Steuern durch Rangrücktrittsvereinbarung?
Hintergrund
Der klagenden GmbH wurden durch ihre Gesellschafterin Darlehen gewährt, für die die Gesellschafterin zur Vermeidung der Überschuldung einen Rangrücktritt erklärte. Die Rangrücktrittsvereinbarung sah vor, dass die Gesellschafterin nur dann zur Befriedigung berechtigt sein sollte, wenn diese aus künftigen Jahresüberschüsse oder einem Liquidationsüberschuss möglich war.
Nach einer Außenprüfung war das Finanzamt der Auffassung, in der Steuerbilanz sei die mit dem Rangrücktritt versehene Verbindlichkeit ertragswirksam auszubuchen, gemäß § 5 Abs. 2 a EStG sei eine Passivierung nicht möglich. Gegen diese Auffassung wendet sich die Klägerin.
Das Urteil des BFH vom 30.11.2011, Az. I R 100/10
Die Auffassung der Klägerin wurde vom BFH zurückgewiesen. Bereits dem Wortlaut des § 5 Abs. 2a EStG folgend könne es auf die Rückzahlung durch künftige Gewinne nicht ankommen. Soweit eine Rückzahlung aus einem Liquidationserlös möglich sein sollte, fehle es mangels absehbarer Liquidation der Gesellschaft an einer derzeitigen wirtschaftlichen Belastung. Dem Grundgedanken des § 5 Abs. 2a EStG folgend sei die Verbindlichkeit daher steuerlich auszubuchen und führe der gesetzlichen Regelung entsprechend zu einem Ertrag.
Anmerkung
Das Urteil des BFH verdeutlicht, wie in der Krise Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht zusammenspielen müssen. Neben Patronatserklärungen ist der Rangrücktritt ein verbreitetes Mittel zur Abwendung der Insolvenzantragspflicht. Zwar reicht es zur Vermeidung der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nach dem Insolvenzrecht aus, dass der Rücktritt der jeweiligen Darlehensforderung im Rang hinter die in § 39 Abs. 1 InsO genannten Ansprüche vereinbart wird, was im Zweifel mit § 39 Abs. 2 InsO der Fall ist.
Zur Vermeidung eines steuerlichen Ertrages gelten aber weitergehende Anforderungen. Um die ertragswirksame Ausbuchung der mit dem Rangrücktritt versehenen Verbindlichkeit nach § 5 Abs. 2a EStG zu vermeiden, muss das Darlehen neben künftigen Gewinn auch aus freiem Vermögen getilgt werden können. Diese Tilgung auch aus freiem Vermögen ist jedoch nicht explizit zu vereinbaren, sofern gar keine Besserungsabrede vereinbart wird. Die Finanzverwaltung nimmt für solche Fälle an, dass das Darlehen erst nach Beendigung der Krise aus freiem Vermögen möglich ist. Sofern aber eine Besserungsabrede getroffen wird, wonach eine Tilgung aus künftigen Gewinnen möglich sein soll, ist auf eine Rückzahlungsmöglichkeit auch aus sonstigem freiem Vermögen zu achten, um nicht in die Falle des § 5 Abs. 2a EStG zu tappen.
Auf Seiten des Darlehensgebers ist zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung eines Rangrücktritts die Anschaffungskosten der Beteiligung nach § 17 EStG nachträglich erhöhen kann.
Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel und Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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