Keine Anwendung bei Aktien dem Grundsatz nach

Für Aktien hat der BFH mit der zitierten Entscheidung die gesetzliche Regelung faktisch außer Kraft gesetzt, auch wenn dies nicht ausdrücklich in den Entscheidungsgründen formuliert wurde.

Unverständlich ist, dass der BFH bei anderen Wirtschaftsgütern weiterhin eine Abschätzung der künftigen Wertentwicklung verlangt und damit indirekt für möglich erklärt, auch wenn die damit verlangte Zukunftsprognose, ohne erkennbaren Grund, auf die halbe Nutzungsdauer begrenzt wird (BFH, Urteile v. 24.9.2009, I R 74/08, BStBl 2009 II S. 899, v. 9.9.2010, IV R 38/08, BFH/NV 2011 S. 423).

Dass sich die Entwicklung der Marktpreise bei anderen Wirtschaftsgütern, insbesondere Grundstücken, ebenso wenig voraussehen lässt, wie bei Aktien und dass die Erwartungen der Marktteilnehmer über künftige Wertsteigerungen oder Wertverluste auch bei Grundbesitz bereits die heutigen Marktpreise beeinflussen, hat der BFH offenbar nicht zu einer anderen Entscheidung erwogen. Die Verwaltung verlangt bei bestimmten Sachverhalten sogar einen Nachweis der voraussichtlich dauernden Wertminderung (BMF, Schreiben v. 12.3.2010, BStBl 2010 I S. 239, Tz 15).

Abschätzung bei Grundstücken kaum durchführbar

Erwirbt oder errichtet der Betrieb ein Gebäude für eine gewerbliche Nutzung, kann er es im Regelfall innerhalb von 33 Jahren vollständig abschreiben (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG). War der Bauantrag für ein erworbenes Gebäude vor dem 1.4.1985 gestellt worden oder handelt es sich um Arbeitnehmerwohnungen, verlängert sich die Abschreibungsdauer im Regelfall auf 50 Jahre (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG).

Für eine Teilwertabschreibung wird vermutlich auf die halbe Abschreibungsdauer abzustellen sein und nicht auf die meist längere technische Lebensdauer. Aber auch eine nur halbwegs zuverlässige Abschätzung der Wertentwicklung für 16,5 bis 25 Jahre ist offensichtlich nicht möglich, zumal bei gewerblichen Grundstücken die Nutzbarkeit und damit der Wert von der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung des Betriebs, der Branche und ggf. der Produktionsverfahren beeinflusst wird.

Wegen dieser offensichtlich weit überzogenen Anforderungen an den "Nachweis" einer Teilwertabschreibung und der betragsmäßig nicht mehr zu vernachlässigenden Auswirkungen, erscheint es trotz der bisherigen Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass der BFH oder möglicherweise sogar das BVerfG, die Anforderungen deutlich ermäßigen wird. Wünschenswert wäre auch, dass die gesetzliche Regelung im Ergebnis für nicht anwendbar erklärt würde. Leider ist derzeitige Anrufung der Gerichte durch die große Rechtsunsicherheit mit einem hohen Kostenrisiko verbunden. Zudem ist noch nicht geklärt, für welchen Zeitraum die Wertentwicklung bei Grund und Boden abgeschätzt, glaubhaft gemacht oder gar "nachgewiesen" werden muss.