Investitionsabzugsbetrag: Unterjährige Betriebsaufgabe

Muss der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG "rückabgewickelt" werden, wenn nach erfolgter Investition der Betrieb im Folgejahr veräußert oder aufgegeben wird, sodass das begünstigte Wirtschaftsgut nicht ein volles Kalenderjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wurde?

§ 7g Abs. 1 Satz 1 EStG ordnet an, dass das betreffende Wirtschaftsgut nach seiner Anschaffung oder Herstellung mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs genutzt werden muss. Wird nach der Anschaffung eines begünstigten Wirtschaftsguts dieses nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind nach § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG die Herabsetzung der Anschaffungskosten, die Verringerung der Bemessungsgrundlage und die Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 2 EStG rückgängig zu machen.

Auffassung der Finanzverwaltung: Unterjährige Betriebsaufgabe im Folgejahr ist schädlich

Eine im Sinne des § 7g Abs. 4 EStG schädliche Verwendung liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung insbesondere dann vor, wenn das betreffende Wirtschaftsgut vor dem Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres aus dem begünstigten Betrieb ausscheidet, dort nicht mehr zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wird oder der Betrieb veräußert oder aufgegeben wird (BMF, Schreiben v. 20.3.2017, IV C 6 - S 2139 - b/07/10002 - 02, Rz. 37 ff.).

Auffassung des Thüringer FG: Unterjährige Betriebsaufgabe im Folgejahr ist unschädlich

Eine unterjährige Betriebsaufgabe im Folgejahr der Anschaffung des Wirtschaftsguts führt dagegen nach Auffassung des Thüringer FG nicht zu einer Verletzung der Verbleibensfrist i.S.v. § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG (Thüringer FG, Urteil v. 10.4.2019, 4 K 442/17, EFG 2020 S. 1119). Soweit die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 20.3.2017, IV C 6 - S 2139 - b/07/10002 - 02, Rz. 37 ff) und auch die überwiegende Literatur die Auffassung vertreten, dass eine schädliche Verwendung auch dann vorliege, wenn der Betrieb vor Ende des vollen Kalenderjahres bzw. des vollen Wirtschaftsjahres nach § 8b Satz 1 EStDV aufgegeben oder veräußert wird, sei dem nicht zu folgen. Das (endende) Rumpfwirtschaftsjahr (§ 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV) ist danach für Zwecke des § 7g EStG ein vollgültiges Wirtschaftsjahr.

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH: X R 30/19). Streitfälle sollten offengehalten werden bis der BFH entschieden hat.

Schlagworte zum Thema:  Investitionsabzugsbetrag, Einkommensteuer