Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Das Apothekenrealrecht ist für die DM-Eröffnungsbilanz auch dann bilanzierungsfähig, wenn es unentgeltlich erworben worden ist. Sein zulässiger Höchstwert wird gemäß § 5 Abs. 1 DMBG durch den Wert bestimmt, der dem Recht am Stichtag der Eröffnungsbilanz beizulegen ist.
Normenkette
DMBG § 5 Abs. 1; DMBG § 74 Abs. 1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) betreibt eine Apotheke in Form einer OHG. Obwohl die Firma ins Handelsregister eingetragen ist, hat sie bis zur Währungsumstellung keine Bestandsaufnahme vorgenommen. Der Gewinn wurde nach dem Einnahmeüberschuß ermittelt. Auf den 21. Juni 1948 hat sie eine DM-Eröffnungsbilanz aufgestellt und ist zur Gewinnermittlung nach dem Vermögensvergleich übergegangen. Hierbei hat sie ihr Apothekenrealrecht mit 102,400 DM, den auf den 1. Januar 1939 festgestellten Einheitswert in der DM-Eröffnungsbilanz angesetzt und hierauf zum 31. Dezember 1949 68.267 DM abgeschrieben. Sie macht die durch die Einführung der Gewerbefreiheit in der amerikanischen Zone eingetretene Entwertung geltend und bezieht sich auf die Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Stuttgart vom 19. Februar 1951 S 2 209/35, in der ausgeführt werde, daß zur Vermeidung schwieriger Einzelbewertungen angenommen werden könne, daß der in dem Apothekenrealrecht enthaltene Geschäftswert auf 1/3 des festgestellten Einheitswertes gesunken sei. Das Finanzamt lehnte die Abschreibung mit der Begründung ab, daß eine RM- Schlußbilanz nicht aufgestellt worden sei. In dem nach dem Stande vom 1. Januar 1925 festgestellten Betriebsvermögen waren die Betriebsgrundstücke und das Realrecht mit 50.400 RM enthalten. In der Vermögensteuererklärung war das Realrecht mit 32.500 RM angesetzt.
Die Berufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte folgendes aus. Es bestehe das Verbot, Wirtschaftsgüter zu bewerten, für die nichts aufgewendet worden sei. Dieser Grundsatz werde in § 133 Ziff. 5 des Aktiengesetzes für Firmenwerte lediglich ausdrücklich ausgesprochen. Hierzu komme die Bindung an die Werte der DM-Eröffnungsbilanz nach § 108 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1925, die infolge des Grundsatzes der Bilanzkontinuität (§ 6 Ziff. 1 Satz 4 EStG 1949) noch heute wirksam sei. Die Vorschrift habe durch das D-Markbilanzgesetz keine änderung erfahren. Ein höherer Wert für ein Apothekenrealrecht in der RM-Schlußbilanz gegenüber der Goldmark- Eröffnungsbilanz könne nur in Frage kommen, wenn weitere Aufwendungen gemacht worden seien. Dies treffe aber auf den vorliegenden Fall nicht zu. Nun habe die Bfin. bis zur DM- Eröffnungsbilanz keine Buchführung mit Vermögensvergleich gehabt. Sie sei aber als eine im Handelsregister eingetragene Firma dazu verpflichtet gewesen. Unter diesen Umständen müßten die Buchungsunterlagen durch Schätzung ergänzt werden, soweit sie nicht ausreichend für die Feststellung der Bestände seien. Im vorliegenden Falle müsse von dem Wert vom 1. Januar 1925 für das Realrecht in Höhe von 32.500 RM ausgegangen werden. Es sei dies der höchstzulässige Wertansatz für die RM-Schlußbilanz gewesen. Er binde auch die DM-Eröffnungsbilanz. Dies ergebe sich auch aus Abschn. 6 Abs. 2 der steuerlichen Richtlinien zum D- Markbilanzgesetz (DMBR).
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (RB.) ist begründet.
