Vertretung des Beirats in Prozessen gegen Geschäftsführer

Die Prozessführung gegen einen aktuellen oder ausgeschiedenen Geschäftsführer obliegt nach § 46 Nr. 8 GmbHG der Gesellschafterversammlung. Ist ein Beirat zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern zuständig, umfasst dies zwar nicht ohne weiteres auch die Befugnis zur Prozessführung. Diese kann jedoch gesondert auf den Beirat übertragen werden, wodurch die Gesellschafterversammlung nicht mehr zur Prozessführung befugt ist.

Hintergrund

Die Beteiligten stritten über die Vergütung des (abberufenen und gekündigten) Geschäftsführers. Der Gesellschaftsvertrag der beklagten Gesellschaft sah vor, dass „der dreiköpfige Beirat mit der die Kompetenz der Gesellschafterversammlung verdrängenden Zuständigkeit in sämtlichen Angelegenheiten [entscheidet], die nach der gesetzlichen Vorschrift des § 46 GmbHG zum Aufgabenkreis der Gesellschafter gehören und deren Übertragung auf einen Beirat zulässig ist“. Der Beirat berief den Geschäftsführer ab und kündigte seinen Anstellungsvertrag. Der Vorsitzende des Beirats wurde überdies von den Beiräten bevollmächtigt, „sämtliche Rechtsgeschäfte und Erklärungen im Zusammenhang mit der Abberufung des Klägers und der Kündigung seines Anstellungsverhältnisses im Namen der Gesellschaft“ vorzunehmen / abzugeben. Nicht nur der Beirat, sondern auch die Gesellschafterversammlung bestellte dann einen Prozessbevollmächtigten, die sich mit verschiedenen Begründungen gegen die Klage wehrten. Der durch den Beirat bestellte Prozessbevollmächtigte erkannte die (im Urkundenverfahren geführte) Klage sogar an.

Der Kläger meinte, die Bestellung des Prozessbevollmächtigten durch die Gesellschafterversammlung sei wegen der Zuständigkeitsverlagerung auf den Beirat unwirksam und dessen Erklärungen im Prozess nicht wirksam.

BGH, Beschluss v. 2.2.2016, II ZB 2/15

Der BGH schloss sich den Vorinstanzen an. Dem Beirat könne die Prozessführung nach § 46 Nr. 8 GmbHG übertragen werden. Vorliegend habe der Beirat einen Prozessbevollmächtigten bestellt und deutlich gemacht, dass er sein Recht auf Prozessführung ausübe. Da nach dem klaren Wortlaut der Satzung die Zuständigkeiten des Beirats diejenigen der Gesellschafterversammlung verdrängten, stehe der Gesellschafterversammlung kein eigenes Recht auf Prozessführung zu.

Hinweis

Der Beschluss des BGH ist keine Überraschung. Zwar ist das Verhältnis zwischen Beirat und Gesellschafterversammlung oft nicht klar geregelt und kann Anlass zu Streitigkeiten geben. Das war vorliegend aber nicht der Fall – die vorliegende Regelung war klar formuliert und die Übertragung der Befugnisse auf den Beirat nach ständiger Rechtsprechung möglich.

Praxistipp

  1. Der Beschluss zeigt eindrücklich, dass die Gesellschafter sich eine Übertragung ihrer Befugnisse auf den Beirat gut überlegen sollten. Eine verdrängende Kompetenz des Beirats bietet zwar durch die Einbindung eines weiteren Organs Chancen für die Unternehmensführung. Allerdings begeben sich die Gesellschafter hierdurch ihres Einflusses. Der Beirat kann bspw. zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern ermächtigt werden, auch zum Abschluss (und der Beendigung) des Anstellungsvertrags. Allein dies reicht in der Regel nicht für eine Verlagerung auch der Prozessführungsbefugnis aus – der Klarheit halber sollte dies aber ausdrücklich festgehalten werden.
  2. Alternativ hierzu ist es möglich, dass die Gesellschafterversammlung (etwa mit qualifizierter Mehrheit) Beschlüsse des Beirats überstimmen kann. Das ist aus Sicht der Gesellschafter vorteilhaft – ansonsten müssten Sie erst den Beirat abschaffen, um dessen Kompetenzen wieder an sich zu ziehen. Das ist aber so aufwendig, dass der Beirats bereits vollendete Tatsachen schaffen kann.

Über diese Chancen und Risiken sollten Gesellschafter sich gründlich Gedanken machen, bevor sie einen Beirat bestellen.

Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Dr. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg