Coronavirus-Krise: Steuersatz bei Restaurantgutscheinen

Obwohl fast alle wirtschaftlichen Bereiche in Deutschland die Auswirkungen der coronabedingten Einschränkungen zu spüren bekommen, trifft es die Gastronomie besonders hart. Eine Möglichkeit, die Branche zu unterstützen, besteht im Kauf von Gutscheinen. Doch Vorsicht: Im Zusammenspiel mit der geplanten Steuersatzsenkung können sich hier umsatzsteuerrechtliche Probleme ergeben.

Gutscheine in der Umsatzsteuer

Seit dem 1.1.2019 gelten in Deutschland neue Regelungen für Gutscheine. Soweit aus einem Gutschein eine Leistung unmittelbar zu fordern ist, es sich also nicht nur um sog. Preisermäßigungs- oder Rabattgutscheine handelt, muss zwischen dem sog. Einzweckgutschein und dem Mehrzweckgutschein unterschieden werden. Diese beiden Formen von Gutscheinen führen zu fundamental unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Ergebnissen:

  1. Einzweckgutschein (§ 3 Abs. 14 UStG): Ein Einzweckgutschein liegt dann vor, wenn der Ort der Leistung (hier also z. B. Deutschland) schon bei Ausgabe des Gutscheins feststeht und sich aufgrund der Leistung die Höhe der Umsatzsteuer (7 % oder 19 %) eindeutig ermitteln lässt. Bei einem Einzweckgutschein entsteht die Umsatzsteuer schon bei Verkauf des Gutscheins und jeder weiteren Weiterveräußerung. Die tatsächliche Ausführung der Leistung ist dann keiner Umsatzsteuer mehr zu unterwerfen.
  2. Mehrzweckgutschein (§ 3 Abs. 15 UStG): Ein Mehrzweckgutschein liegt vor, wenn es sich um einen Gutschein handelt, der kein Einzweckgutschein ist. In diesem Fall ist der Verkauf dieses Gutscheins nur ein Tausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels und unter-liegt keiner Umsatzsteuer. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der Umsatzsteuer.

Wenn der Gutschein nicht eingelöst wird

Unterschiede ergeben sich in der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung auch in den Fällen, in denen ein Gutschein später nicht für eine Leistung eingelöst werden sollte: Da beim Einzweckgutschein schon bei Verkauf die Leistung endgültig der Umsatzsteuer unterliegt, bleibt es auch bei Nichteinlösung des Gutscheins bei der Umsatzsteuer. Bei einem Mehrzweckgutschein entsteht keine Umsatzsteuer, wenn es nicht zur Einlösung kommt.

Gutscheine für Inhouse-Leistungen und "to go"

Bei den Restaurantgutscheinen ergibt sich bisher folgende Unterscheidung: Wird ein Gutschein verkauft, der nur für Inhouse-Leistungen einsetzbar ist, handelt es sich um einen Einzweckgutschein. Inhouse-Leistungen stellen bisher sonstige Leistungen dar, für die der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. der Anlage 2 zum UStG ("Lebensmittel") nicht zur Anwendung kommt. Damit unterliegen bisher die Inhouse-Leistungen dem Regelsteuersatz. Wird aber ein Gutschein verkauft, der sowohl für regelbesteuerte (19 %) Inhouse-Leistungen als auch für ermäßigt besteuerte (7 %) Außerhausverkäufe ("Essen to go") eingesetzt werden kann, handelt es sich um einen Mehrzweckgutschein, da der zutreffende Steuersatz bei Verkauf des Gutscheins noch nicht feststeht.

Wichtig: Die Frage, ob es sich um einen Einzweck- oder einen Mehrzweckgutschein handelt, muss schon bei Verkauf des Gutscheins geklärt sein, damit eine zutreffende Ermittlung der anzumeldenden Umsatzsteuer erfolgen kann.

Geplante gesetzliche Änderungen

Um die virusbedingten Ausfälle in der Gastronomie abzumildern, ist beschlossen worden, temporär den Umsatzsteuersatz für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen auf 7 % abzusenken.

Hinweis: Die Ermäßigung für diese Umsatze soll nach einem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise ("Corona-Steuerhilfegesetz"; Stand Regierungsentwurf vom 6.5.2020) durch einen neuen § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG umgesetzt werden.

