn des Gewerbebetriebs (vgl. § 10 Abs. 3, § 13 Abs. 5 GewStG) seien voneinander zu unterscheiden; der Gewerbebetrieb und mit ihm die Gewerbesteuerpflicht beginne regelmäßig erst mit der werbenden Tätigkeit; die Gründung des Betriebs geht der werbenden Tätigkeit naturgemäß voraus; deshalb könnten auch Verbindlichkeiten, die ein Unternehmer eingehe, bevor er werbend tätig werde, mit der Gründung des Betriebs wirtschaftlich zusammenhängen. Für die Wechselverbindlichkeiten treffe dies insofern zu, als sie erfüllungshalber zur Begleichung der Entgeltverpflichtung aus dem Schiffsbauvertrag eingegangen worden seien und deshalb wirtschaftlich mit der Anschaffung des Schiffes als dem wesentlichen Betriebsmittel der Klägerin zusammenhingen.
Diesen Ausführungen pflichtet der Senat bei. Eine Partenreederei ist eine Personengesellschaft eigener Art, deren Zweck darauf gerichtet ist, daß mehrere Personen "ein (einziges) ihnen gemeinschaftlich zustehendes Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt für gemeinschaftliche Rechnung" verwenden (vgl. § 489 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Demgemäß ist bei einer Partenreederei der Erwerb oder die Herstellung des Schiffes einkommensteuerrechtlich als Gründung oder Erwerb des gewerblichen Betriebs der Partenreederei zu werten, so wie umgekehrt eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) vorliegt, wenn eine Partenreederei ihr einziges Schiff veräußert und sich danach auflöst (BFH-Urteil vom 24. Januar 1973 I R 156/71, BFHE 108, 111, BStBl II 1973, 219).
Der Senat kann der Revision nicht darin folgen, daß der Teil der Wechselverbindlichkeiten, der "ohne vertragliche Verpflichtung" eingegangen worden ist (24,76 Mio. DM) und der lediglich der Darstellung einer vertraglich nicht geschuldeten Anzahlung in 1975 in der vollen Höhe des Festpreises für das Schiff diente, Schulden des laufenden Geschäftsverkehrs seien und nicht mit der Gründung des Betriebs der Klägerin zusammenhingen, weil die Klägerin diese Verbindlichkeit nur eingegangen sei, um einen bestimmten finanziellen Effekt zu erzielen, nämlich Sonderabschreibungen gemäß § 82 f EStDV auf das gesamte Objekt bereits im Jahre 1975. Zu Recht hält das FA dieser Argumentation entgegen, daß gemäß § 82 f Abs. 4 EStDV Sonderabschreibungen "für Anzahlungen auf Anschaffungskosten und für Teilherstellungskosten" nicht schlechthin in Anspruch genommen werden können, sondern nur als "Abschreibungen nach Abs. 1", d. h. für Anzahlungen auf Anschaffungskosten oder für Teilherstellungskosten eines Handelsschiffes, das in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen ist. Der Zweck der von der Klägerin in der Form von Wechselverbindlichkeiten geleisteten Anzahlungen, die Sonderabschreibungen nach § 82 f Abs. 4 EStDV zu vermitteln, begründet somit gerade den wirtschaftlichen Zusammenhang dieser Wechselverbindlichkeiten mit der Gründung des Betriebs der Klägerin.
2. Der Senat ist jedoch im Gegensatz zur Vorentscheidung der Rechtsansicht, daß auf das zum 1. Januar 1976 unter Hinzurechnung der gesamten Wechselverbindlichkeiten von 30,95 Mio. DM ermittelte Gewerbekapital gemäß § 13 Abs. 3 GewStG die ermäßigte Steuermeßzahl von 1 v. T. anzuwenden ist, sofern - insoweit enthält das angefochtene Urteil keine abschließenden tatsächlichen Feststellungen - das Schiff der Klägerin im Streitjahr 1976 ab Indienststellung in ein deutsches Seeschiffsregister eingetragen und unter deutscher Flagge zur Beförderung von Personen und Gütern mit oder zwischen ausländischen Häfen eingesetzt war.
a) Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 GewStG 1974 ermäßigt sich die Steuermeßzahl von 2 v. T. (§ 13 Abs. 2 GewStG) auf 1 v. T. "bei Unternehmen, soweit sie den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr" (ab 1978 "von Schiffen der in § 34 c Abs. 4 EStG bezeichneten Art") "zum Gegenstand haben". Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 GewStG ist die ermäßigte Steuermeßzahl nur auf den Teil des Gewerbekapitals anzuwenden, der auf "Handelsschiffe" (ab 1978 "auf die unter Satz 1 fallenden Schiffe") entfällt.
Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 GewStG bezweckt - ebenso wie die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwendende Vorschrift des § 11 Abs. 4 GewStG 1974 (= § 11 Abs. 3 Nr. 2 GewStG 1978) und wie die korrespondierende einkommensteuerrechtliche Tarifvorschrift des § 34 c Abs. 4 EStG -, die deutsche Handelsflotte zu fördern; die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe sollen gegenüber der ausländischen Konkurrenz, insbesondere gegenüber den Schiffen der sogenannten billigen Flaggen durch Steuerermäßigung in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden (z. B. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1977 IV R 85/76, BFHE 123, 568, BStBl II 1978, 113; vom 13. Februar 1980 I R 181/76, BFHE 129, 389, BStBl II 1980, 190).
b) Im Hinblick auf den zu a) hervorgehobenen Gesetzeszweck hat der Senat mit Urteil vom 22. April 1982 IV R 216/79 (BFHE 136, 123, BStBl II 1982, 609) entschieden, daß die ermäßigte Steuermeßzahl für das Gewerbekapital bei Unternehmen, die den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, auf das zum Stichtag ermittelte Gewerbekapital zeitanteilig anzuwenden ist, wenn das bei der Ermittlung des Gewerbekapitals berücksichtigte Schiff das Recht und die Pflicht zur Führung der Bundesflagge erst nach dem Stichtag während des Erhebungszeitraumes erwirbt.
