
Die Europäische Fluggastrechteverordnung sieht für Fluggäste im Falle von Flugannullierungen und bei bestimmten Verspätungen von mehr als 3 Stunden Ausgleichszahlungen vor. Strittig waren Fälle, in denen der gebuchte Flug nur eine geringfügige Verspätung aufweist, aber Anschlussflüge verpasst werden.
Die Kläger hatten bei der Fluggesellschaft Iberia S. A. eine Flugreise von Berlin-Tegel über Madrid nach San José auf Costa Rica gebucht. Der Start des Fluges in Berlin erfolgte mit einer Verspätung von eineinhalb Stunden. Hierdurch wurde in Madrid der Anschlussflug nicht erreicht.
Draußen bleiben - Einsteigevorgang bereits beendet
Am Madrider Flughafen wurde den Klägern die Weiterbeförderung mit dem gebuchten Anschlussflug mit der Begründung verweigert, dass der Einsteigevorgang bereits beendet sei. Hierdurch erfolgte die Beförderung nach Costa Rica erst am folgenden Tag. Gestützt auf die FluggastrechteVO forderten die Kläger von der beklagten Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 600 EUR.
Iberia hat die Beförderungsverweigerung nicht zu vertreten
Nach Auffassung der Vorinstanzen hatte die beklagte Fluggesellschaft die Verweigerung der Beförderung in Madrid nicht zu vertreten, weil nach Abschluss des „Boarding“ dem Fluggast ein Recht auf Mitnahme bei diesem Flug nicht mehr zustehe. Eine solche verschuldensunabhängige Haftung der Fluggesellschaft wegen Beförderungsverweigerung lehnte auch der BGH im Ergebnis ab.
Haftung wegen großer Verspätung
Der BGH rügte die Vorinstanzen allerdings insoweit, als diese die alternativ in Betracht kommenden Vorschriften der FluggastrechteVO zur Entschädigung bei Flugannullierungen und großen Verspätungen nicht in Betracht gezogen hatten. Art. 7 der VO EG Nr. 261/2004 sieht nämlich einen Ausgleichsanspruch des Fluggastes dann vor, wenn dieser das gebuchte Endziel infolge einer Flugannullierung erst 3 Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit oder noch später erreicht.
Entscheidend ist allein die Verspätung am Endziel
In seiner Entscheidung verwies der BGH auf entsprechende Entscheidungen des EuGH, in denen dieser den Anspruch auf Ausgleichszahlung ausschließlich von der Verspätung am angepeilten Endziel abhängig gemacht hat (EuGH, Urteil v. 19.11.09 C-402/07/Condor u. C – 432/07/Air-France). In diesen Entscheidungen hatte der EuGH ausdrücklich bestimmt, dass bei einer Verspätung am Endziel von mehr als 3 Stunden die hiervon betroffenen Fluggäste den Fluggästen annullierter Flüge gleichzustellen sind. Wenn die Verspätung am Endziel kausal darauf beruhe, dass der Abflug verspätet war und hierdurch ein Anschlussflug nicht erreicht werden konnte, so sei die Fluggesellschaft, die die Verspätung ursächlich herbeigeführt hat, zur Ausgleichszahlung verpflichtet.
Tragweite der Entscheidung noch nicht eindeutig geklärt
Aus Sicht des BGH besteht dieser Anspruch selbst dann, wenn der Anschlussflug nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Auch insoweit schloss sich der BGH der Rechtsprechung des EuGH an und wies die Auffassung der Revision, die eine Kompetenzüberschreitung durch den EuGH rügte, klar zurück. Allerdings hatte der gleiche Senat in einem ähnlichen Fall, in dem der Anschlussflug nicht - wie hier – innerhalb, sondern außerhalb der EU startete, die Anwendbarkeit der FluggastrechteVO abgelehnt (BGH, Urteil v.13.11.2012, X ZR 12/12 u. 14/12). Ob der BGH diese Rechtsprechung nun aufgegeben hat, ist nach dem Text der bisher vorliegenden BGH-Pressemitteilung noch unklar.
(BGH, Urteil v. 07.05.2013, X ZR 127/11).
Schlagworte zum Thema: Flugplan, Flugrecht, Flugverspätungen
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