Ausgenommen von der Steuersatzabsenkung ist aber die Abgabe von Getränken, soweit diese nicht sowieso – wie z. B. Milch oder Milchmischgetränke – dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Auswirkungen auf Gutscheine

Wenn davon ausgegangen wird, dass diese Sondermaßnahme nicht weiter verlängert wird, sind Restaurantgutscheine, die verkauft und in der Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 eingelöst werden können, grundsätzlich keine Einzweckgutscheine mehr, da nicht schon bei Verkauf feststeht, ob die Leistung dem Regelsteuersatz unterliegt oder nicht.

Hinweis: Anders wäre es aber weiterhin bei dem Verkauf von Gutscheinen, die nur in einer reinen Getränkebar (ohne Essensangebot) eingelöst werden können. Hier würde es sich auch weiterhin um einen Einzweckgutschein handeln, der schon bei Verkauf mit 19 % Umsatzsteuer erfasst werden muss.

Vorteil von Mehrzweckgutscheinen

Seit Beginn der coronabedingten Einschränkungen haben verschiedene Initiativen dazu aufgerufen, die lokale Gastronomie durch den Kauf von Gutscheinen zu unterstützen. Soweit jetzt solche Gutscheine verkauft werden, sollten diese eindeutig als Mehrzweckgutschein gekennzeichnet werden und – auch zur langfristigen Sicherheit – sowohl für Inhouse-Leistungen als auch für „to go“-Umsätze eingesetzt werden können. In diesen Fällen würde die zutreffende Umsatzsteuer erst bei Einlösung der Gutscheine entstehen.

Wichtig: Soweit Gutscheine auch schon im Mai 2020 verkauft werden, die sowohl für Speisen als auch für Getränke eingesetzt werden können, sind diese Gutscheine als Mehrzweckgutscheine zu erfassen, da beim Verkauf nicht feststeht, wann diese Leistungen mit welchen umsatzsteuerrechtlichen Folgen ausgeführt werden.

Was passiert mit bereits verkauften Einzweckgutscheinen?

Fraglich ist die Behandlung von schon früher verkauften Gutscheinen, die nach den Bedingungen nur für Inhouseleistungen eingesetzt werden können und die – damals zutreffend - beim Verkauf als Einzweckgutschein mit 19 % zur Umsatzsteuer herangezogen wurden. Wenn diese Gutscheine dann in der Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 (auch) für Speisen eingesetzt werden, würden diese Leistungen eigentlich nur dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Ob in diesem Fall der damals mit 19 % besteuerte Umsatz aus dem Verkauf des Gutscheins rückgängig gemacht werden kann, um dann nur den zutreffenden Steuersatz zu schulden oder ob keine Rückgängigmachung möglich ist, ist derzeit ungeklärt.

BMF-Schreiben zu Gutscheinen steht noch aus

Die Finanzverwaltung hat es leider bis heute nicht geschafft, zu den seit dem 1.1.2019 geltenden Regelungen für die "neuen Gutscheine" eine aussagefähige Verwaltungsmeinung zu veröffentlichen. Allerdings hätte sich auch nach dem bisher vorliegenden Entwurf für ein BMF-Schreiben vom Dezember 2019 keine Lösung für das zuvor dargestellte Problem ergeben. Hier sollte von der Finanzverwaltung zeitnah eine belastbare Aussage veröffentlicht werden, die es den Gastronomen in dieser Ausnahmesituation ermöglicht, auch bisher schon mit 19 % besteuerte Gutscheine an die bei Einlösung tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.

Fazit

Die zutreffende Erfassung der Gutscheine hat die Praxis schon seit 2019 vor erhebliche Probleme gestellt. Im Zusammenhang mit den virusbedingten Erleichterungen müssen die Gastronomiebetriebe insbesondere auf eine zutreffende Kennzeichnung bzw. Angabe der Art der zu erbringenden Leistungen achten, um Nachteile zu vermeiden.

Ein besonderes "Schmankerl" hat sich der Gesetzgeber bei der Ermäßigung des Steuersatzes für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (unbewusst?) für Gourmets einfallen lassen (soweit der Gesetzentwurf in der Fassung vom 6.5.2020 so verabschiedet werden sollte): Die Liebhaber von Langusten, Hummer, Austern oder Schnecken müssen, wenn sie diese selbst zu Hause zubereiten sollten, beim Fachhändler den Regelsteuersatz  bezahlen (da diese ausdrücklich von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach Nr. 3 zur Anlage 2 zum UStG ausgenommen sind). Nach dem derzeitigen Gesetzentwurf würde aber das Hummergericht im Restaurant dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.


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