Für den Streitfall folgt hieraus, daß die (zeitanteilige) Anwendung des § 13 Abs. 3 GewStG entgegen der Annahme der Vorentscheidung nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil das Schiff der Klägerin am Stichtag 1. Januar 1976 noch nicht die deutsche Flagge führte und noch nicht überwiegend zur Beförderung von Personen und Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen eingesetzt war.
c) Der Senat hat allerdings in den Gründen seines Urteils in BFHE 136, 123, 126, BStBl II 1982, 609 weiter ausgeführt, nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 2 GewStG 1974 sei Voraussetzung für die Begünstigung, daß das Schiff als Wirtschaftsgut bei der Ermittlung des Gewerbekapitals erfaßt sei; denn auf ein erst nach dem Stichtag angeschafftes Wirtschaftsgut könne ein Teil des für den Stichtag ermittelten Gewerbekapitals nicht entfallen, wenn man den Begriff des Gewerbekapitals gegenständlich verstehe, so wie dies § 13 Abs. 3 Satz 2 GewStG offenbar tue.
Diese Ausführungen bedürfen jedoch einer gewissen Korrektur. Denn der Senat hat zwischenzeitlich mit Urteil vom 24. November 1983 IV R 74/80 (BFHE 139, 569, BStBl II 1984, 155) entschieden, die ermäßigte Steuermeßzahl auf den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 4 GewStG 1974 = § 11 Abs. 3 Nr. 2 GewStG 1978) sei auch auf (negative) Einkünfte aus einem in Bau befindlichen Handelsschiff anzuwenden, wenn das Schiff im Jahr seiner Indienststellung die Begünstigungsvoraussetzung des § 34 c Abs. 4 EStG erfülle. Diese Entscheidung ist wesentlich von der Erwägung getragen, daß gemäß § 34 c Abs. 4 Satz 3 EStG in der ab 1974 maßgeblichen Fassung zum "Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr" auch die mit dem Betrieb in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Neben- und Hilfsgeschäfte gehören, und daß als Hilfsgeschäfte in diesem Sinne insbesondere auch die auf den Erwerb und die Herstellung des Schiffes gerichteten Geschäfte anzusehen sind.
Aus der Erkenntnis, daß bei der Ermittlung des begünstigten Gewerbeertrags der Erwerb oder die Herstellung eines Schiffes als Teil des "Betriebs von Handelsschiffen im internationalen Verkehr" anzusehen ist und die negativen Einkünfte aus solchen Hilfsgeschäften demgemäß die insgesamt begünstigten Einkünfte mindern, muß jedoch die Schlußfolgerung gezogen werden, daß auch bei der Ermittlung des Gewerbekapitals ein Unternehmen, das "den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr" zum Gegenstand hat, bereits dann vorliegt, wenn und soweit das Unternehmen Geschäfte tätigt, die auf den Erwerb oder die Herstellung eines Schiffes gerichtet sind - sofern das Schiff bei Indienststellung den Begünstigungsvoraussetzungen des § 34 c Abs. 4 EStG genügt. Denn es wäre wertungswidersprüchlich, den Vorgang der Anschaffung oder Herstellung des Schiffes bei Anwendung der von einer einheitlichen Zwecksetzung getragenen Vorschriften des § 11 Abs. 4 GewStG 1974 und des § 13 Abs. 3 GewStG zum einen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zum Nachteil des Steuerpflichtigen in die Begünstigung einzubeziehen, zum anderen bei der Ermittlung des Gewerbekapitals wiederum zum Nachteil des Steuerpflichtigen nicht in die Begünstigung einzubeziehen. Dabei verkennt der Senat nicht, daß das fertige Schiff und die im Rahmen eines Schiffsbauvertrags geleisteten Anzahlungen bilanzrechtlich, bilanzsteuerrechtlich und bewertungsrechtlich verschiedene Wirtschaftsgüter sind und daß § 13 Abs. 3 Satz 2 GewStG nur von dem auf das "Schiff" entfallenden Teil des Gewerbekapitals spricht. Es erscheint dem Senat jedoch aus den vorerwähnten, am Gesetzeszweck orientierten Überlegungen heraus geboten, auch solche Wirtschaftsgüter in die Begünstigung einzubeziehen, die wirtschaftlich mit dem später fertiggestellten Schiff weitgehend identisch sind. Dies gilt um so mehr, als in den Fällen, in denen ein Unternehmer das Schiff nicht "anschafft", sondern selbst herstellt, auch eine zivilrechtliche Identität zwischen Schiffsbauwerk und Schiff besteht.
Der Senat kann nicht selbst entscheiden, da nicht festgestellt ist, ob das Schiff der Klägerin ab Indienststellung in ein deutsches Seeschiffsregister eingetragen und unter deutscher Flagge zur Beförderung von Personen und Gütern mit oder zwischen ausländischen Häfen eingesetzt war.
Fundstellen
Haufe-Index 74953 |
BStBl II 1984, 376 |
BFHE 1984, 281 |