Das Apothekenrealrecht umfaßt auch den Geschäftswert der Apotheke (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI A 666/32 vom 25. April 1933, Reichssteuerblatt - RStBl - S. 639; III 58/38 vom 30. November 1939, RStBl 1940 S. 619). Es ist aber mehr wie der Firmenwert, der weder eine Sache noch ein Recht im Sinne des BGB darstellt, sondern ein abstraktes Wirtschaftsgut. Die Realkonzession ist ein Recht im Sinne des bürgerlichen Rechtes, das ohne das sonstige Betriebsvermögen erworben und übertragen werden kann. Siehe auch die Ausführungen von Vogel in Betriebsberater 1952 S. 400. Sie fällt aber nicht unter § 133 Ziff. 5, sondern unter § 133 Ziff. 2 in Verbindung mit § 131 Abs. 1 A II Ziff. 5 des Aktiengesetzes. Sie ist in der DM- Eröffnungsbilanz auch dann bilanzierungsfähig, wenn sie unentgeltlich erworben worden ist. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, inwieweit die Bilanzierungsvorschriften für Aktiengesellschaften auf OHG'en anzuwenden sind. Das Realrecht kann nach § 5 Abs. 1 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) mit dem Wert angesetzt werden, der ihm am Stichtag der Eröffnungsbilanz beizumessen ist. Die §§ 6 bis 34 des Gesetzes enthalten keine Sonderbestimmung für seine Bewertung. Die in diesem Zusammenhang in der Literatur angeschnittene Frage der Bewertung von persönlichen Konzessionen (Der Betrieb 1952 S. 557/558, Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 2002/29 vom 31. Oktober 1931, RStBl 1932 S. 305) braucht hier nicht entschieden zu werden.
Rechtsirrig ist des weiteren die Auffassung des Finanzgerichts, § 108 Abs. 2 EStG 1925 sei auch noch für die Bewertung in der DM- Eröffnungsbilanz wirksam, und es bestehe insoweit eine Bindung der Werte der DM-Eröffnungsbilanz an die RM-Schlußbilanz. Das D- Markbilanzgesetz hat die Bilanzkontinuität unterbrochen. Es erfolgt, von Ausnahmefällen abgesehen, eine von der RM- Schlußbilanz unabhängige neue Bewertung. Ohne Bedeutung ist es, ob für die in der DM-Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Wirtschaftsgüter Anschaffungskosten entstanden, oder ob sie unentgeltlich erworben worden sind. Das Gesetz hat das in § 5 Abs. 2 besonders zum Ausdruck gebracht. Die Werte der Handelsbilanz sind im Rahmen des § 74 Abs. 1 DMBG für die steuerliche DM-Eröffnungsbilanz bindend. Das Finanzgericht mußte deshalb dazu Stellung nehmen, ob der von der Firma behauptete Wert dem Werte am 21. Juni 1948 entsprochen hat. Für die Schätzung des Wertes können die in der RM-Schlußbilanz enthaltenen Werte und die bei der Einheitsbewertung festgestellten Werte einen Anhalt bieten, sie binden aber nicht. Die Ausführungen in Abschn. 6 Abs. 2 DMBR wird man auch in diesem Sinne verstehen müssen. Sie dienen einer vereinfachten Veranlagung. In gleicher Weise liegt der Wertansatz zum 31. Dezember 1949 auf dem Gebiet der Würdigung des Tatbestandes. Siehe auch pharmazeutische Zeitung - Nachrichten 1952 S. 546.
Keine Bedeutung kann im vorliegenden Falle der Frage zugemessen werden, ob das Apothekenrealrecht in dem Bestandsverzeichnis enthalten war, das der RM-Schlußbilanz zugrunde gelegt worden ist (Abschn. 54 Abs. 2 DMBR). Am 20. Juni 1948 erforderte das Betreiben einer Apotheke eine Konzession. Die Aufführung der Konzession in dem Bestandsverzeichnis ist eine Formalität ohne sachliche Bedeutung. Dies gilt auch für die Fälle, wo das Realrecht in der RM-Schlußbilanz nicht ausgewiesen wird. Es ist dies eine Folge der Durchbrechung der Bilanzkontinuität. Siehe auch Betriebsberater 1952 S. 179 und Der Betrieb 1952 S. 557. Ebenso ist es rechtlich ohne Bedeutung, daß die Bfin. erst in den nach dem 20. Juni 1948 laufenden Wirtschaftsjahren zur Gewinnermittlung nach dem Bestandsvergleich übergegangen ist.
Da die Vorentscheidung von Rechtsirrtum beeinflußt ist, muß sie aufgehoben werden. Die Sache wird an das Finanzgericht zur Vornahme der notwendigen Schätzungen zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 407617 |
BStBl III 1953, 139 |
BFHE 1954, 351 |
BFHE 57, 351 |