Praxis-Tipp: Entgeltumwandlung ohne verbindlichen Rechtsanspruch

Bestimmte steuerliche Begünstigungsnormen für Zuschüsse des Arbeitgebers verwenden das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn". Diese müssen zu den Lohnzahlungen hinzukommen, die durch Vereinbarung arbeitsrechtlich - mit verbindlichem Rechtsanspruch - geschuldet werden.

Nach Auffassung des BFH werden nur freiwillige Arbeitgeberleistungen "zusätzlich" zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht. Nur solche schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin (BFH, Urteil v. 19.9.2012, VI R 54/11, Haufe Index 3492038).

Die Finanzverwaltung sieht die Zusätzlichkeitsvoraussetzung als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet; dies gilt abweichend von der BFH-Rechtsprechung auch dann, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf die zweckbestimmte Leistung hat (BMF, Schreiben v. 22.5.2013, Haufe Index 4057795). 

Gehaltsumwandlungen aber schädlich

Eine Gehaltsumwandlung soll nach Auffassung der Finanzverwaltung aber schädlich sein, weil arbeitsrechtlich geschuldeter Arbeitslohn lediglich umgewandelt wird. 

Beispiel: Arbeitgeber A änderte ab 1.6.2017 den bis dahin bestehenden Arbeitsvertrag von Arbeitnehmer B dahingehend, dass das monatlich regelversteuerte Grundgehalt von 5.000 EUR auf 4.900 EUR reduziert wurde. Gleichzeitig wurde B ein Kindergartenzuschuss i. H. von 100 EUR eingeräumt, auf welchen er aber keinen arbeitsrechtlich einklagbaren Anspruch hat. Sollte er den Zuschuss nicht in Anspruch nehmen, verfällt dieser.

FG Rheinland-Pfalz stimmt der Finanzverwaltung zu

Das FG Rheinland-Pfalz ging kürzlich davon aus (Urteil v. 23.11.2016, 2 K 1180/16, Haufe Index 10874694), dass hier eine schädliche Gehaltsumwandlung vorliegt. Hätten die Arbeitnehmer vor der Umgestaltung der Arbeitsverträge bereits einen Anspruch auf Barlohn in entsprechender Höhe, erscheine es "gekünstelt", im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der relevanten Begünstigungsvorschriften nunmehr allein auf die geänderte Vereinbarung abstellen zu wollen und dabei zudem die Lohnherabsetzung getrennt von der Gewährung der Sonderzahlungen zu betrachten, obwohl darin unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein einheitlicher Vorgang vorliege. Denn der Arbeitnehmer verzichte ohne betriebsbedingte Gründe auf einen Teil seiner Rechte aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag nur deshalb, weil ihm im Gegenzug Zusatzleistungen in entsprechender Höhe zugesagt würden.

FG Münster entscheidet aber anders

Dieser Auffassung stimmt das FG Münster aber erfreulicherweise nicht zu (Urteil v. 28.6.2017, 6 K 2446/15 L). Es sei nicht einzusehen, warum ein solches Modell bei Anstellungsbeginn vereinbart werden durfte, später aber nicht. Des Weiteren gehe zwar auch die höchstrichterliche Rechtsprechung aufgrund der gesetzlichen Formulierung "ohnehin geschuldet davon aus, dass eine Entgelt- oder Barlohnumwandlung von der Steuerbegünstigung bzw. -freiheit ausgeschlossen ist (vgl. BFH v. 01.10.2009, VI R 41/07, Haufe Index 2284533). Hierunter fallen nach dem Verständnis des FG jedoch nur solche Fälle, in denen ein Teil des geschuldeten Arbeitslohns in pauschal besteuerbare Leistungen umgewandelt wird, auf die auch nach der Umwandlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht.

Ein verbindlicher Rechtsanspruch in diesem Sinne kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Arbeitgeber bei Wegfall der (persönlichen) Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich der Zusatzleistungen jedenfalls eine entsprechende Zahlung an den Arbeitnehmer zu erbringen hat (sog. Rückfallklauseln, vgl. hierzu auch OFD NRW v. 9.7.2015, Kurzinfo KSt 05/2015, Haufe Index 8615631). Dies ist hier aber nicht der Fall. Vielmehr ist anstelle von bisher regulär besteuertem Arbeitslohn, auf den der Arbeitnehmer einen rechtsverbindlichen Anspruch hatte, nunmehr regulär zu besteuernder herabgesetzter Arbeitslohn sowie zusätzliche freiwillige Leistungen vereinbart worden, ohne dass der Arbeitnehmer zum ursprünglichen Barlohn zurückkehren könnte. Eine solche Gestaltung ist nach Auffassung des FG nicht schädlich und steht der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 33 EStG nicht entgegen.

Revisionsverfahren anhängig

Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz war erfolgreich. Dies könnte dafür sprechen, dass der BFH die Auffassung des FG nicht teilt. Der BFH hat nun zu entscheiden, auf welchen Zeitpunkt sich das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" bei einer Änderung des Arbeitsvertrages (Gehaltsverzicht mit zeitgleich vereinbarten freiwilligen Zusatzleistungen) bezieht. Abweichend vom FG Rheinland-Pfalz hat das FG Münster die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde. Daher sollten vergleichbare Fälle offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat (Az. der Revision: VI R 21/17 und VI R 40/17).